Der Kölner Stadtrat will Mieter stärken und Wohnungslosen einen leichteren Zugang zum Markt ermöglichen.
Nach App der LinkenStadt Köln soll Meldeplattform gegen Mietwucher schaffen

Der Mietmarkt in Köln ist angespannt: 32,5 Prozent des Einkommens gaben Kölner 2023 im Schnitt für Miete aus (Symbolfoto).
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Die Stadt Köln soll stärker gegen Mietwucher vorgehen. Das hat der Rat am Donnerstag auf Initiative der Linken beschlossen, die allerdings ein weitreichenderes Vorgehen der Verwaltung gefordert hatten. Das Mehrheitsbündnis von Grünen, CDU und Volt beschloss daraufhin, die Stadt soll in einem Pilotprojekt zunächst für ein Jahr ein Monitoring der Wohnungsinserate in Köln einführen. Auch soll sie auf ihrer Internetseite besser über zu hohe Angebotsmieten aufklären und einen digitalen Mietspiegelrechner und ein Meldeformular entwickeln.
Solch einen Rechner betreibt die Linke schon auf ihrer Webseite und per App. Am 30. Juni hatte die Partei ihn auch für das Kölner Stadtgebiet freigeschaltet. Er soll Mietenden einen Anhaltspunkt geben, ob sie womöglich zu viel für ihre Wohnung zahlen. Eine Mietpreisüberhöhung kann die Stadtverwaltung als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro ahnden. „Diese Möglichkeit wird aber zu selten genutzt“, schreibt die Linksfraktion in ihrem Antrag. Einen Grund darin sieht sie in der Personalsituation im Wohnungsamt. „Köln könnte aktiver gegen Mietpreisüberhöhungen vorgehen“, sagte Heiner Kockerbeck, Co-Vorsitzender der Linksfraktion. „Einige Vermieterinnen und Vermieter nutzen die Lage am Wohnungsmarkt vielfach schamlos aus, sie fordern stark überhöhte Mieten und verstärken damit die Wohnungskrise.“
Stadt soll Gesetzesänderung auf Bundesebene stärker einfordern
Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilt, sind die Verfahren aufwendig. Zum Beispiel muss die betreffende Wohnung besichtigt und ausgemessen werden. Aktuell verfolgt die Stadt Köln 22 Verfahren wegen des Verdachts auf eine Mietpreisüberhöhung. Sie spricht im Gegensatz zu Mietpreisüberhöhung nur von Mietwucher, wenn auch eine Straftat begangen wird, also die Miete in „auffälligem Missverhältnis zur Leistung“ steht oder eine Zwangssituation der Mietenden ausgenutzt wird.
Damit die Stadt ahnden kann, müssen zwei Tatbestände vorliegen, die schwierig zu beweisen sind: die Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen und eine um 20 Prozent höhere Miete als üblich. Dass es ein geringes Angebot an Wohnungen in Köln gibt, ist unstrittig, aber die Ausnutzung davon, ist nicht leicht nachzuweisen.
Der Bundesrat arbeitet derzeit an einer Gesetzesänderung, die die Ausnutzung aus dem Paragrafen streichen soll, das Vorliegen eines geringen Angebots soll künftig ausreichen. Die Verwaltung antwortete voriges Jahr auf eine Frage der Linken, sie begrüße die Gesetzesinitiative und sehe in ihr den Versuch, Mieterrechte zu stärken. Donnerstag hat der Rat sie darin bestärkt, auf Bundesebene mehr einzufordern. Floris Rudolph, sozialpolitischer Sprecher der Grünen im Kölner Rat, sagt: „Die Kosten für Wohnen sind eines der drängendsten Probleme der Stadt.“
Die Verwaltung soll den Bürgerinnen und Bürgern nun erleichtern, Fälle zu melden, über ein Formular auf der Internetseite – wie die App der Linken. Dort soll sie auch besser über Rechte informieren. 50.000 Euro aus dem städtischen Haushalt soll die Verwaltung für das Vorgehen gegen überhöhte Mieten verwenden.
Stadt Köln richtet neue soziale Wohnungsagentur ein
Die Stadt Köln hilft ab 1. August zudem wohnungslosen Menschen intensiver, ein neues Zuhause zu finden. Der Rat stimmte am Donnerstag für den Plan der Stadtverwaltung, eine soziale Wohnraumagentur aufzubauen. In einem Monat nimmt sie ihren Betrieb in Trägerschaft der Diakonie Michaelshoven auf. Die Agentur vermittelt vor allem Menschen in Einfachhotels und Notunterkünften Wohnungen, soll aber auch als Generalmieter auftreten und Wohnraum selbst weitervermieten.
In Köln bleiben Menschen oft lange in städtischen Unterbringungsangeboten, ohne einen Zugang zu neuem Wohnraum zu erhalten. Laut Konzept der Agentur sind derzeit 1.780 Menschen in 61 Einfachhotels untergebracht. Sie bleiben dort durchschnittlich rund 24 Monate, in Einzelfällen sogar bis zu 14 Jahren. Die Agentur soll den Schnitt auf neun Monate senken. Ein Platz am Tag koste die Stadt 50 Euro, das sind 32,5 Millionen Euro im Jahr – „Geld, das anteilig in der Reintegration wohnungsloser Menschen in die Normalwohnraumversorgung bedarfsgerechter eingesetzt werden kann“, heißt es im Konzept. Das soll die Agentur nun übernehmen. Auch, indem sie private Vermieter unterstützt, die bislang im Falle von Problemen nach einer Vermietung fürchten, auf entstandenen Kosten sitzen zu bleiben. Die Wohnraumagentur übernimmt soziale und wirtschaftliche Garantien für sie.
Die Stadt stellt dafür rund 354.000 Euro im Haushaltsjahr 2025 und 850.000 Euro im Jahr 2026 bereit und rechnet mit einer langfristigen Kosteneinsparung durch die Agentur von 18 Millionen Euro jährlich.