An elf Stationen in Zollstock können Kinder und Erwachsene noch bis Freitag das Bilderbuch „Der kluge Fischer“ entdecken – und es in 13 Sprachen hören.
Böll in 13 SprachenDen „Klugen Fischer“ gibt es in Köln-Zollstock auf die Ohren

Uljana geht in die vierte Klasse der Nikolausschule in Zollstock und hat Bölls Geschichte auf Ukrainisch eingesprochen.
Copyright: Stephanie Broch
Die Sankt Nikolaus Schule verwandelt ihr Veedel derzeit in ein offenes Bilder- und Hörbuch. Noch bis Freitag, 10. Oktober, lädt sie Kinder und Familien zu einem Vorlesespaziergang. Dabei geht es darum, die Geschichte „Der kluge Fischer“ von Heinrich Böll an verschiedenen Stationen zu entdecken – und das auf mehreren Sprachen. In elf Schaufenstern lokaler Geschäfte hängen große Plakate mit Illustrationen. Wer stehen bleibt, entdeckt nicht nur die Illustrationen, sondern kann per QR-Code aus dreizehn Sprachen auswählen – von Albanisch bis Ukrainisch, von Türkisch bis Rumänisch, und auch „op Kölsch“.
Der mehrsprachige Vorlesespaziergang ist ein Projekt des Zentrums für Mehrsprachigkeit und Integration (ZMI), das von der Bezirksregierung, der Stadt und der Universität getragen wird. Er findet alle zwei Jahre rund um den Europäischen Tag der Sprachen am 26. September statt, dieses Jahr zum zweiten Mal, und soll die Mehrsprachigkeit sichtbar machen und die Freude am Lesen fördern.
Schüler sprechen die Geschichte in ihren Muttersprachen ein
Neben der Sankt Nikolaus Schule beteiligen sich 15 weitere Grundschulen aus dem Verbund Europäischer Schulen im gesamten Stadtgebiet an der Aktion. Für die Aufnahmen haben Schülerinnen und Schüler die Texte in ihrer Herkunftssprache eingesprochen, wie Uljana Kukulanyk, die die vierte Klasse der Nikolausschule besucht. Ihre Eltern stammen aus der Ukraine. „Das war aufregend und hat Spaß gemacht“, erzählt die Neunjährige. Vor dem Einsprechen habe sie den Text mit ihrer Mutter geübt, berichtet sie. „Uljana war wichtig, dass es wirklich perfekt ist“, schildert die Lehrerin Maike Kautenburger. Sie und ihre Kollegin Michelle Bonsch sind die Sprachbeauftragten der Nikolausschule und haben das Projekt von Seiten der Schule betreut. „Es war gar nicht leicht, an der Schule einen ruhigen Raum für die Aufnahmen zu finden“, berichtet Kautenburger. Schließlich landete man im Keller.

Lehrerin Stephanie Daume nimmt ihre 2cmit auf den Vorlesespaziergang in Zollstock.
Copyright: Stephanie Broch
Die Gestaltung der Plakate und die Koordination der Übersetzungen übernimmt das ZMI. Die Läden für die Plakate haben die beiden Lehrerinnen gesucht. „Es gab ausschließlich positive Rückmeldung“, freut sich Bonsch. „Ich finde es ganz ungewohnt und aufregend, dass jetzt überall meine Stimme zu hören ist“, sagt Uljana. „Wir wollen die sprachliche, demokratische und kulturelle Bildung sowie die gesellschaftliche Teilhabe aller Kinder stärken und fördern. Wir hoffen, damit auch gleichzeitig unsere Verbundenheit mit den Menschen, Institutionen und Geschäften in Zollstock zu betonen und zu stärken“, erklärt Schulleiter Christian Bernsmann.
Die Buchauswahl trifft das ZMI in Zusammenarbeit mit den Schulen. Bei der Geschichte „Der kluge Fischer“ handelt es sich um die „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ von Böll, die der Hanser-Verlag mit Illustrationen 2014 herausbrachte. Es geht um einen Fischer, der nach getaner Arbeit friedlich im Hafen döst. Ein Tourist will ihn dazu animieren, mehr zu arbeiten, um reicher zu werden – damit er Zeit hat, am Vormittag vor sich hinzudösen.
„Die Lehrer machen den Vorlesespaziergang zusammen mit ihren Klassen, aber wir laden alle Eltern ein, ihn auch mit ihren Kindern zu unternehmen“, sagt Bonsch. Eine Karte mit den elf Stationen findet sich auf der Homepage der Schule - so lässt sich die Geschichte in der richtigen Reihenfolge erleben.