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Sozialer Wohnungsbau und Sotheby'sAuf dem Kulturpfad Rodenkirchen liegen extreme Orte

6 min
Zwei Häuser mit schönen Fassaden haben Geschäfte im Erdgeschoss, Fahrräder sind davor auf dem Bürgersteig abgestellt.

Die Stadthäuser in der Goltsteinstraße 75 und 77 sind Zeugnisse ihrer Entwicklung zur Haupt- und Geschäftsstraße. 

Die Tour 1 des Kulturpfads Rodenkirchen führt durch Bayenthal und Raderberg. Elf Stationen auf 2,5 Kilometern bieten Einblicke in die Kölner Geschichte.

Palais Oppenheim

Eine prächtige alte Villa mit Säulen vor der mächtigen Tür ist zu sehen.

Am Gustav-Heinemann-Ufer steht das Palais Oppenheim, das heute die Kölner Filiale des Auktionshauses Sotheby's beherbergt.

Die Tour startet am „Palais Oppenheim“ am Gustav-Heinemann-Ufer 144. Errichtet wurde das prächtige Gebäude 1908 im Auftrag des Kölner Bankiers Emil von Oppenheim. Für den Bau engagierte dieser den Pariser Architekten Charles Mewès und seinen deutschen Kollegen Alfons Bischoff. Das zweieinhalbgeschossige Gebäude mit mehreren Festsälen ist im Stil des französischen Barock-Klassizimus errichtet, als Vorbild diente unter anderem das Pariser Lustschloss Bagatelle im Bois de Boulogne. 1944 nutzte die NSDAP den Prachtbau als Kreishaus, in der Nachkriegszeit fanden sich verschiedene Nutzer ein, unter anderem die Rheinische Musikschule. Seit 2021 befindet sich in der Bel Etage das Auktionshaus Sotheby's. Das Palais ist eines der letzten Zeugnisse der großbürgerlichen Bebauung am Rheinufer in Bayenthal.

Alteburger Straße

An einer Altbau-gesäumten Straße parken zahlreiche Autos.

Die Alteburger Straße ist Teil der Tour 1 des Kulturpfads Rodenkirchen.

Vom Rhein geht es über den Bayenthalgürtel rechts in die Alteburger Straße, die zweite Station. Der Name der Straße, die zwischen Severinswall und Bayenthalgürtel verläuft, verweist auf die Alteburg, ein römisches Kartell in Marienburg. Aufgrund dieses Kartells, in dem die Rheinflotte einquartiert war, waren die Alteburger Straße und Umgebung bereits zu Zeiten der Römer besiedelt. In der Straße befinden sich zwanzig Denkmäler, größtenteils denkmalgeschützte Wohn- und Bürohäuser.

Privatbrauerei Küppers

Stadteinwärts auf der Alteburger Straße findet sich auf Höhe der Hausnummer 145-155 die dritte Station, von der heute allerdings nichts mehr zu sehen ist. Hier befand sich lange Jahre die Küppers Brauerei. Sie wurde 1964/65 von der Wicküler-Küppers-Brauerei gegründet. Das 1962 eingeführte „Küppers Kölsch“ wurde auf Anhieb Marktführer, ab Mitte der neunziger Jahre ging es mit der Marke jedoch stark bergab. Das Gebäude der ehemalige Küppers Brauerei wurde 2006 abgerissen. Die Marke Küppers Kölsch „lebt“ aber noch heute und wird von der Radeberger Gruppe in Köln-Mülheim gebraut.

Stadthäuser Goltsteinstraße

Richtung Süden geht es über die Goltsteinsteinstraße zur vierten Station. den „Stadthäusern“ in der Goltsteinstraße 75 und 77. Sie wurden 1907 erbaut und sind Zeugnisse der Entwicklung der Goltsteinstraße zur Haupt- und Geschäftsstraße, nachdem 1904 hier die die Straßenbahn angelegt wurde. Das Haus Nummer 75 präsentiert sich mit einer verspielt-fantasievollen Fassade. Im Fries des Schaufensterrahmens ist ein Kindernest mit einem Storch dargestellt – ein Hinweis auf die einstige Besitzerin, eine Hebamme.

St. Matthias in Bayenthal

Blick auf eine Kirche

Die Matthiaskirche in Bayenthal wurde von 1902 bis 1904 im neugotischen Stil erbaut.

Richtung Westen gelangt man über die Tacitusstraße zur nächsten Station, der Kirche St. Matthias am Matthiaskirchplatz. Sie wurde 1902 bis 1904 im neugotischen Stil erbaut. Im Zweiten Weltkrieg wurde St. Matthias mehrfach schwer beschädigt. Von 1951 bis 1953 wurde sie vom damaligen Star-Architekten Dominikus Böhm und seinem Sohn Gottfried in einem deutlich kühleren Stil wiederaufgebaut. Der Matthiaskirchplatz wurde nach einem Konzept des Gartenbaudirektors Fritz Encke angelegt.

Das St. Josefs-Haus

Ein Haus mit Backstein-Fassade hat mehrere Geschosse, an der Fassade sind zwei Statuen.

Das Josefshaus in der Bernhardstraße 97 diente von 1905 bis 1984 als Zufluchtshaus für alleinstehende Mütter.

Wenige Schritte von St. Matthias liegt in der Bernhardstraße 97 die sechste Station, das St. Josefs-Haus. Es wurde 1896 im neugotischen Stil erbaut und zunächst als Hospital von den Schwestern der Genossenschaft der armen Dienstmägde Jesu Christi genutzt. Von 1905 bis 1984 diente das Gebäude mit einer Backsteinmauer als Zufluchtshaus für alleinstehende Mütter unter der Leitung der Genossenschaft der Cellitinnen. Das St. Josefs-Haus bietet Einblicke in die Sozialgeschichte des Viertels. Nach 1984 wurde es zu einer Wohnanlage umgebaut.

St. Antonius-Krankenhaus

Vor einem großen Backsteingebäude  mit stattlichem Säulen-Portal parken Autos auf dem Bürgersteig.

Das Antonius-Krankenhaus in der Schillerstraße wurde 1906 erbaut und wurde als einziges größeres Gebäude im Kölner Süden im Zweiten Weltkrieg nur wenig beschädigt.

Bis zur siebten Station, dem St. Antonius-Krankenhaus in der Schillerstraße 23, sind es nur wenige Schritte. Am 23. Juni 1909 ging es mit 150 Krankenhausbetten in Betrieb. Es war für die damaligen Verhältnisse hervorragend mit modernen Einrichtungen hygienischer und technischer Art ausgestattet. Geführt wurde das Haus von der katholischen Ordensgemeinschaft der Cellitinnen. Zunächst entwickelte es sich vorwiegend zu einem Unfallkrankenhaus, im Ersten Weltkrieg wurde ein Teil des Krankenhauses als Lazarett genutzt. Im Zweiten Weltkrieg wurde es als einziges größeres Gebäude im Kölner Süden nur wenig beschädigt und konnte seinen Betrieb aufrechterhalten. Die Trägerschaft ging 2000 in die Stiftung der Cellitinnen, die Nachfolgeorganisation der vorherigen Ordensgemeinschaft, über. Heute verfügt es über 214 Patientenbetten und ist nach wie vor das einzige Krankenhaus im Stadtbezirk Rodenkirchen.

Arbeiterkolonie Wilhelmsruhe

Vor zweigeschossigen Reihenhäusern stehen Bänke und Fahrräder.

Die Arbeiterkolonie Wilhelmsruhe in Raderberg wurde ab 1888 erbaut und war ein positives Beispiel für den sozialen Wohnungsbau.

 Zwischen Bonner Straße und Rheinsteinstraße liegt die achte Station, die „Arbeiterkolonie Wilhelmsruhe“. Die kleine Siedlung wurde ab 1888 mit Mitteln der Familie vom Rath gebaut, Gerhard Rath war Mitinhaber mehrerer Zuckerfabriken. Ende des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl der Kölner Bürger erheblich, der Wohnraum war knapp. Das brachte Unternehmer dazu, Wohnungen für ihre Arbeiter zu schaffen. „Wilhelmsruhe“ war ein positives Beispiel für den sozialen Wohnungsbau. In den schmucken Gebäuderiegeln aus rötlichem und gelbem Backstein fanden sich Vierzimmerwohnungen mit Nutzgärten und Stallungen zur Selbstversorgung. Als 1912 die letzte Zuckerfabrik geschlossen wurde, übernahm die Stadt die Häuser. Heute stehen noch vier Zeilen der ehemaligen Arbeiterkolonie, die Stadt ließ sie in den 1980er Jahren komplett sanieren. Der Name erinnert an Kaiser Wilhelm I.

St. Maria Empfängnis

Vor einer Kirche steht eine Laterne, daneben ein Haus ebenso aus rötlichem Backstein gebaut.

Die Kirche St. Maria-Empfängnis an der Brühler Straße wurde von 1906 bis 1908 im neugotischen Stil errichtet.

Von hier führt der Kulturpfad über die Stahleckstraße Richtung Brühler Straße. An der Hausnummer 124 findet man die neunte Station, die Kirche St. Maria Empfängnis. Erbaut wurde sie 1906 bis 1908 im neugotischen Stil als Backstein-Hallenkirche. Der Turm wurde 1927 bis 1929 im expressionistischen Stil errichtet. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche beschädigt und in drei Phasen – 1951, 1961 und 1980/81- wiederaufgebaut. 

Benediktinerinnenkloster

Ein großes Gebäude aus Backstein ist zu sehen, es ist ein Kloster.

Das Kloster der Benediktinerinnen an der Brühler Straße, erbaut 1894/95, liegt in einem großen, umfriedeten Gelände und ist charakteristisch für den Klosterbau des rheinischen Historismus.

In der Brühler Straße 74-78 liegt das Herz-Jesu-Kloster der Benediktinerinnen, die zehnte Station des Kulturpfades. Kloster und Kapelle wurden 1894/95 in neugotischen Formen als Backsteinbauten erbaut. Das Kloster mit seinen vier Flügeln liegt in einem umfriedeten, großen Garten. Finanziert haben es die Benediktinerinnen mit eigenem Vermögen der damaligen Schwersten. Das Schmuckfeld des Hauptportals zeigt die „Anbetung des Lammes“, eine Szene aus der Offenbarung des Johannes. In der Kapelle steht ein Flügelaltar aus dem 16. Jahrhundert. Besonders wertvoll sind die Böden und die Gewölbe im Kreuzgang und in den Treppenaufgängen. Die Gesamtanlage ist charakteristisch für den Klosterbaus des rheinischen Historismus.

Großmarkthalle

Blick in eine große Markthalle

Die Großmarkthalle in Raderberg

Von der Brühler Straße stadteinwärts führt der Kulturpfad links abbiegend über „Am Husholz“ und rechts in die Raderberger Straße bis zur Markstraße. An der Marktstraße 10 endet die Tour 1 an der Großmarkthalle. Errichtet wurde die Halle von 1936 bis 1940 auf dem Gelände eines mittelalterlichen jüdischen Friedhofs. Im November 1940 zog der Großmarkt, der zuvor am Heumarkt ansässig war, hier ein. Die Großmarkthalle mit den Shedbauten (Bauten mit Sägezahndächern) an der Nordseite ist ein Beispiel für das Weiterleben des Stils des „Neuen Bauens“ im „Dritten Reich“. Das Gewölbehaus mit seiner Spannweite von 57 Metern, Länge von 132 Metern und Scheitelhöhe von 22 Metern beeindruckte damals als Bauwerk von besonderer Größe.