Wochenende im Kölner SüdenAlmabtrieb findet nach zähem Ringen wieder wie gewohnt statt

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Kinder fahren Traktor.

Der Almabtrieb in Weiß hat sich zu einem Großereignis im Kölner Süden entwickelt. (Archivbild)

Mehr als sechs Monate hat es den Landwirt gekostet, alle Auflagen der Stadt Köln zu erfüllen, um das Fest wie üblich stattfinden lassen zu können.

Was braucht ein Veranstalter, der einen Abend eine Reithalle als Veranstaltungshalle nutzen möchte? Ein Bauantragsformular, einen Lageplan, Bauzeichnungen, eine Veranstaltungsbeschreibung mit Beschreibung der Sicherheitsmaßnahmen, eine brandschutztechnische Stellungnahme eines Brandschutzsachverständigen, eine Stellungnahme zur Barrierefreiheit, eine Stellplatzberechnung, einen Stellplatznachweis und gegebenenfalls eine Schallprognose.

Dies bestätigt die städtische Pressestelle und führt weiter aus: „Im Rahmen der Prüfung des eingereichten Bauantrages können im Einzelfall weitere Anforderungen, beispielsweise in Bezug auf statische Nachweise, gestellt werden.“

Bernd Lorbach in seiner Reithalle

Bernd Lorbach in seiner Reithalle

Eine solche temporäre Nutzungsänderung hatte Bernd Lorbach Anfang des Jahres für seinen jährlichen Almabtrieb beantragt. Kopfschüttelnd sitzt der Bauer in seiner kleinen Küche. Vor sich ein ganzer Ordner Korrespondenz, Anträge und Pläne. Auch in diesem Jahr möchte der zweifache Familienvater mit seiner Frau Anne den Almabtrieb mit seiner Grauviehherde mit einem Scheunenfest in seiner Reithalle enden lassen.

Seit 16 Jahren laden die Lorbachs zu diesem skurril anmutenden Event in den Kölner Süden ein. Was einmal klein angefangen hat, ist mittlerweile ein alpenländisches Weißer Großereignis, bei dem gefühlt das ganze Veedel erscheint, um das Grauvieh, das im Sommer auf den Weiden am Rhein steht, am Hof zu begrüßen. 

Weißer Almabtrieb endet wie gewohnt mit Scheunenfest

Die meisten Besucher erscheinen in bayerischer Tracht. Zum elften Mal kommt dazu auch die Radlerband aus dem Allgäu. Die Band ist ein Muss für die Scheunen-Gaudi. Im letzten Jahr war das Scheunenfest kurzfristig in ein Zelt verlagert worden. Einer Mitarbeiterin der städtischen Bauaufsicht war aufgefallen, dass die Halle bei der Stadt als Festzelt hätte deklariert werden müssen und ein Brandschutzgutachten vorliegen müsse. Also wollte Lorbach dieses Jahr alles richtig machen, um die Halle wieder nutzen zu können. Das Zelt kostete im vergangenen Jahr 14.000 Euro, konnte nur mit vielen Spenden gestemmt werden.

Der Weißer Almabtrieb zieht jedes Jahr Hunderte Besucher an.

Der Weißer Almabtrieb zieht jedes Jahr Hunderte Besucher an.

Und ein Zelt neben eine bestehende Scheune zu setzen, macht für den Bauer eigentlich auch keinen Sinn. Also bat er den örtlichen Architekten um Hilfe. Rudi Krapohl legte sich mächtig ins Zeug, um die Genehmigung zu erwirken und führte all das aus, was die Stadt verlangte. „Eigentlich war ich damit von Januar bis August beschäftigt. Das kann man eigentlich gar nicht erklären“, sagt der Weißer Architekt.

Für das Brandschutzgutachten hatte Lorbach Verständnis. Rund 4000 Euro hat er seinen Angaben nach für den staatlich anerkannten Brandschutzsachverständigen ausgegeben. Im gleichen Rahmen liegt die Kostennote, die Krapohl theoretisch in Rechnung stellen müsste. „Ich mache das für die Sache, auch wenn das eigentlich nicht darstellbar ist.“

Weißer Almabtrieb geht bis 22 Uhr – nächstes Jahr noch ungewiss

Neben den baurechtlichen Bestimmungen hatte der Landwirt auch die von der Stadt geforderten „gaststättenrechtlichen Aspekte“ erfüllt. Die braucht man, wenn Alkohol fließt. „Eine temporäre sogenannte Gestattung des Alkoholausschanks seitens der Gewerbeabteilung des Ordnungsamtes“, nennt es die Stadt. Aber sie wollte auch eine Schallschutzprognose, an der die Veranstaltung dann fast gescheitert wäre. „Das hätte dann noch einmal 2500 Euro gekostet“, so Lorbach. Er und Krapohl fragten sich: „10.000 Euro für einen Abend? Ist es das wert?“

Die Reithalle von Außen.

Das Scheunenfest kann wieder in der Reithalle stattfinden.

Ursprünglich war die Veranstaltung mit einem Ende gegen 24 Uhr geplant. „Aufgrund des unmittelbar gegenüberliegenden reinen Wohngebietes ist hier zwingend eine Schallprognose zum Schutz dieser Anwohnenden erforderlich“, hieß es deshalb aus der Verwaltung wegen der „Ruhezeiten“, die ab 22 Uhr gelten. Man einigte sich nach langem Ringen. Die Veranstaltung startet nun ab 12 Uhr bis 22 Uhr.

Zur Fragestellung, ob die vielen Auflagen dem Umland, in dem häufig Scheunenfeste gefeiert werden, als „richtungsweisend“ schaden könnten, wie es die Landwirtschaftskammer NRW vermutet, wollte die Stadt keinen Kommentar abgeben. Ob es im nächsten Jahr so weitergeht, steht allerdings auch in den Sternen. Wie die Stadt bestätigt, ist es durchaus möglich, dass die Nutzungsänderung für die Reithalle erneut beantragt werden muss, „eine Einzelfallentscheidung“.


Der traditionelle Almabtrieb mit Herbstfest und Oldtimer-Traktorentreffen findet am Samstag, 14. Oktober ab 12 Uhr statt. Dann treffen die Oldtimer-Traktoren ein. Um 13 Uhr findet eine Traktor-Rundfahrt durch das Dorf statt. Ab 14 Uhr trifft der traditionelle Festzug mit Trachten, Traktoren, Kutschen, Pferden und Ponys und den Stars des Tages, dem Grau- und Braunvieh, auf Hof Lorbach ein. Ab 15 Uhr geht die Veranstaltung in der Reithalle des Landwirts weiter, wo die Original Allgäuer Radlerband spielt. Dort kostet der Eintritt 10 Euro. Neu ist in diesem Jahr die große Auswahl an Würstchen, Steaks, Schaschlik, Spießbratenbrötchen, Backfisch und Pommes. Auch für Kinder gibt es ein buntes Programm und ein Karussell. (red)

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