VogelsafariDiese Vögel zwitschern in den Kölner Grünflachen

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Vogelheader

Nabu-Experte Winfried Toedt

Köln – Wer in diesen Tagen ins Grüne geht, der wird von einem wunderschönen Gratis-Konzert empfangen: Der Frühling ist Brutzeit und deshalb singen die Stadtvögel – in der Regel die Männchen – um die Wette. Wir waren mit einem Hobby-Ornithologen des Nabu unterwegs, der erklärt, wie man erkennt, wer da trällert.

Zuerst einmal eine gute Nachricht – für eine Vogelexpedition muss man nicht weit fahren. „Die Singvögel sind in allen Kölner Grünanlagen gleich vertreten, egal ob im innerstädtischen Park oder draußen im Stadtwald. Verkehrslärm scheint ihnen nichts auszumachen. Es gibt aber Studien, die sagen, dass die Amsel in einer Umgebung mit Lärm lauter singt als üblich“, sagt Winfried Toedt vom Naturschutzbund (Nabu) Köln. Deshalb hat er den Volksgarten ausgewählt.

Vom Spatz bis zur Blaumeise

Alle klassischen Stadtvögel sind hier zu finden: Spatz, Amsel, Rotkehlchen, Zaunkönig, Buchfink, Singdrossel, Blaumeise, Kohlmeise, Ringeltaube und Stieglitz, der auch Distelfink genannt wird.

Vogelamsel

Unscheinbar, aber ein guter Sänger: die Amsel

Am leichtesten zu entdecken und zu identifizieren ist die recht große Amsel. Einige Exemplare sind auf der Wiese am Weiher zu sehen: Die Männchen mit schwarzem Federkleid und orangefarbener Schnabel, die Weibchen etwas gräulicher – in beiden Fällen eher unspektakulär. Aber: „Die Amsel ist einer der schönsten Sänger, melodiös, aber auch ein bisschen sentimental. Nicht umsonst haben die Beatles ihr mit dem Lied »Blackbird« ein Denkmal gesetzt“, sagt Toedt.

Vogelrotkehlchen

Ein Rotkehlchen 

Und da hüpft auch schon ein weiterer leicht erkennbarer Vogel auf den Ästen in der großen Platane: ein Rotkehlchen. „Ein wunderschöner Vogel. Der Gesang hört sich ein bisschen gequetscht an. Sie sind recht zutraulich.“

Vogelblaumeise

Eine Blaumeise

Und gleich nebenan zeigt sich eine kleine Blaumeise. Blauer Scheitel, blaue Flügel- und Schwanzfedern und eine leuchtend gelbe Brust, dazu eine kompakte Gestalt mit einem Gewicht von nur zehn Gramm – ein richtig niedlicher Vogel.

App erkennt Vogelstimmen

Winfried Toedt, seit 50 Jahren Hobby-Ornithologe, hört den lauten, hellen Ruf eines Zaunkönigs aus dem Konzert in den Baumwipfeln heraus. „Ein toller Vogel, ein agiles, kleines Kerlchen mit kräftiger Stimme.“ Wer sich nicht so sicher ist, wer da ruft, dem rät er zu der App „Birdnet“, die Vogelstimmen identifizieren kann. Er macht kurz den Test und nimmt den Gesang auf: Die App erkennt den Zaunkönig.

Die besten Apps zur Vögelerkennung

Nabu Vogelwelt – Vögel entdecken und bestimmen (teilweise kostenpflichtig, Gebühr geht an Nabu-Projekte)

Obsidentify – identifiziert Vögel anhand von Fotos (kostenlos)

Birdnet – identifiziert Vogelstimmen (kostenlos)

Und er hört auch noch eine Singdrossel heraus mit der typischen ständigen Wiederholung von „tweetweetweet“ und einen Buchfink mit dem „Finkenschlag – konstant und strukturiert, laut und schmetternd.

„Einer meiner Lieblingsvögel ist der Spatz, dessen Population leider stark zurückgegangen ist. Er hält sich schon immer in der Nähe von Menschen auf, zum Beispiel früher unter Hausdächern. Er ist sehr aktiv und kommunikativ und tritt oft im Verband auf. Das typische Tschilpen verbinde ich mit Jugenderinnerungen von warmen Sonnentagen.“

Vögel singen bis Mitte Juni 

Da ist diese besondere Atmosphäre: „Das Vogelgezwitscher signalisiert: Jetzt ist der Winter, die Stille vorbei. Es ist einfach schön, dieser Gesamtkomposition zu lauschen. Die Vögel singen in der Regel bis Mitte Juni. Die Zeit sollte man ausnutzen. In den heißen Sommertagen wird wieder alles still.“

In diesen Wochen kann man manchmal den Nachwuchs auf den Wiesen sehen. Winfried Toedt mahnt hier zu Abstand. „Die Singvogeljungen verlassen nach 15 bis 20 Tagen das Nest und können dann noch nicht richtig fliegen. Manchmal sieht man sie, wenn sie dicht am Boden segeln oder flattern. Das ist ganz normal, sie brauchen keine Hilfe.“ Auf keinen Fall sollte man sie mitnehmen. Auch wenn klar ist, dass nicht jeder Junge überlebt.

VogelNilgans

Nilgans mit Nachwuchs

Sehr viel lauter und größer als die heimischen Vögel sind im Volksgarten wie in fast allen Kölner Grünflächen die Eindringlinge: die kreischenden Sittiche und die lärmenden Nil- und Kanadagänse. „Die Sittiche haben sich seit den 1950er Jahren etabliert. Der Bestand ist gewachsen, möglicherweise weil Köln so viele alte Platanen hat, in deren Stammlöchern die Höhlenbrüter unterkommen.“

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Zu den Gänsen hat Winfried Toedt ein eher distanziertes Verhältnis. „Nilgänse sind recht aggressive Höhlenbrüter und vergrämen andere Wasservögel. Die Jungen der Nilgänse und Kanadagänse sind natürlich für Kinder schön zu betrachten. Das ist sehr einfach, aber auch ein bisschen zoomäßig.“

Vogelbeobachtung braucht Übung

Jedenfalls muss man da keine App bemühen, um herausfinden, was man vor sich hat. Für die kleinen heimischen Vögel braucht man da schon ein bisschen Übung. Aber Winfried Toedt rät zu einem entspannten Herangehen. „Anfänger sollten vielleicht erstmal nur mit ein paar Stimmen anfangen, sonst wird es eine Überforderung.“

Wie leicht sich Unerfahrene täuschen können, erlebt dann auch die Berichterstatterin. Glaubte sie doch, in der großen Wiese am Weiher einen interessanten Vogel mit stolz gerecktem Hals erkannt zu haben. „Das ist eine Bierflasche“, lacht Winfried Toedt. Dazu muss er noch nicht mal durchs Fernglas schauen.

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