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Weltstadthaus, Kölnturm, KolumbaHier haben Star-Architekten in Köln gebaut

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Segel auf der Schäl Sick: das Sternwellenzelt

Segel auf der Schäl Sick: das Sternwellenzelt

Köln – Am Mittwoch wird in Chicago der Gewinner des Pritzker-Preises 2016 bekanntgegeben, die mit 100.000 Dollar dotierte Auszeichnung gilt als Nobelpreis der Architektur. Gleich sechs der bisherigen Preisträger haben ihre Handschrift im Stadtbild hinterlassen.

Ring-Karree

Den Ritterschlag – im wahrsten Sinne des Wortes – hatte Norman Foster längst hinter sich, als er 1995 den Auftrag des Gerling-Konzerns bekam, am Hohenzollernring eine Rotlicht- und Schmuddelecke der Stadt in eine feine Adresse zu verwandeln. 1990 hatte ihn Königin Elisabeth II. in den Ritterstand erhoben, auch als Architekt gehörte er der Elite seines Berufsstandes schon lange an. In Deutschland gilt Foster als Star, seit er dem Berliner Reichstagsgebäude seine spektakuläre Glaskuppel aufsetzte.

Just als die Bauarbeiten für das Ring-Karree zwischen Ring und Friesenwall im Frühjahr 1999 begannen, bekam Foster auch noch den Pritzker-Preis überreicht. In Köln hat der 80-jährige Brite ein Werk hinterlassen, das sich – vom Hohenzollernring gesehen – als fünfgeschossiger gläserner Riegel präsentiert, der sich in die nüchterne Umgebung einfügt. Die Raffinesse des Hauses ist von dort höchstens in den gewölbten Geschossdecken zu erkennen, die den Lichteinfall optimieren sollen. Hinter dem 120 Meter langen Flachbau hat Foster drei unterschiedlich hohe Türme platziert, deren Fassadenverkleidung aus fränkischem Trosselfels eine Hommage an die historischen Gerling-Bauten um die Ecke ist. Weitere Büros und 84 exklusive Wohnungen befinden sich darin, die von außen ebenso wenig zu sehen sind wie die Gärten samt Wasserflächen im Innenhof. Nach zwei Jahren hatten die Arbeiter auf der Riesenbaustelle das Werk des Stararchitekten vollendet – rund 250 Millionen Mark hatte Lord Fosters Bau gekostet.

Weltstadthaus

Natürlich ist Renzo Piano nicht zum Stararchitekten und 1998 zum Pritzker-Preisträger geworden, weil er ein Kaufhaus gebaut hat. Der 78-Jährige aus Genua gilt als Spezialist für Museumsbauten, seit er 1977 gemeinsam mit Richard Rogers im 4. Pariser Arrondissement ein Raumschiff landen ließ. Die Pariser taten sich schwer mit dem Centre Pompidou, einem Museum und Kulturzentrum. Sie nannten es „Raffinerie“, weil die Planer statt einer Fassade das Innenleben, schön bunt angemalt, nach außen gekehrt hatten: Stromleitungen, Lüftungsrohre, Tragwerk, Rolltreppen. Die klotzige Kulturfabrik hat den Weltruf ihres Erbauers begründet.

In Köln hat Renzo Piano tatsächlich ein Kaufhaus gebaut – „ein Monument der Überraschung“, wie er 2005 im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte, als das „Weltstadthaus“ der Modekette Peek & Cloppenburg nach sechs Jahren Bauzeit inklusive Köln-typischer Verzögerung seine gläsernen Türen öffnete. Sein Werk prägt seit seiner Errichtung die Shoppingmeile Schildergasse, dominiert sie aber nicht. Piano ist es gelungen, die gewaltigen Dimensionen (130 Meter lang, 34 Meter hoch) so zu verpacken, dass das Haus die Umgebung nicht erdrückt. Die Glasfassade aus 6800 Scheiben hält vornehm Abstand zur spätgotischen Antoniterkirche, die sich im Nachbarn spiegelt. Piano hat dort einen kleinen Platz entstehen lassen, „sicherlich auf einem der wertvollsten Grundstücke Kölns“, wie er 2005 sagte. In den kommenden Jahren soll das Haus übrigens einen Anbau bekommen – und Renzo Piano einen erneuten Auftrag in Köln.

Sternenzelt

Die großen Segel des markanten Sternwellenzelts über dem Tanzbrunnen wirken leicht, luftig und elegant. Architekt Frei Otto entwarf die damals neuartige Konstruktion – die ihm später als Vorbild für das Olympiastadion in München dienen sollte – für die Bundesgartenschau 1957. Danach sollte der Überbau aus einem 1000 Quadratmeter großen und 2,5 Tonnen schweren Baumwollsegeltuch wieder verschwinden. Da das Sternwellenzelt sehr beliebt war, blieb es aber bestehen und wurde stets im Winter ab- und im Sommer aufgebaut.

Für die Bundesgartenschau, die 1971 erneut im Rheinpark stattfand, wurde der Tanzbrunnen restauriert. Otto entwarf zusätzlich fünf Faltschirme, die bis heute als Regenschutz für die Zuschauer dienen. Anfang der 1990er Jahre lag der denkmalgeschützte Brunnen trocken. Das baufällige Zelt war abgebaut worden. Erst 2001 wurde es wieder aufgespannt – dieses Mal aus wetterfestem Polyester. Otto war 2015, wenige Monate nach seinem Tod, der erste Architekt, dem der Pritzker-Preis posthum verliehen wurde.

Lesen Sie mehr zu den Bauwerken der Stararchitekten auf der nächsten Seite.

Kolumba

Das Kunstmuseum Kolumba des Erzbistums Köln wirkt so, als wäre es schon immer da gewesen – so gelungen fügt es sich in das Quartier zwischen Kolumbastraße und Brückenstraße ein. Dabei wurde der spektakuläre Neubau erst im September 2007 eröffnet. Der Schweizer Architekt Peter Zumthor entwarf ein Meisterwerk, das selbst Kunst ist und der Kunst im Inneren gleichzeitig allen nötigen Raum lässt. Das Konzept eines „lebenden Museums“ stellt Altes und Neues einander gegenüber.

Als Fundament dienten Zumthor die Überreste der während des Zweiten Weltkriegs zerstörten romanischen Kirche St. Kolumba. Die von Gottfried Böhm (siehe Text oben) an ihrer Stelle erbaute Kapelle „Madonna in den Trümmern“ bezog er ebenfalls harmonisch ein. Der graue Backstein passt perfekt zu den Basalten und Ziegeln der Ruine, so dass der Eindruck entsteht, der Neubau sei eine Fortsetzung des Vergangenen. Zumthor, der 2009 mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet wurde, betrachtet Architektur als einen „Prozess von Schauen und Fühlen, aus dem sich Formen ergeben, deren Wirkung man prüfen muss“. Seine Bauwerke unterscheiden sich in der Form und der Wahl der Materialien deutlich voneinander. So zeichnet sich Kolumba durch ein teilweise lichtdurchlässiges Mauerwerk und bodentiefe Glasfronten aus, so dass die ausgestellten Kunstwerke über den Tag hinweg immer anderen Lichtverhältnissen ausgesetzt sind – auf eine künstliche Beleuchtung verzichtete Zumthor ganz bewusst.

Kölnturm

Köln und die Hochhäuser? Eine eher schwierige Geschichte. Zehn Bauten jenseits der 100-Meter-Grenze gibt es in der Stadt, wahre Ikonen des Stadtbildes sind die wenigsten von ihnen. Auch das höchste Haus der Stadt kommt höchst unspektakulär daher: der 2001 eröffnete Kölnturm im Mediapark, entworfen vom Pariser Stararchitekten Jean Nouvel und seinem Essener Kollegen Christian Kohl. Nicht seine Form hebt den Turm aus der Hochhaus-Silhouette hervor, die ist wenig aufregend.

Aus der Ferne betrachtet, mag sich die Wirkung nicht recht entfalten, ungewöhnlich für ein Hochhaus. Immerhin, die Proportionen stimmen. Kommt man dem 150-Meter-Riesen allerdings näher, glänzt ausgerechnet die von weitem so graue Fassade. Mit Emaille beschichtet, zeigt sie im oberen Teil Wolkenformationen samt Flugzeug, unten die Stadtsilhouette samt Dom. Weitaus bedeutendere Bauten hat Nouvel, Pritzker-Preisträger des Jahres 2008, in Paris verwirklicht: in den 80er Jahren das Institut du Monde Arabe am Seine-Ufer und erst im vergangenen Jahr die Philharmonie.

St. Gertrud und andere Bauten

Die gelungene Verbindung von Tradition und Moderne brachte Gottfried Böhm 1986 als erstem deutschem Architekten den Pritzker-Preis ein. Damit wurde ein ebenso umfangreiches wie außergewöhnliches Werk ausgezeichnet. Böhm, ein ausgewiesener Kirchenbauer, wird bis heute als herausragender Architekt und Bildhauer geschätzt, dessen Bauten oft mehr an Skulpturen erinnern. In Köln verewigte sich der in Offenbach am Main geborene Böhm unzählige Male.

Sein frühester eigenständiger Sakralbau war 1947 die von den Kölnern „Madonna in den Trümmern“ genannte Kapelle, die er in den Überresten der während des Zweiten Weltkriegs zerstörten Kirche St. Kolumba baute. Dort setzte er zum ersten Mal eine selbst entwickelte Gewebedecke ein, die aus leichten, hängend konstruierten Betonschalen besteht. Besonders hervorzuheben ist die katholische Pfarrkirche St. Gertrud im Agnesviertel (1960-1967), die mit ihren verschachtelten Wänden aus Wasch- und Sichtbeton eine klare Verwandtschaft zu Böhms Bensberger Rathaus erkennen lässt. Von besonders hoher Qualität ist auch die Pfarrkirche Christi Auferstehung in Lindenthal, die von 1968 bis 1970 entstand. Das Bauwerk zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Kombination der Materialien Backstein und Beton aus. Die verschachtelte Konstruktion verfügt über eine äußerst starke Ausdruckskraft. Böhm hinterließ in Köln seine Spuren auch im Bereich der Profanbauten: Dazu gehören unter anderem das markante Bezirksrathaus in Kalk (1986–1992) und das Wohnquartier Seeberg-Nord (1966–1974).

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