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Kölner VerwaltungMitarbeiter schieben mehr als 200.000 Resturlaubstage vor sich her

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Im Deutzer Stadthaus arbeiten die meisten der städtischen Beschäftigten.

Köln – Die Stadtverwaltung schiebt einen gigantischen Berg an Resturlaub vor sich her. Zum Jahreswechsel 2019/2020 belief sich die Zahl der Resturlaubstage auf 231.781, wie das städtische Presseamt auf Anfrage des „Express“ bestätigte. Theoretisch könnten allein damit 1053 Mitarbeiter der Stadt ein ganzes Jahr Urlaub machen.

Wenn ein Stadt-Mitarbeiter die Resturlaubstage allein auf sein Zeitkonto buchen könnte, hätte er 1053,55 Jahre frei – bis ins Jahr 3073. Vorausgesetzt ist in dieser Rechnung eine Fünf-Tage-Arbeitswoche und der übliche Urlaub von 30 Tagen.

Resturlaub als Massenphänomen in Kölner Verwaltung

Den Jahresurlaub nicht zu komplett zu nehmen, ist in der Verwaltung ein Massenphänomen. 17.320 Mitarbeiter hätten das getan. Im Schnitt wurden dabei pro Kopf 13,4 Tage „angespart“, wie Stadt-Sprecher Jürgen Müllenberg mitteilt. Von den insgesamt 20.271 Beschäftigten der Stadt hätten lediglich 15 Prozent ihren Urlaub komplett genommen und nicht übertragen.

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Wie kommt es, dass Mitarbeiter massenhaft ihren Urlaub nicht nehmen? Den Grund kann das Personalamt nicht benennen, „da dies von den Mitarbeitenden nicht benannt werden muss und darum auch nicht erhoben wird“. Außerdem liege die Urlaubsgewährung in der dezentralen Verantwortung der einzelnen Ämter, Dienststellen und Dezernate.

Resturlaubstage bei der Stadt: Kritik vom Steuerzahler-Bund

Der Bund der Steuerzahler sieht die „bemerkenswert hohen Kölner Zahlen“ kritisch. Referent Markus Berkenkopf sagt: „Es ist wichtig, dass Mitarbeiter ihren Urlaub nehmen, um sich zu erholen. Dafür ist Urlaub da. Andernfalls könnten sie durch Überlastung krank werden.“ 

Mitarbeiter der Stadt sind häufiger krank

Städtische Mitarbeiter sind im Durchschnitt häufiger krank als Beschäftigte privater Unternehmen. Obwohl die Verwaltung seit Jahren versucht, die negative Entwicklung zu stoppen, stieg die Ausfallquote 2018 nach eigenen Angaben auf 8,74 Prozent. Der Krankenstand aller Beschäftigten in Köln betrug laut einem Bericht der Krankenkasse DAK dagegen nur 3,7 Prozent. Der Vergleich berücksichtigt nicht, dass die von den Kassen errechneten Zahlen nur solche Erkrankungen betreffen, für die ein Attest vorgelegt wurde. Für Ausfälle bis zu drei Tagen ist das in der Regel nicht vorgeschrieben. Würde die Stadt die kurzen Fehlzeiten außer acht lassen, betrüge die Quote 7,41 Prozent. Zudem arbeiten dort anteilsmäßig mehr Schwerbehinderte als in der Privatwirtschaft.

Die SPD-Fraktion führt die Situation auf „Überstunden, zahlreiche unbesetzte Stellen und immer neue Aufgaben für vermeintliche Prestigeprojekte der Oberbürgermeisterin“ zurück, so die Verwaltungsreform. (adm)

Er verweist auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Außerdem sei es problematisch, dass für den Resturlaub viele Millionen Euro an Rückstellungen im städtischen Haushalt gebildet werden müssten. „Das ist eine künstliche Belastung und ein riesiger Bürokratieaufwand.“

Stadt Köln geht weit über Tarifvereinbarungen hinaus

Die Stadt geht weit über die üblichen drei Monate hinaus, die laut der Tarifvereinbarung öffentlicher Dienst eingeräumt werden, um den Resturlaub im nächsten Jahr abzufeiern. Nach den aktuellen Bestimmungen haben die Angestellten bis zum 30. September Zeit, bei Beamten gilt sogar ein Zeitraum von bis zu 15 Monaten, also bis zum 31. März 2021. „Die städtischen Beschäftigten haben so die Möglichkeit, sich Urlaub anzusparen, um beispielsweise eine längere Reise zu planen“, heißt es dazu von der Stadt.

Das mag im Einzelfall so sein, meint der Bund der Steuerzahler. Doch das Massenphänomen des nicht genommenen Urlaubs sei vielmehr ein Hinweis darauf, dass bei der Kölner Stadtverwaltung viele Dienststellen unterbesetzt seien und einen höheren Personalbedarf hätten.