Tanzen so besteuert wie Strip-ShowKölner Clubszene fordert Ende der Vergnügungssteuer wie in Düsseldorf

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Junge Leute feiern und tanzen bei Discobeleuchtung im Club Roonburg.

Kölner Clubs müssen eine Extra-Steuer für Tanzveranstaltungen entrichten. Düsseldorf hat diese nun abgeschafft. (Symbolbild aus einem Kölner Club)

Düsseldorf hat die Tanzsteuer abgeschafft. Das wollen auch Kölner Clubs, weil sie noch unter den Pandemie-Folgen leiden. Wie stehen die Chancen?

Eine Nacht im Club ist das gleiche wie der Besuch einer Striptease-Show. Zumindest, was die Steuern anbelangt. Denn die Veranstalter beider Events müssen an die Stadt Köln die sogenannte „Steuer auf Vergnügungen besonderer Art“ zahlen, also eine Extra-Steuer für Tanzveranstaltungen. Der Auftritt eines DJs in einem Kölner Club wird damit steuerlich gleich bewertet wie eine Tabledance-Show. Nun fordern die Interessensverbände Klubkomm (Verband Kölner Clubs) und Dehoga (Hotel- und Gaststättenverband), dass die Tanzsteuer in Köln abgeschafft wird.

Clubs in Existenzkrisen – Düsseldorf hat Steuer abgeschafft

Mathias Johnen, stellvertretender Geschäftsführer der Dehoga Nordrhein, bezeichnet die Abgabe als „überkommene Steuer, die abgeschafft gehört. Die Steuer beträgt schon mal einige tausend Euro im Jahr. Das muss, wie alles, auch erstmal erwirtschaftet werden und wird letztendlich vom Gast getragen. Unseres Erachtens ist dem Düsseldorfer Beispiel zu folgen.“ Düsseldorf hat eben jene Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen Ende Oktober abgeschafft, der Rat der Stadt Dortmund wird über die Abschaffung in seiner Sitzung am 14. Dezember beraten.

Anna Harnes, Vorständin bei der Klubkomm, sagt: „Die Steuer auf jede Veranstaltung zu entrichten ist eine große Belastung. Insbesondere nach der Pandemie, in der die Reserven der meisten Clubs aufgebraucht sind.“ Dazu würden die Betriebskosten aktuell stark steigen, viele Sanierungsmaßnahmen seien über die Pandemie liegen geblieben. Dazu kämen Rückforderungen von Corona-Hilfen. „Viele Clubs befinden sich gerade in einer Existenzkrise“, sagt Harnes. „Jedes Entgegenkommen der Stadt hilft da.“

Kölner Kämmerin erteilt Abschaffung der Steuer eine Absage

Die Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen gibt es in Köln seit 2005. Veranstalter müssen Tanz-Events anmelden. Wie hoch die Steuer ausfällt, richtet sich nach der Größe der Veranstaltungsfläche. Am Ende ist also egal, wie voll der Club war: Die Höhe der Steuer bleibt gleich. Auf Anfrage erläutert die Stadt das an einer Beispielrechnung: Die Steuer beträgt pro angefangenen zehn Quadratmetern Fläche 2,50 Euro pro Veranstaltungstag. Für eine 540 Quadratmeter große Fläche fallen für einen Veranstaltungstag allein also 135 Euro an.

2022 hat die Stadt an Vergnügungssteuern insgesamt fast 14 Millionen Euro eingenommen, teilt die Stadt mit. Auf die Entrichtung für Tanzveranstaltungen entfielen dabei lediglich rund 85.000 Euro. Doch die Stadt räumt ein: „Es ist zu beachten, dass Clubs, Diskotheken und ähnliche Einrichtungen coronabedingt in 2021 überwiegend geschlossen waren. Erst ab dem 1.9.2021 war der Betrieb wieder zulässig.“ Mittlerweile hat sich der Clubbetrieb wieder normalisiert.

Personen vor dem Eingang des Clubs „Das Ding“

Die Kölner Clubs sind nach der Corona-Pandemie wieder normal geöffnet – wie hier „Das Ding“.

Für das Jahr 2023 (Stand 3.11.2023) wurden laut Stadt Köln Vergnügungssteuerforderungen von über 130.000 Euro festgesetzt. Die Stadt spricht trotz „insgesamt schwieriger Rahmenbedingungen, wie hohen Energiekosten oder Personalgewinnungsproblemen“ von einer „Erholung der Branche“.

Stadtkämmerin Dörte Diemert erteilt der Abschaffung der Tanzsteuer eine klare Absage. „Die Vergnügungssteuer ‚Tanz‘ ist eine etablierte Steuer, zu der es keinerlei Beschwerden gibt. Eine Abschaffung ist daher – auch vor dem Hintergrund der Haushaltslage und der künftigen Herausforderungen – kein Thema“, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

„Berghain-Urteil“: Klubkomm sieht Clubs auf einer Stufe mit anderen Kulturorten

Nach „keinerlei Beschwerden“ klingen die Aussagen von Klubkomm und Dehoga allerdings nicht. „Offensichtlich hat die Vergnügungssteuer lediglich noch eine Einnahmefunktion für die Stadt“, sagt Mathias Johnen von der Dehoga. Ursprünglich sei es bei der Steuer um ein Zurückdrängen von Tanzveranstaltungen zum Schutz der Nachbarschaft gegangen, was durch moderne Schallisolation nicht mehr nötig sei. Anna Harnes von der Klubkomm denkt, dass die Besteuerung in Folge des sogenannten „Berghain-Urteils“ von 2020 womöglich sowieso keinen Bestand mehr haben könnte.

Denn statt auf einer Stufe mit Tabledance-Shows zu stehen, erwirkte der bekannte Technoclub „Berghain“ in Berlin vor dem Bundesfinanzhof 2020, dass Clubnächte steuerlich wie Konzerte zu behandeln sind. Was sich im Urteil auf die ermäßigte Umsatzsteuer bezieht, könnte laut Harnes auch auf die Vergnügungssteuer angewendet werden. „Es wäre doch komisch, wenn Clubs auf kommunaler Ebene anders behandelt werden würden als im Bund“, erklärt Harnes.

Auch in Köln werden Clubs in der Politik und der Verwaltung als Kulturorte anerkannt und wir arbeiten gut mit der Stadt zusammen. Es wäre ein starkes Zeichen, wenn die Stadt bei der Vergnügungssteuer voranschreitet und sie abschafft, um die Kölner Clubkultur zu stärken.“

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