Spurensuche in KölnAls im „Hot Apple“ in Neuehrenfeld noch Karneval gefeiert wurde

Mitinhaber Mike (mit rotem Vollbart) hinter der Theke des „Hot Apple“
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Köln – Eine Laterne mit dem Aufdruck einer Pils-Brauerei ist schon eine schräge Vorgarten-Dekoration. Zumal in Köln. Die lampenförmige „Veltins Pilsener“-Reklame ist die letzte Spur der kurzen, aber intensiven Kneipen-Historie in der Neuehrenfelder Siemensstraße. Im Erdgeschoss des Eckhauses befindet sich seit 20 Jahren eine Wohnung. Ein Schicksal, das exemplarisch für Hunderte vergessene Gaststätten in der Stadt steht.
„Siemens-Eck“, eine Viertels-Kölsch-Kneipe so wenig spektakulär wie ihr Name, hieß Ende der 1970er Jahre die erste Gaststätte an der Ecke Merkensstraße/Siemensstraße. „Fipps“, wie der gleichnamige Affe aus den Bildergeschichten von Wilhelm Busch, war der Name des letzten Lokals. Die Zeit dazwischen – fast die gesamten 1980er Jahre – markierte das „Hot Apple“. Wie der Name vermuten lässt, ging es dort manchmal heiß her am beschaulichen Brandtsplatz.
Die Ersten im Veedel
„Wir waren die erste Szene-Kneipe im Viertel“, sagt Hans Dohle, einer der beiden ehemaligen Betreiber. Und er hat damit nicht einmal Unrecht. 1981 eröffnete das Lokal. Andere Kneipen mit ähnlichem Konzept – permanente Musik, gelegentliche Konzerte, eine eher junge Zielgruppe – eröffneten in Ehrenfeld und Neuehrenfeld erst in den Jahren danach: das „Connection“ etwa, das „Café Sehnsucht“ und auch das „Underground“.
Das „Hot Apple“ öffnete seine Tür nach nur wenigen Tagen Umbauphase. Die eiche-rustikale Inneneinrichtung der Vorpächter war aufgepeppt mit einigen schrillen Accessoires. So zierten zwei lebensgroße Skelett-Poster – eins mit Bikini, das andere mit Badehose – die Klotüren. Eine großformatige Reproduktion von Albrecht Dürers Kupferstich „Der Sündenfall“ prangte über der Eingangstür. Der Paradiesapfel, den Eva darauf von einer Schlange entgegennimmt, war in Rot hervorgehoben. Das eigentliche „Firmenlogo“, ein Apfel mit Wurm, thronte als Pappmaché-Skulptur auf dem Thekenbaldachin.
Konzerte, Partys und Nubbelverbrennung
Das reichte aber, um zu einer exotischen Insel inmitten der damals eher biederen Kneipenlandschaft im Viertel zu werden. Schon am ersten Abend war der Laden gerammelt voll. „Mein Geschäftspartner und ich kannten uns von der gemeinsamen Arbeit im Fotofachlabor Sander“, berichtet Hans Dohle. Daher habe es viele Kontakte in die Kölner Künstler- und Fotografenszene gegeben.
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Groß war das „Hot Apple“ nicht. Es bot aber Platz für eine Bühne, die zum Sprungbrett für einige später recht bekannte Künstler wurde: Purple Schulz spielte hier kurz vor dem Durchbruch mit seiner Band Neue Heimat. Und Saxofonist Bernd Delbrügge blies hier schon ins Instrument als er noch seine volle Haarpracht hatte. „Das war eine Zeit, die ziemlich alkoholgeschwängert war“, sagt Delbrügge heute. „Viele pendelten zwischen dem »Hot Apple« und dem »Connection« hin und her“, so Delbrügge.
Konzerte und Partys zu vielen Anlässen, inklusive Karneval und Nubbelverbrennung zementierten den legendären Ruf bis zum 4. Oktober 1989. An diesem Tag hieß es Abschied nehmen. Für einige Gäste kam das einer gewissen Form von Obdachlosigkeit gleich.
Wehmütige Tränen flossen, und das obwohl der kauzige „Mike“, Dohles Kompagnon, für viele Gäste der Inbegriff eines schwierigen Wirts war. Der rothaarige, vollbärtige Amerikaner aus San Francisco, pflegte einen eher rauen Umgangston. Vor allem dann, wenn Gäste seiner Meinung nach nicht genug Geduld zeigten, bis ihnen ein Getränk serviert wurde.
Über die Grenzen des Veedels bekannt
Die freundlichen und meist weiblichen Thekenkräfte machten das Manko in Sachen Gastlichkeit mehr als wett. Die Kneipe war schnell über die Grenzen des Viertels bekannt und gut besucht. Ein weiterer Grund für die Popularität stand auf der Speisekarte und hieß „Töpferbrötchen“. Mit dem Begriff weiß bis heute keine Suchmaschine etwas anzufangen. „Das war für manche eine Art Grundnahrungsmittel“, erinnert sich Hans Dohle.
Die preiswerteste Spezialität des Hauses kostete 2,50 Mark und bestand aus einem Stück Baguette – überbacken mit einer Zwiebel-Käse-Mischung. Details der geheimen Rezeptur will Hans Dohle allerdings auch nach mehr als 30 Jahren nicht preisgeben.