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Von der Managerin zur „Lampentante“Fünf Kölnerinnen haben sich mit über 50 beruflich neu orientiert

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Fünf Frauen sitzen in einem Garten nebeneinander an einem Holztisch und lächeln in die Kamera.

Diese fünf Frauen über 50 Jahre aus dem Kölner Süden haben einen beruflichen Neuanfang gewagt.

Sie waren einmal Managerinnen, Selbständige, Angestellte oder Immobilienmaklerinnen. Dann haben sie in den Wechseljahren im Job noch einmal neu angefangen.

„Wir haben alles über Bord geschmissen und haben gesagt, wir probieren das jetzt“, sagt Gertrud Kemper. Die 59-Jährige hat in pädagogischer Psychologie promoviert, jahrelang Unternehmen beraten und ihr kreatives Talent unterdrückt. „Eigentlich hat mich das nicht interessiert, was ich in Unternehmen verbessert habe“, sagt sie rückblickend. Heute hat Kemper mit ihrer Geschäftspartnerin Susanne Schnorr das Label Lampiluu gegründet. Neben Lampenschirmen bastelt sie Schmunzelkisten. Gemeinsam mit Schnorr gibt sie auch Workshops im Teambuilding, Transformation und Menschlichkeit im Wandel.

Schnorr, gelernte Hotelfachfrau, hat Informatik studiert, war Europamanagerin für ein Börsen notiertes, amerikanisches Unternehmen mit eigenem Firmenwagen und einem sehr guten Gehalt. Eigentlich hatte sie nie geplant, Karriere zu machen. „Gefühlt auf dem Höhepunkt, war ich der unglücklichste Mensch, den ich je getroffen habe“, sagt sie rückblickend und dass sie erst mit der Arbeit an den Lampenschirmen gelernt habe, was ein Flowzustand ist „Ich wollte nicht mehr für andere arbeiten. Zu sehen, wie etwas entsteht, das macht glücklich.“

Zwischen Existenzangst und Visionboard

Am Tisch geben alle offen zu, dass der Wechsel natürlich auch mit Existenzängsten einhergeht. „Die ersten 50 Jahre ging es darum, etwas zu machen, was anerkannt ist“, meint Kemper. Myriam Lang hat diese Angst zunächst aufgehalten. Gelernt hat sie von ihrem eigenen Visionboard. Ganz oben steht Vertrauen und Loslassen. Lang: „Das klingt so easy, ich habe richtig mit mir gekämpft, mit diesem Glaubenssatz: Du bist nicht gut genug.“

Heute geht sie erfolgreich mit einem Büro in Bayenthal ihrer Herzensangelegenheit nach, gründete „Zukunft-Kick“, um jungen Erwachsenen zu helfen. Die 56-Jährige war jahrelang in der Immobilienbranche tätig, eine Arbeit, die sie nie erfüllte. „Da geht es nur um Materielles, jetzt steht das Menschliche im Vordergrund“, sagt sie und nutzt ihr Talent, bei jungen Menschen Bedürfnisse zu entdecken, die Schulabgänger vielleicht nicht entdecken können.

Hinter „CK“ stehen Claudia Mieß und Kirsten Steinmels, die mit Cologne Knits ein Kölner Stricklabel gründeten. Die beiden haben ihr Hobby zum Beruf erklärt. Steinmels ist gelernte Goldschmiedin, hat Produktdesign studiert. „Ich war einfach fest gefahren und habe vor acht Jahren aufgehört“, erzählt die 63-Jährige. Ihre Kollegin Kirsten, die in Teilzeit noch in der Touristikbranche arbeitet, hat sie in einem Wollladen kennengelernt. „Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Trend, sondern eher Zeitgeist“, meint Steinmels, die sich mit ihrer 60 Jahre alten Kollegin wirklich ein zweites Standbein aufbauen möchte, weil ihre Rente nicht gerade üppig ausfällt. „Wenn ich in Rente bin, will ich nicht nichts tun und die Rente wird nicht groß sein“, sagt auch Mieß.

Alle investieren viel Zeit. Kemper: „Aber heute spielt diese keine Rolle mehr.“ Das Glücksgefühl sei unbezahlbar, berichten alle und auch, dass Vertrauen und loslassen funktioniert und sich niemand über Erfolg und das Einkommen definieren muss. „Rückwirkend hätte ich mir besser Hilfe bei einem Coach geholt. Auf meiner Ebene hatte ich niemanden, mit dem ich sprechen konnte“, sagt Schnorr, die lange an ihrem Managementjob festhielt. Zu lang, wie sie heute meint. „Jetzt bin ich lieber die Lampentante.“ Myriam Lang hat ihren Kindern zumindest beigebracht, ihre beruflichen Ziele frei zu wählen: „Die nächste Generation hat da vielleicht ein anderes Verständnis.“


Die kreativen Frauen stellen sich am Donnerstag, 25. September, ab 17 Uhr, beim Pop-up Day, in der Rolandstraße 5, vor.