Schwules PaarGeiz macht glücklich

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Oliver Janotta (links) und Thorsten Kehrmann werden sich nach zehn Jahren Probezeit trauen.

Oliver Janotta (links) und Thorsten Kehrmann werden sich nach zehn Jahren Probezeit trauen.

Köln – So romantisch kann streiten sein. Als Oliver Janotta und sein Freund Thorsten Kehrmann an einem Abend im Herbst zu Hause in ihrer 70-Quadratmeter-Mietwohnung in der Innenstadt zusammensaßen, spürte Janotta dieses "Ich will weg"-Gefühl. Das Wetter: nass und regnerisch. Und so schlug er vor, sich endlich mal - nach zehn Jahren mit eher günstigen Urlauben - eine etwas teurere Florida-Rundreise zu gönnen.

Der 34-Jährige verstand die Welt nicht mehr, als Thorsten den Vorschlag aus Kostengründen ablehnte. "Sei nicht so geizig", argumentierte er noch. "Die 2500 Euro kannst du in zehn Jahren ja wohl einmal ausgeben." Mit Thorstens Antwort konnte der EDV-Berater für Apple-Produkte nicht rechnen. Der 31-Jährige sagte: "Ich will lieber heiraten."

Thorstens Geiz war Olivers Glück. Am 29. September um 13.10 Uhr werden die beiden gebürtigen Rheinberger, die seit fünf Jahren in Köln leben, im Turmkeller des Historischen Rathauses endgültig Ja zueinander sagen - sie geben damit dem CSD-Motto "Ja, ich will" ein Gesicht.

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Mit allen Pflichten wie der Versorgung des anderen, wenn dieser in Not geraten sollte, wollen sie füreinander da sein. Und mit allen Rechten, wie dem, den anderen auch auf der Intensivstation besuchen zu dürfen, falls ihm etwas zustieße. Selbst wenn die leibliche Familie, sollte sie konservativ eingestellt sein und die Verbindung ablehnen, dagegen wäre.

Wann denn die Verlobung stattgefunden habe, wollen viele wissen. Auf den Tag genau benennen können das beide nicht. "Irgendwann in den letzten Jahren", antwortet der Ältere dann. "Das ist einfach gewachsen. Und irgendwann ist man an dem Punkt, da ist das die logische Konsequenz." Zwar sei es möglich, vieles notariell zu regeln. "Man kann aber auch den einfachen Weg gehen und sich verpartnern."

Wenig Chancen auf ein Kind

Nicht zuletzt wünschen sich beide nichts sehnlicher als ein Kind zu adoptieren. "Das müssen wir ja auch mal langsam angehen", hatte Thorsten bei der Heirats-Diskussion noch eingeworfen. "Da hat es bei mir Klick gemacht", erinnert sich Oliver. Weil eine gemeinsame Adoption auch für Verpartnerte ausgeschlossen ist, musste sich Kehrmann als Alleinstehender darum bewerben. Die Chancen, ein Kind zugesprochen zu bekommen, schätzen beide trotzdem als nicht allzu groß ein. "Es gibt viel mehr Kinderlose als Kinder, die zu vermitteln wären."

Das Paar geht eher davon aus, "dass es ein Pflegekind wird". Die ersten Prüfungen und Vorgespräche sind schon absolviert. "Das ist ja schließlich nicht Amazon", sagt Janotta zum Verfahren. Doch Ehepaare werden bevorzugt. Kehrmann als Einzelbewerber - und schwul dazu - muss wohl warten. "Doch es soll Fälle gegeben haben, in denen die leiblichen Eltern ausdrücklich homosexuelle Pflegeeltern wollten."

Den Status "verpartnert" gebe es im Verfahren des Pflegekinderdienstes nicht, was die Männer kritisieren. "Wir wollen ja nicht bevorzugt werden", sagt Kehrmann, der als Verwaltungsangestellter im Jugendamt Leverkusen arbeitet. "Wir wollen einfach nur von der Liste der Einzelbewerber auf die der Paare." Ob ihnen ein Mädchen oder Junge lieber wäre? "Hauptsache gesund", sagen beide.

Schicksalhaftes Kennenlernen

Schicksalhaft war auch ihr Kennenlernen: Zufällig chatteten sie damals im Internet und fanden heraus, dass sie im selben Ort wohnen, zur selben Schule gegangen sind und im selben Supermarkt einkaufen. Und es gab noch mehr Gemeinsamkeiten: "Wir sind keine, die sich für Sex-Dates treffen. Wir sind überhaupt keine Partymenschen. Wir wollen ein klassisches Leben führen."

Zwar werden sie sich am Sonntag die Parade anschauen. Aber noch lieber kramen sie derzeit in ihrer "Hochzeitsvorbereitungskiste". Sie basteln Serviettenringe mit Namensschildern und suchen im Internet nach Ringkissen. Eine vierstöckige Hochzeitstorte mit einem Männer-Figurenpaar obendrauf ist bestellt, die Garderobe geklärt. "Wir werden beide schwarze Anzüge sowie champagnerfarbene Westen und Hemden tragen." Wo die Feier stattfindet, wird nicht verraten. Das erfahren selbst die Gäste vorher nicht. Nur so viel: "Es wird kein gewöhnliches Fest." Und mit Sicherheit teurer als ein etwas teurerer Urlaub. Florida kann warten.

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