SchulplatznotContainerdorf des Dreikönigsgymnasiums könnte Modell für ganz Köln sein

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Der neue "Schulcampus" des DKG

Köln-Bilderstöckchen – „Wir fühlen uns sehr wohl“, sagt Schülersprecher Kaan Gün. Der „politische Kampf“ für die Sanierung von Kölns ältestem Gymnasium habe ewig gedauert. „Es ist ein gutes Gefühl, dass nun endlich Taten gefolgt sind.“ Über 730 Schülerinnen und Schüler und 70 Lehrkräfte des Dreikönigsgymnasium haben ihr Übergangsquartier hinter dem Blücherpark in Besitz genommen. Der Start des neuen Schuljahres ist nicht nur für die dortige Schulgemeinschaft etwas Besonders.

Hier geschieht etwas, das vorbildlich für den Umgang mit der Kölner Schulplatznot sein könnte. Für drei Jahre residiert das DKG im größten Containerdorf der Stadt. 54 einzelne Container sind zu fünf Modulbauten zusammengesetzt worden. In dieser Größe gab es das noch nicht. Und noch etwas sorgt seit Monaten für Aufmerksamkeit, aber auch für kontroverse Debatten: Das Übergangsquartier steht auf einer Wiese, die eigentlich nicht bebaut werden darf.

Schulbau auf der grünen Wiese

Weil die Not so groß ist, haben die Verantwortlichen in der Stadt gegen den Widerstand von Umwelt- und Naturschützern durchgesetzt, dass diese Fläche übergangsweise dafür genutzt werden darf. Der Stadtentwicklungsdezernent sollte versprechen, dass es eine Ausnahme bleibt. Das passierte nicht. Die Container-Schule von Bilderstöckchen könnte ein Modell für andere Projekte sein: So lassen sich Schulsanierungen leichter stemmen. So könnte man Interimslösungen organisieren, um neue Schulen, die erst noch gebaut werden müssen, früher starten zu lassen.

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Schülervertreter Kaan Gün (links) und Ilya Golyand

Stolz und sichtlich erleichtert führen die Schülervertreter Kaan Gün und Ilya Golyand zusammen mit Schulleiterin Barbara Wachten durch den neuen „Campus“, wie man das bunte Containerdorf nennt. Wer in den vergangenen Jahren mal im alten Gebäude des DKG gewesen ist, wird verstehen, warum Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, zu etwas Besonderem werden.

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Beste Ausstattung: In den naturwissenschaftlichen Räumen findet jeder Schüler über seinem Arbeitsplatz die wichtigsten Anschlüsse - einschließlich Alarmknopf

„Man musste aufpassen, welches Waschbecken man benutzte, weil es sonst eine Etage tiefer in den Physikraum tropfte“, erinnert sich der 17-jährige Gün. Kinder hätten sich beim Lehrer krank gemeldet, um zuhause auf Toilette zu gehen. Fenster gingen nicht auf, draußen bröckelte die abgesperrte Fassade. „Wenn man sich in einer Schule nicht wohlfühlt, lernt man nicht gut“, sagt Golyand. Das werde nun anders.

Schüler kritisieren mangelnde Investitionen in Bildung

Saubere Toiletten, zu denen man nicht weit laufen muss, kleine Teeküchen, eine optimale digitale Ausstattung statt Kreide und Tafeln, sichere Rahmenbedingungen für naturwissenschaftliche Experimente, endlich eine Mensa und andere zusätzliche Räume, die der Tatsache Rechnung tragen, dass auch aus Gymnasien längst Ganztagsschulen geworden sind – das alles gab es vorher nicht.

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Schulleiterin Barbara Wachten

Schulleiterin Barbara Wachten glaubt, dass sich diese Verbesserungen auch bei den Lehrerinnen und Lehrern bemerkbar machen werden. Ein guter Arbeitsplatz stehe eben auch für „Wertschätzung“ für das was Lernende und Lehrende hier leisten. Man habe oft den Eindruck, dass in der Politik andere Dinge wichtiger seien als die Schulen, sagt Kaan Gün. „Da fehlt die Weitsicht. Wir sind die Zukunft Deutschlands.“ Es sei ein „Armutszeugnis“, wenn zu wenig in Bildung investiert werde, so der ebenfalls 17-jährige Golyand. „So eine Investition lohnt sich immer.“ Die Gesellschaft bekomme immer „mehr raus, als sie an Geld in die Förderung von jungen Menschen reinsteckt“.

„Fader Beigeschmack“

Die Schülervertreter, die beide in die elfte Jahrgangsstufe gehen, haben die Diskussion um ihr neues Interimsquartier sehr aufmerksam verfolgt. Natürlich habe es „einen faden Beigeschmack“, dass die Container auf einer Grünfläche stehen, sagt Ilya Golyand. Aber das sei eben auch die Folge, wenn man zu lange nichts für die Sanierung alter Gebäude tue. Das könne aber jetzt nicht bedeuten, solche Projekte zu verhindern. Angesichts der Notlage sei die übergangsweise Nutzung einer Grünfläche für eine Schule „notwendig und vertretbar“.

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Politik und Stadtverwaltung haben die Frage, wie viele Flächen man für Übergangslösungen hergeben kann, noch nicht entschieden. Einigkeit besteht, dass beim Schulbau schnellere Lösungen und vorgezogene Neustarts unumgänglich sind. Doch wenn Pläne konkret werden, gibt es Widerstand. Die Containerschule von Bilderstöckchen könnte nach drei Jahren, wenn das DKG in sein altes, dann saniertes Gebäude zurückzieht, an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden.

Da die Herstellung des Baugrunds mit Abflüssen, Wasser und Strom sehr aufwendig ist, wäre es auch naheliegend, die Module nach dem Auszug des DKG für eine andere schulische Nutzung noch etwas länger im Park stehen zu lassen. Laut sagt das in der Stadtverwaltung noch keiner, aber intern hat die Debatte längst begonnen.

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