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„Green City“Köln kommt beim Ausbau der E-Taxi-Flotte nicht voran – ein Fahrer trotzt dem Trend

Lesezeit 4 Minuten
Das einzige Tesla-Taxi Kölns wird von Recep Özdemir gefahren.

Das einzige Tesla-Taxi Kölns wird von Recep Özdemir gefahren.

Ein Viertel der 1200 Kölner Taxis sollte elektrisch betrieben sein. Doch die Stadt kennt die Zahl selbst nicht – vermutlich sind es fünf.

Die Stadt Köln ist beim Umstieg auf Taxis mit Elektromotor weit von selbst gesteckten Zielen entfernt. Der im Jahr 2018 beschlossene „Green City Masterplan“ sieht vor, dass 300 Fahrzeuge „kurz oder mittelfristig“ auf Elektrofahrzeuge umgestellt werden sollen. Das entspricht etwa einem Viertel der 1160-Auto-Flotte. Auf Anfrage teilte die Stadt mit, dass nicht bekannt sei, wie viele Taxis mit elektrischem Antrieb in Köln unterwegs sind.

Aufschlussreicher ist die Auskunft von Aleksandar Dragicevic, Vorstand des „Taxi Ruf Köln“, der mit mehr als 1100 Taxis in der Stadt den Großteil koordiniert. Laut Dragicevic sind fünf dieser Taxis mit elektrischem Antrieb unterwegs. Davon sind vier Autos auf ein Projekt der Stadt zurückzuführen: Mit insgesamt 48.000 Euro förderte die Stadt die Anschaffung von vier „London Taxis“, die mit elektrischem Antrieb fahren. Hinzu kommen laut Dragicevic rund 150 Hybrid-Fahrzeuge mit teilelektrischem Antrieb. Und ein einziger Tesla: Dieser gehört Recep Özdemir.

Kölner mit E-Taxi: „Am Umsatz hat sich für mich nichts geändert“

Seit Februar ist er im Einsatz, rund 9000 Kilometer ist Özdemir bereits gefahren. „Die Rückmeldungen sind sehr gut. Die Leute sind zu 90 Prozent begeistert, den anderen zehn Prozent fällt gar kein Unterschied auf“, sagt Özdemir über sein neues Auto. Die Möglichkeit für den Umstieg hat sich für ihn zufällig ergeben: Die Solaranlage seines Vermieters kann Özdemir günstig als Ladesäule nutzen. Für einen regulären Arbeitstag lädt er sein Taxi akkuschonend zu 80 Prozent auf, in fast allen Fällen reiche das aus, erklärt er.

„Am Umsatz hat sich für mich nichts geändert“, so Özdemir weiter. Einige Vorteile gibt es dennoch. Der gelernte Orthopädietechniker musste seinen Beruf krankheitsbedingt aufgeben und machte sich kurz vor Beginn der Pandemie mit einem E-Klasse-Mercedes als Taxifahrer selbstständig. Im Vergleich sei der Tesla deutlich geräumiger – außerdem zahlt er nur noch halb so viel Spritkosten. „Einige Kunden warten auf mich, weil sie lieber mit einem Tesla unterwegs sind.“

Stadt Köln hat die erste induktive Taxi-Ladeanlage eröffnet

Laut Özdemir überlegen immer mehr Kollegen, seinem Beispiel zu folgen. „Ich kenne vier bis fünf Kollegen, die unbedingt ein elektrisch betriebenes Taxi kaufen wollen – auch, wenn die Risiken groß sind“, sagt er. Die große Hürde ist die Infrastruktur: „Zumindest an Flughafen, Hauptbahnhof und Breslauer Platz wären Ladesäulen gut“, sagt er. „Mit der Infrastruktur hakt es an allen Ecken, wir haben kaum Lademöglichkeiten.“ Für ihn persönlich sei das wegen der Lademöglichkeit zuhause kein Problem. Für die Kollegen schon.

Zumindest in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs ist die Stadt in den vergangenen Jahren aktiv geworden. Im Mai 2022 wurde in der Dompropst-Ketzer-Straße die deutschlandweit erste induktive Ladeanlage für Elektrotaxis im öffentlichen Straßenraum in Betrieb genommen. Hier können Elektrotaxis während der Wartezeit ihre Batterie nachladen, ohne dass der Fahrer aussteigen muss. „Damit wird dem Taxigewerbe eine innovative und praktikable Ladelösung angeboten, die die Antriebswende in diesem Segment voranbringen soll“, heißt es von der Stadt.

Doch der Anreiz ist offenbar nicht groß genug. Bei der Ladesäulen-Infrastruktur hängt Köln weit hinter anderen Großstädten zurück. Ein Problem, das sich auch in der Taxi-Branche bemerkbar macht. Die Stadt Hamburg etwa ist einige Schritte weiter: Ab 2025 sind hier nur noch elektrisch betriebene Taxis erlaubt. Mit einem Förderprogramm hat die Stadt die Zahl der E-Taxis binnen zwei Jahren von fünf auf 350 gebracht, weitere Programme laufen. Der Umstieg ist also vorbereitet worden.

Und Köln? Sieht sich mit weniger rechtlichen Möglichkeiten ausgestattet. Laut Personenbeförderungsgesetz gebe es keine Möglichkeit, die Konzessionierung an Verbrauchs- oder Emissionswerte zu koppeln, heißt es von der Stadt. „Ein Stadtstaat wie Hamburg hat andere regulatorische Möglichkeiten als dies die Stadt Köln hat. Eine Elektrifizierung der Taxiflotte in Köln ist derzeit eine freiwillige Aufgabe.“

Hamburg fördert Taxis mit Elektromotor erfolgreich

Eine, für die es bislang nur überschaubare Unterstützung gibt. Der Rat hat in seiner Sitzung am 6. Februar 2018 beschlossen, die „Förderung der Umstellung der Taxiflotte auf Elektrofahrzeuge“ voranzutreiben. „Durch Fördermaßnahmen soll der Taxiflotte der Umstieg auf Elektrofahrzeuge erleichtert werden. Hierzu können Kaufprämien und/oder Eco-TaxiZertifikate genutzt werden“, heißt es in dem Beschluss. Doch die Umsetzung lässt auf sich warten.

Bei den Fahrern selbst ist von einer Unterstützung für den Umstieg nicht viel zu spüren. „Das Hamburger Modell ist gut, man muss auch Geld in die Hand nehmen“, sagt Dragicevic. „Auch Ladezeit ist Arbeitszeit und wenn man konventionell an den Ladesäulen lädt, die es in Köln gibt, ist das nicht praktikabel.“ Für die allermeisten Fahrer lohnt sich der Umstieg finanziell nicht. Und die Stadt unternimmt bislang nicht viel, um an diesem Umstand etwas zu ändern.

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