„Trauriger Rekord”74 Kölner sterben 2021 am illegalen Drogenkonsum

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Drogenkonsum in einem Treppenabgang am Josef-Haubrich-Hof. (Symbolbild)

Drogenkonsum in einem Treppenabgang am Josef-Haubrich-Hof. (Symbolbild)

Köln – Am Ende war es eine Überdosis Kokain, der zum Tod der drogenabhängigen Frau führte. Die Probleme, die die Mitte-30-jährige Türkin hatte, waren zahlreich gewesen, sagt Claudia Schwieren, Geschäftsführerin des Vereins Vision, der sich um Drogenkonsumenten kümmert. Die Frau hatte auf der Straße gelebt, sich prostituiert und den Kontakt zur Familie verloren. „Sie hat sehr darunter gelitten, dass sie ihre beiden Kinder nicht mehr gesehen hat“, so Schwieren. Zuletzt konnte sie kaum noch zwischen Fantasie und Realität unterscheiden. „Sie hat Dinge gesehen, die es nicht gab.“ Weil sie Tiere auf sich wahrgenommen habe, habe sie sich selbst verletzt.

Die Frau ist eine von 74 Menschen, die 2021 am illegalen Drogenkonsum in Köln starben. Die Zahl markiert einen neuen Höchststand in der Stadt. 2019 und 2020 waren jeweils 50 Menschen am Drogenkonsum verstorben, 2018 waren es 73. „Der Sprung ist drastisch“, sagt Schwieren im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In NRW starben 2021 insgesamt 693 Menschen, en Anstieg um 73 Prozent. Das sei ein „trauriger Rekord“, zuletzt sei die Zahl vor 30 Jahren so hoch gewesen. In Köln starben laut Vision in den vergangenen 25 Jahren 1190 Menschen am illegalen Drogenkonsum.

Verein fordert mehr Drogenkonsumräume

„Auch Schwieren fordert, dass Stadt und Politik nun gegensteuern. Der kürzlich eröffnete Drogenkonsumraum am Neumarkt werde zwar von der Klientel gut angenommen. Stadtweit fehlten aber ähnliche Angebote in Vierteln wie Chorweiler, Mülheim und Kalk. In Mülheim will die Stadt noch in diesem Jahr mit zwei Bussen ein mobiles Angebot schaffen und auch in Kalk ist ein Drogenkonsumraum vorgesehen. „Die Planungen laufen hier aber schon seit 2017“, kritisiert Schwieren. „Die Mühlen der Verwaltung mahlen sehr langsam.“

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Für die Diamorphin-Ambulanz an der Lungengassen müssten die Voraussetzungen gesenkt werden, um einen Zugang zu erhalten. Derzeit müsse man intravenös Drogen konsumieren, mindestens 21 Jahre alt sein und zwei Therapien abgebrochen haben. Weiterhin sei es sinnvoll, die Konsumenten mit dem Medikament Naloxon auszustatten, ein Wirkstoff, das bei einer Überdosis angewendet werden kann. Notärzte führten es mit sich, diese kämen aber oft zu spät. Drogenkonsumenten müssten freilich geschult werden.

Drogen-Check in Apotheken?

Schieren verlangt zudem, dass in Köln das sogenannte Drug-Checking angeboten werde. Konsumenten könnten in diesem Modell ihre Drogen zum Beispiel in Apotheken auf den Reinheitsgehalt untersuchen lassen. Denn verunreinigte Drogen seien einer der Gründe, warum Konsumenten sterben. „Jeder Tod durch Überdosierung, Mischkonsum oder verunreinigte Substanzen ist ein Tod zu viel. Wir müssen endlich aufwachen und handeln“, sagt Hilde Yen, Vorstandsmitglied von Vision.

Gedenktag am 21. Juli

Der Verein Vision gedenkt am 21. Juli, in der Zeit von 12 bis 16 Uhr der Drogentoten mit einer Fest mit Musik und Gedenkzeremonie an der Neuerburgstraße in Kalk. Das bundesweite Motto lautet in diesem Jahr „25 Jahre Gedenktags - Trauer um mehr als 34.000 drogengebrauchen Menschen und weist damit auf die Zahl der Menschen hin, die seit Ausrufung des Gedenktags verstorben sind. All Städte, die sich am Gedenktag beteiligen, sind aufgerufen eine Menschenkette zu bilden und so ein Zeichen für Zusammenhalt zu setzen.

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