StadtgeschichteDas Leben am Heliosgelände in den 1940er Jahren

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Die kleine Elisabeth vor dem Haus Heliosstraße 6

Die kleine Elisabeth vor dem Haus Heliosstraße 6

Ehrenfeld – Einst war die Heliosstraße von vielen Familien bewohnt. Eine Zeitzeugin, die einen Teil ihrer Kindheit in der Straße verbrachte, erinnert sich, wie das Leben einmal war:

Johlend stürmen die Kinder über die Heliosstraße. Es sind mehr als ein Dutzend Jungen und Mädchen. Durch eine Hofeinfahrt neben der kleineren der beiden mächtigen Fabrikhallen laufen sie zu einer großen Kokshalde. Die schwarz glänzenden Brocken sind Wurfmaterial für die Schlachten, die sie hin und wieder mit anderen Kindern hier austragen. „Ja, wir haben auch manchmal Krieg gespielt“, erinnert sich Elisabeth Kasper.

Sonst spielte man auch gern zwischen den Güterwaggons auf der anderen Straßenseite. Wo heute ein Discountmarkt steht, befanden sich Gleise, wie fast überall in diesem Teil Ehrenfelds, wo noch viele Industriebetriebe waren. „Wir haben mit Dosen und Kordel Telefonverbindungen zwischen den Wagen geschaffen“, erzählt sie weiter.

Elisabeth Kasper heute.

Elisabeth Kasper heute.

Ihre Kindheit hat sie in der Heliosstraße verbracht. Zusammen mit Dutzenden anderer Kinder, die mit ihren Familien hier wohnten. Auch der Heliosturm gehörte zu ihrem Abenteuerspielplatz. „Ja, auf den Turm sind wir auch geklettert, er war offen“, sagt sie und fügt nach einer kurzen Pause verschmitzt hinzu: „Ich weiß nicht, ob wir das durften.“

Als der Krieg in Ehrenfeld ankam

Als der Zweite Weltkrieg begann, war sie sechs Jahre alt. Schon kurze Zeit später war der Krieg tatsächlich in der Heliosstraße angekommen. Die Wehrmacht betrieb in der Rheinlandhalle eine Fahrzeug-Werkstatt. Russische Kriegsgefangene mussten hier arbeiten, streng bewacht von deutschen Soldaten. „Die waren direkt am Miele-Haus in Nummer 6. Wir wohnten nebenan“, erinnert sich Elisabeth Kasper.

Das NS-Dokumentationszentrum führt eine Liste der früheren Lager für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Die Heliosstraße ist auch darunter. 50 Gefangene seien hier gewesen. Im März und im Oktober 1944 wurde das Lager durch Bombentreffer beschädigt und war schließlich nicht mehr nutzbar. Auch die Rheinlandhalle wurde schwer beschädigt.

Das „Miele-Haus“, in dem früher tatsächlich mit Waschmaschinen und anderen Haushaltsgeräten gehandelt wurde, steht noch. „Die Russen waren nett und schenkten uns manchmal Spielzeug, das sie aus Holz für uns bauten. Kleine Tiere zum Hinterherziehen. Die konnten sogar dabei die Flügel oder den Schwanz bewegen“, weiß die 83-Jährige heute noch.

Die Heliosstraße verließ sie im Frühjahr 1944 mit elf Jahren. Flucht vor den Bomben. Die Kinderlandverschickung brachte sie bis nach Schlesien. In die Straße kehrte sie erst im Mai 1945 zurück, doch nur um festzustellen, dass ihr Elternhaus leer war. Die Seniorin erinnert sich: „An einer Mauer stand, dass die Familie jetzt irgendwo bei Bergheim lebte. Also verließen wir Ehrenfeld.“

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