Studie hält Umsetzung für denkbarWie ein Seilbahn-System über den Rhein Köln verändern könnte

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Eine Seilbahn in Köln.

Bislang ist die Seilbahn in Köln vor allem eine touristische Attraktion. Das könnte sich grundlegend ändern.

In Köln könnte ein Seilbahn-System entstehen, das die Rheinseiten an mehreren Stellen miteinander verbindet. Doch es gibt einige Hürden.

Der öffentliche Nahverkehr in Köln könnte mit einer Seilbahn mit sechs Stationen, die über den Rhein führt, „sinnvoll ergänzt und optimiert werden“. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) in Auftrag gegeben haben.

Die Idee wird in der Stadt bereits seit Jahren diskutiert, vorangetrieben hatte sie vor allem die Ratsgruppe „Gut“, die in der vergangenen Wahlperiode gemeinsam mit CDU und Grünen eine Mehrheit bildete. Die Seilbahn, die von „Gut“ unter dem Titel „Rheinpendel“ entwickelt wurde, wurde nun in einer Machbarkeitsstudie geprüft. Dass es überhaupt so weit kam, hatte „Gut“ in den politischen Verhandlungen mit CDU und Grünen erwirkt – im Gegensatz stimmte man mit den beiden großen Fraktionen bei vielen anderen Projekten zu.

Sechs Haltepunkte könnte es bei der neuen Seilbahn in Köln geben

Ging man in der Vision von „Gut“ noch von 15 Haltepunkten aus, an denen die Seilbahn insgesamt stoppen würde, schlug die Verwaltung im Oktober 2021 vor, die Studie auf den Innenstadtbereich zu beschränken. Weil der Verkehrsausschuss nicht dagegen stimmte, wurde nun tatsächlich nur der Innenstadtbereich geprüft.

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In dieser Vorzugsvariante der Verwaltung sind sechs Haltepunkte eingeplant: Vom Zoo aus soll die neue Seilbahn parallel zur touristischen Seilbahn in Richtung Rheinpark fahren. Von dort ist eine weitere Teilstrecke zur Messe vorgesehen. Vom Rheinpark aus geht es auch in Richtung Breslauer Platz, es ist die längste Teilstrecke im Plan. Vom Breslauer Platz geht es über die Deutzer Freiheit bis zur letzten Station am Deutzer Hafen.

Seilbahn: 1500 Personen pro Stunde können zwischen Stationen pendeln

Die Investitionskosten liegen der Studie zufolge bei 195,5 Millionen Euro. Hinzu kommen Planungskosten und ein Risikoaufschlag, der mit eingerechnet werden muss. Die Stadt geht in einer Mitteilung von 232,2 Millionen Euro Kosten aus, wenn das Projekt tatsächlich umgesetzt werden sollte. Hinzu kommen die Betriebskosten: 34 Mitarbeiter müssten angestellt werden, damit die Seilbahn fährt, außerdem wäre mit zwei Millionen Euro Stromkosten pro Jahr zu rechnen.

Die Studie schlüsselt erstmals detailliert auf, wie das Seilbahnnetz am Ende aussehen und laufen könnte. Die Größe der Stationen bewegt sich zwischen 22 mal 40 Metern an der Messe und 45 mal 100 Metern im Rheinpark. Über vier von fünf Streckenabschnitten sollen Kabinen für bis zu 26 Personen fahren, hier sind jeweils drei Seile vorgesehen, die parallel befahren werden. So können zwischen den meisten Stationen 1500 Personen pro Stunde pendeln.

Der Umstieg von Bahn zu Bahn soll schnell und komfortabel ablaufen, die Geschwindigkeit der Bahnen ist mit 21,6 Kilometer in der Stunde geplant. Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometern pro Stunde sind der Studie zufolge kein Problem für den Betrieb. Die Fahrten würden zwischen anderthalb und viereinhalb Minuten dauern.

Zwischen Messe und Rheinpark würde eine etwas größere Bahn fahren, die allerdings nur auf zwei Seilen parallel betrieben wird. In der Studie ist erwähnt, dass eine Ausweitung des Seilbahn-Netzes über den bislang definierten Innenstadt-Bereich hinaus, etwa zum Ebertplatz und zum Mülheimer Hafen, durchaus denkbar sein könnte.

Umsetzung ist nur realistisch, wenn Wasserbusse gestrichen werden

Thomas Schmeckpeper, der das Projekt als Referent der „Gut“-Ratsgruppe einst ins Leben gerufen hatte, zeigte sich erfreut über die Ergebnisse der Studie. „Die Machbarkeitsstudie bestätigt die Vorteile von urbanen Seilbahnen. Sie sind umweltfreundlich, flexibel einsetzbar, zuverlässig und komfortabel“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er hält sogar günstigere und technisch einfachere Modelle, die in der Studie nicht mitgeprüft wurden, für denkbar. Er spricht sich dafür aus, die Planung auch über die Innenstadt hinaus nicht aus den Augen zu verlieren. „Die technische Entwicklung im Bereich Seilbahnen schreitet aktuell stark voran. Gerade die Stadtteile außerhalb der Innenstadt sollten dabei nicht vergessen werden.“

Doch es gibt auch erhebliche Probleme, die mit der Umsetzung einhergehen würden. Zum einen müsste die Station am Breslauer Platz dorthin, wo aktuell der Musical Dome steht. Das Dauerprovisorium, dessen Zukunft aktuell offen ist, müsste also zunächst beseitigt werden. Auch würden die Seile zwischen Zoo und Rheinpark an der denkmalgeschützten historischen Seilbahn, die vor allem von Touristen genutzt wird, vorbeiführen – eine nicht unbedingt elegante Lösung. Ob und wie die bis zu 58 Meter hohen Haltepunkte in der Kölner Stadtplanung überhaupt gewünscht sind, müsste auch zunächst diskutiert werden. Ein juristisches Problem stellen Privatwohnungen dar, in die Fahrgäste von der Seilbahn aus blicken können.

Zudem steht das Seilbahn-Netz in Konkurrenz zu den Wasserbussen, deren Planung vom Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt zuletzt vorangetrieben wurde. Auch in der Studie heißt es, dass die Ziele der Seilbahnen und des geplanten Wasserbussystems „nahezu identisch“ seien. Dass zwei neue Verkehrsmittel geschaffen werden, mit denen der Rhein in der Innenstadt überquert wird, gilt als unrealistisch. Vor allem angesichts der weiterhin knappen Finanzmittel der Stadt. Auch, wenn die Seilbahn wohl massiv gefördert werden könnte: Laut Studie könnten Bund und Land bis zu 95 Prozent der Kosten für den Bau übernehmen. Doch die Betriebskosten, mehrere Millionen Euro pro Jahr, würden bei der Stadt bleiben.

„Entscheidend ist technisches Interesse für neue Verkehrsträger“

„Die Trassenprüfung parallel zur denkmalgeschützten Seilbahn ist etwas kurios“, sagt auch Schmeckpeper. „Bei der Anbindung der Messe ließe sich das Messeparkhaus als künftiger Park-and-Ride-Standort noch mitdenken. Im südlichen Verlauf kann auch eine Verbindung zwischen Deutzer Hafen und Ubierring sehr spannend sein, sofern ein Brückenbauwerk hier an zu komplexen Rampenführungen scheitert“, so Schmeckpeper weiter: „Entscheidend ist in Zukunft auch ein technisches Grundinteresse für neue Verkehrsträger unter den politischen Entscheidungsträgern.“

Von einer Umsetzung ist ein Seilbahn-Netz über den Rhein noch weit entfernt. Die nun vorliegende Studie zeigt jedoch auf, dass die Idee grundsätzlich umsetzbar ist. Die Verwaltung bittet die Politik in einer Mitteilung zur Studie, das Thema bei der langfristigen Verkehrsplanung mitzudenken und in das Portfolio der städtischen Verkehrsträger zu integrieren. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist Verkehrsdezernent Ascan Egerer, der seit rund anderthalb Jahren im Amt ist, durchaus offen für entsprechende Überlegungen. Ob das Ratsbündnis offen dafür ist, die Seilbahnen als ernsthafte Alternative zu den Wasserbussen zu durchdenken, werden die kommenden Monate zeigen.

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