Talk bei „frank&frei“Ist der Synodale Weg der Kirche in Deutschland gescheitert?

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Bischof Georg Bätzing (r.) vor dem Logo des Synodalen Wegs

  • Der Synodale Weg, auf dem die katholische Kirche in Deutschland Reformen anstrebt, geht in die Schlussphase.
  • Christiane Florin, Redakteurin des „Deutschlandfunks“ und Autorin kirchenkritischer Bücher, sagt im Interview, warum sie den Prozess zum Scheitern verurteilt sieht.
  • Bei „frank&frei“, der Talkreihe des „Kölner Stadt-Anzeiger“, diskutiert Florin mit der Göttinger Politologin Tine Stein, die auf dem Synodalen Weg als Beraterin mitwirkt.

Frau Florin, im September stand der Synodale Weg, der Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, vor dem Scheitern, weil ein Papier zur Reform der Sexualmoral bei einer Sperrminorität der Bischöfe durchfiel. Was trauen Sie dem Synodalen Weg jetzt noch zu? Christiane Florin: Ich habe dem Synodalen Weg von Anfang an wenig zugetraut. Das Format „Bischöfe und Laien sprechen miteinander“ ist mir viel zu klerikal. Die Laien hätten die Erneuerung besser selbst in die Hand genommen, ohne die Bischöfe. In der Synodalversammlung im September hat man dann ja auch prompt gesehen, wohin es führt, wenn nicht der schlichte Grundsatz gilt, „one man, one vote“ – eine Person, eine Stimme. Ich halte es für eine eigene Form des Scheiterns, dass der Prozess trotzdem weiter geht, obwohl klar ist, dass der bloße Appell an den guten Willen der Bischöfe immer an der Betonfraktion abprallen wird.

Was hätten die Laien allein denn zu Wege bringen sollen – in einer hierarchisch verfassten Kirche, in der am Ende immer die Bischöfe oder eben der Papst entscheidet?

Und was bringen sie zusammen mit den Bischöfen zustande? Das Äußerste ist die Bitte, die Bischöfe mögen die beschlossenen Reformanliegen zur Prüfung mit nach Rom nehmen. Wie bescheiden wollen die Laien noch werden? Ein Zeichen wäre es gewesen, sich von einer abgewirtschafteten Bischofskirche im moralischen Straßengraben – Stichwort: Missbrauch – zu verabschieden. Mit dem Synodalen Weg aber haben die Laien die Bischöfe aus dem Straßengraben gezogen.

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Christiane Florin

Was halten Sie vom Engagement all derer, die weiter auf dem Synodalen Weg bleiben? Mit einer von ihnen, der Politikprofessorin Tine Stein, diskutieren Sie ja demnächst bei „frank&frei“ (hier geht's zur Anmeldung) in Köln.

Ich habe großen Respekt vor diesem Engagement, die Anliegen teile ich. Nur halte ich das Vertrauen auf die Kraft des besseren Arguments für eine Illusion. Die Frage, ob die Stände- und Geschlechterordnung der Kirche abgeschafft wird, ist eine Machtfrage. Dieser Machtkampf lässt sich nicht mit hoffnungsfrohen Appellen und der Beschwörung des Heiligen Geistes gewinnen, sondern mit der profanen Überlegung: Welche Machtmittel haben Laiinnen und Laien?

Was könnte Sie am Ende doch noch von einem Erfolg des Unterfangens überzeugen?

Gesetzt den Fall, ich akzeptierte die Bischofskirche, würde ich von einem Erfolg sprechen, wenn die Bischöfe wirklich für die Beschlüsse kämpfen und sagen würden: „Wenn sich jetzt nichts ändert, dann will ich in dieser Kirche nicht mehr Bischof sein.“ Schließlich geht es da um sehr viel: um Gerechtigkeit, um Gleichberechtigung, um die Überwindung von Diskriminierungen in Lehre und Praxis. Aber ich sehe keine Bereitschaft, dafür das eigene Amt in die Waagschale zu werfen – auch nicht aufseiten der sogenannten Reformer unter den Bischöfen.

Tine Stein ist Inhaberin des Lehrstuhls für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen

Tine Stein ist Inhaberin des Lehrstuhls für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen

Wenn die alle zurückträten, dann bliebe ja nur noch die besagte Betonfraktion. Um deren Vertreter zu finden, muss man in Köln nicht weit schauen.

Sie können gleich noch weiterschauen nach Rom. Der Papst gehört auch zur Betonfraktion. Glaubt ernsthaft noch jemand, Franziskus würde substanziell irgendetwas ändern?

In Rom steht der Synodale Weg ohnehin unter dem Verdacht eines „deutschen Sonderwegs“, wofür man selbst Vergleiche mit dem Überlegenheitswahn der Nazis nicht scheut.

Bei allen Einwänden gegen den Synodalen Weg mache ich mich mit dieser Art von Kritik nun überhaupt nicht gemein. Sie ist infam, autoritär und inhaltlich falsch. Aus vielen Ländern der Erde kommen die gleichen Forderungen wie aus Deutschland. Es ist zum Beispiel Blödsinn, zu behaupten, in anderen Ländern seien die Frauen nicht so weit wie hier. Deswegen dürfe die Kirche auch ruhig weiter diskriminieren.

frank & frei: Synodaler Weg – eine Chance auf Veränderung? Mit Christiane Florin und Prof.in Dr. Tine Stein, Moderation: Joachim Frank. In Kooperation mit der Leserinitiative Publik-Forum e. V.

Montag, 7. November, 19 Uhr. Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 4-8, 50676 Köln. 

Teilnahme in Präsenz oder hybrid möglich. Anmeldung: Tel. 0221/801078-0. 

Eintritt: 10 Euro, ermäßigt/KStA-Abocard 5 Euro. 

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