Versuchter Mord am SchwiegervaterAngeklagte Kölner Arztfrau spricht über Familie

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Ein Tropfen Insulin an der Nadel einer Spritze.

Ein Tropfen Insulin an der Nadel einer Spritze.

Köln – Im Prozess gegen eine Kölner Arztfrau, der versuchter Mord an ihrem Schwiegervater zur Last gelegt wird und die den Vorwurf bestreitet, hatte am Donnerstag die Angeklagte das Wort. Vor der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts sprach sie so ausführlich, dass ihre Einlassung längst nicht beendet ist; am Freitag wird sie weiter aussagen.

Die 41-Jährige soll ihren Schwiegervater am 5. Juli 2020 bei einem Besuch in dessen Haus mit dem Mittel Tavor ruhiggestellt und ihm dann eine Überdosis Insulin gespritzt haben. Der Anklage zufolge wurde der 80-Jährige, der wie sein Sohn Mediziner ist, am nächsten Morgen bewusstlos auf dem Sofa sitzend von seiner Haushälterin aufgefunden. Er habe einen irreversiblen Hirnschaden erlitten.

Gutes Verhältnis

Falls die Angeklagte die Täterin ist: Welches Motiv könnte sie gehabt haben? Nach ihrer Darstellung hatte sie alles in allem ein gutes Verhältnis zu ihrem Schwiegervater. Umso schlechter sei die Beziehung zur Schwiegermutter gewesen, die eifersüchtig über ihren Sohn gewacht habe. „Ich war ihr nicht gut genug.“ Als der Sohn im Herbst 2013 den Eltern verkündet habe, dass sie heiraten wollten, habe der Vater mit Freude reagiert: „Dann hole ich mal Champagner.“ Die Mutter habe dagegen bemerkt: „Kann man das noch verhindern?“

Nach vielen fehlgeschlagenen Versuchen wurde die Angeklagte dank künstlicher Befruchtung schwanger. Schroff habe die Schwiegermutter geäußert, das Kind werde „für mich nicht existieren“. Sie habe sich zurückgezogen und selbst dann geschwiegen, als ihr Sohn an Darmkrebs erkrankt sei. Schließlich habe sie sich am Neujahrstag wieder gemeldet und gesagt, sie habe sich Sorgen gemacht, dies aber nicht gezeigt. Nicht lange danach sei sie überraschend gestorben.

Zwei Suizidversuche

Am Todestag sei der Schwiegervater abends erschienen und habe sich im Namen seiner Frau entschuldigt. Er würde sich freuen, „wenn wir einen Neuanfang machen können“, habe er gesagt und sie in den Arm genommen, sagte die Angeklagte.

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Nach etwa drei Jahren brachte sie ihr zweites Kind zur Welt. Die Schwangerschaften verursachten bei ihr Diabetes, sie braucht regelmäßig Insulin. Seit der Kindheit machten ihr auch zahlreiche andere Krankheiten zu schaffen. Dazu gehört, dass sie nach der Trennung von ihrem ersten Mann „in ein tiefes Loch gefallen“ sei und versucht habe, sich das Leben zu nehmen; ein weiterer Suizidversuch und depressive Rückfälle seien gefolgt.

Mehrmals ließ sie anklingen, auch ihrem Schwiegervater seien Gedanken an Suizid nicht fremd gewesen. So habe er sich in einem Gespräch über jemanden, der in der Schweiz Sterbehilfe in Anspruch genommen hatte, positiv über diese Möglichkeit geäußert.

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