170 Ateliers gekündigtStadt Köln richtet Flüchtlingsunterkunft auf Volvo-Gelände ein

Die ehemalige Volvo-Zentrale in Köln-Rodenkirchen.
Copyright: Süsser
Köln – Die Stadt steht derzeit vor der Mammutaufgabe, eine Bleibe für die immer noch täglich ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine zu finden. Eine Massenunterkunft wie sie etwa in der Messe entstanden ist, soll akut helfen. Eine langfristige Lösung ist sie nicht. Daher benötigt die Stadt dringend weitere Orte. Platz für mehrere Hunderte Geflüchtete gibt es etwa auf dem ehemaligen Volvo-Gelände in Rodenkirchen, das schon 2016 im Zuge der Fluchtbewegungen aus Syrien und dem Irak als Unterkunft diente und noch bis 2019 als solche genutzt wurde.
Das Vorhaben, die vorhandene Infrastruktur an der Ringstraße nun wieder zu aktivieren, hat jedoch einen Preis: Die Kündigung zu Ende Juli von circa 170 Künstlerateliers, die sich dort interimsweise befinden. Das Kündigungsschreiben liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor.
Künstler von Volvo-Gelände: Verständnis für Geflüchtete
Ein Künstler, der anonym bleiben möchte, betont gegenüber dieser Zeitung, man habe vollstes Verständnis für die Not der Geflüchteten. Jedoch: „Es stehen nun 180 Künstler ohne Raum da. Ich frage mich, ob die Stadt da gegensteuert“, so der Künstler. Er beklagt, dass das Schreiben des Vermieters Kulturquartier e. V. ohne jegliche Vorankündigung eingetroffen sei und fragt sich zudem, weshalb nicht ein ungenutztes Gebäude in Frage komme.
Auf Anfrage teilt eine Stadtsprecherin mit, dass sich dieses „Gebäude besonders eignet, weil es bereits in der Vergangenheit als Unterkunft für Geflüchtete in Betrieb war und die Bauaufsicht eine kurzfristige Betriebsgenehmigung in Aussicht gestellt hat“.
Stadt Köln: Man bietet Künstlern Alternativen, wenn es welche gibt
Zu den möglichen Alternativen für die Künstler lässt die Stadt vage wissen, „dass sofern sie frei werdende Ateliers anbieten kann, diese Ateliers auch den Künstler*innen angeboten“ werden sollen. Angesichts des herrschenden Mangels an Ateliers scheint dies unwahrscheinlich, zumal die Stadt erst kürzlich mitteilte, dass derzeit rund 40 Künstlerinnen und Künstler trotz Zusage des Amts darauf warten, in ein städtisch gefördertes Atelier einzuziehen – weil die Räume noch nicht wieder frei seien. Auch privatwirtschaftlich betriebene Räume für Kreative sind Mangelware.
Andres Schmitz von Kulturquartier: Alternativen schaffen für die Künstler
„Ich hatte eine paar schlaflose Nächte“, sagt Andreas Schmitz, der mit dem Verein Kulturquartier die Organisation der Zwischennutzungen auf dem Volvo-Gelände für die dort tätigen Bauinvestoren Bauwens und Convalor übernimmt. An der Ringstraße sollen bis zu 400 Wohnungen entstehen. Bis dahin wollte man Künstlern ein Interim bieten. „Wir haben die vertragliche Kündigungsfrist von drei Monaten eingehalten. Es war immer klar, dass es nur eine Zwischennutzung ist. Leider ist der Moment der Kündigung nun viel schneller eingetreten“, so Schmitz.
Laut dem Künstler, der sich namentlich nicht äußern will, sind die meisten erst Anfang dieses Jahres eingezogen. Mündlich sei ihnen eine Nutzung bis Ende 2023 in Aussicht gestellt worden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Schmitz, der auch Geschäftsführer des Atelierhaus „Quartier am Hafen“ in Poll ist, arbeitet gerade nach eigenen Angaben an Lösungen für das Problem: Auf dem Volvo-Gelände selbst gibt es noch weitere Gebäude, die als Ausweichort für die Künstler fungieren könnten. Auch auf einem anderen ehemaligen Firmengelände in Rodenkirchen, betrieben von denselben Bauinvestoren, gebe es womöglich Alternativen.
Eine genau Zahl oder einen konkreten Zeitpunkt, an dem diese Orte bezugsfertig sind, könne er indes nicht nennen. Eins ist sicher: Alle Künstler werde man nicht unterbringen können, man werde laut Schmitz jene priorisiert behandeln, die wirtschaftlich davon abhängig seien.
Das sei „natürlich bitter“. Schmitz hätte in Poll auf seinem eigenen Gelände auch selbst Abhilfe schaffen können, wenn er dort hätte bauen dürfen. „Ich warte seit 2,5 Jahren auf eine Baugenehmigung. Die dort geplanten zusätzlichen 60 Ateliers würden jetzt für Entspannung sorgen“.