Mülheimer SüdenWie das Großprojekt den Wohnungsbau in Köln voranbringt

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KHD Gelände

Das KHD-Gelände im Mülheimer Süden

Köln – Der Mülheimer Süden war mehr als ein Jahrhundert lang ein bedeutender Industriestandort in Köln. Nach dem Wegzug der Unternehmen soll das Gebiet links und rechts der Deutz-Mülheimer Straße in ein neues Wohn- und Büroquartier umgewandelt werden. Ein im September 2014 vorgestellter Masterplan sollte den Rahmen für das Großprojekt bilden, doch inzwischen haben sich die meisten Planungen deutlich verändert. Tatsächlich gebaut wurde bislang nur wenig.

Nach Einschätzung von Baudezernent Markus Greitemann liegt eine maßgebliche Ursache darin, dass die Baugrundstücke im Mülheimer Süden auffällig oft vom jeweiligen Eigentümer an einen anderen weiterverkauft wurden – sie verfolgten danach teils völlig andere Ziele als ihre Vorgänger. Das hatte zwar zur Folge, dass sich die gesamt Grundfläche der Neubauten von ursprünglich geplanten 425.000 Quadratmeter auf 713.000 Quadratmeter erhöhte, so dass 220 Prozent mehr Wohnungen entstehen werden als anfangs gedacht. „Trotz einer deutlichen Steigerung der Baumasse konnten die qualitativen Ziele aber nicht im gleichen Maß aufrechterhalten werden“, schreibt Greitemann in einer aktuellen Mitteilung für den Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrats.

Das hat zur Folge, dass die Gestaltung der Plätze und Freiflächen im neuen Viertel ebenso wie die der Grünflächen vernachlässigt wurde. Gleiches gilt auch für die Planung von höheren Häusern als Hochpunkten sowie für die Integration der denkmalgeschützten Industriehallen in die neuen Architektenentwürfe. Die Stadt hat deshalb ein Gremium namens „Ständige Jury“ eingerichtet, das an der weiteren Entwicklung des Mülheimer Südens beratend mitwirkt und den aktuellen Sachstand der einzelnen Plangebiete im Auge behält. Ein Überblick: 

Euroforum Nord

Für das Euroforum Nord/Cologneo I besteht seit September 2018 ein rechtskräftiger Bebauungsplan – für den Großteil der Baufelder wurden auf dieser Grundlage bereits Baugenehmigungen erteilt. Der Bebauungsplan sieht eine Mischung aus 460 Wohnungen, Gewerbeflächen, Einzelhandel, Gastronomie, Hotel, Kindertagesstätte und kulturellen Nutzungen vor. Nach Abschluss des Bebauungsplanverfahrens hat bis heute mehrfach ein Wechsel der Eigentumsverhältnisse und der zuständigen Projektentwicklung für unterschiedliche Teilflächen des Plangebietes stattgefunden. Für die einzelnen Vorhaben wurde teilweise mit der Umsetzung begonnen. „Die Bauarbeiten auf den Baufeldern an der Deutz-Mülheimer-Straße ruhen augenscheinlich seit mehreren Wochen“, so das Baudezernat. Die Stadt habe nach Erteilen der Baugenehmigungen jedoch keinen weiteren Einfluss auf den Baubeginn oder Baufortschritt der einzelnen Vorhaben. Einige gewerbliche Einheiten an der Deutz-Mülheimer-Straße sowie die Kindertagesstätte im Bereich des Grünzugs Charlier sind fertig gestellt und bezogen.

Euroforum West

Für das Euroforum West/Cologneo II wurde im Jahr 2015 ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet – bislang besteht aber noch kein rechtskräftiger Bebauungsplan. Der aktuelle Änderungsentwurf zum Flächennutzungsplan sieht hier entgegen des ursprünglichen Planungskonzepts statt Wohnungen in einem Mischgebiet die Entwicklung von Gewerbeflächen vor. Die Planung reagiere damit auf die zu erwartenden Konflikte einer Wohnnutzung mit den unmittelbar angrenzenden Hafennutzungen und insbesondere dem Werftbetrieb, so die Stadt. Neben der gewerblichen Nutzung der Flächen sind eine Grundschule sowie öffentliche Grün- und Spielflächen vorgesehen. In der Vergangenheit hat bezüglich eines Großteils der Flächen nach den anfänglichen Planungsprozessen mehrfach ein Eigentümerwechsel stattgefunden. Die Planungstätigkeiten zur Fortführung des Bauleitplanverfahrens seien seitens der Projektentwickler seit Jahren nicht weiterverfolgt worden. „Vor diesem Hintergrund ist aktuell seitens der Verwaltung nicht absehbar, wann die Fortführung des Verfahrens wieder aufgenommen wird und ein rechtskräftiger Bebauungsplan für diese Flächen das Planungsrecht schafft“, so das Baudezernat. Seit Anfang dieses Jahres bestehe seitens der Verwaltung Kontakt zu einem neuem Projektentwickler. Zunächst sei hier die weitere Abstimmung des städtebaulichen Konzepts in Verbindung mit markanten Hochpunkten und der Einbindung des Schulstandortes erforderlich.

Deutz-Areal

Nach deutlich stockenden Abstimmungen zwischen der Stadtverwaltung und dem Projektentwickler erfolgte zum Jahreswechsel 2020/2021 ein Eigentümerwechsel von der Gerchgroup auf Gateway. Seitdem werde das Bauleitplanverfahren in intensiven Abstimmungen zwischen der Verwaltung und dem neuen Projektentwickler vorangetrieben, so die Stadt. Geplant sind dort 2450 Wohnungen, Gewerbe, Einzelhandel und Gastronomie, ein Grünzug, Kindertagesstätten mit insgesamt 17 Gruppen sowie eine Gesamt- und eine Grundschule.

Windmühlenquartier

Das Windmühlenquartier ist als ehemalige Teilfläche des „Deutz-Areals“ als Teil dieses Bauleitplanverfahrens mitentwickelt worden. Da es sich bei den Flächen um unterschiedliche Eigentümer handelt, soll für das Windmühlenquartier ein eigenes Verfahren durchgeführt werden, so die Stadt. Zwischenzeitlich seien die Flächen nach Kenntnisstand der Verwaltung mehrfach veräußert oder übernommen worden. „Die konkreten Entwicklungsabsichten des jetzigen Eigentümers sind der Verwaltung nicht bekannt“, teilt das Baudezernat mit. Bei einer Wiederaufnahme der Planungen sei zunächst eine Fortführung der Abstimmungen notwendig. Das Planungsziel sei zunächst auch hier eine gemischte Nutzung mit Wohn- und Gewerbeanteilen sowie ergänzenden Nutzungen.

Lindgens-Areal

Für das Lindgens-Areal wird laut Stadt aktuell die Durchführung der Offenlage vorbereitet – ein vorhabenbezogener Bebauungsplan soll beschlossen werden. Das städtebauliche Konzept sieht neben dem umfangreichen Erhalt historischer Bausubstanz und deren Nachnutzung eine Ergänzung mit Neubauten für 360 Wohnungen und gewerbliche Nutzungen vor. Die Verwaltung führe mit der Investorin Verhandlungen über öffentlich geförderten Wohnungsbau im Plangebiet, so die Stadt.

Otto-Langen Quartier

Das Otto-Langen-Quartier gilt als zentraler Bestandteil der städtebaulichen Gesamtentwicklung im Mülheimer Süden. Der Großteil der Flächen mit den historischen Hallen und Gebäuden befinden sich im Eigentum des Landes Nordrhein Westfalen. Die Stadt Köln hat das benachbarte ehemalige KHD-Verwaltungsgebäude gekauft. Es gibt Überlegungen, dort eine Art Stadtlabor einzurichten, um unterschiedliche und kreative Nutzungen auszuprobieren. Ein Kauf der landeseigenen Flächen durch die Stadt wurde seitens des Landes mehrfach abgelehnt. „Im Mittelpunkt der planerischen Überlegungen stehen die denkmalgeschützten und erhaltenswerten Industriebauten, die in ihrer besonderen Ausprägung und Vielzahl einzigartig im Stadtgebiet sind“, so das Baudezernat.

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Nördlich Grünzug Charlier

Der Bereich ist als ehemalige Teilfläche des Bebauungsplans Otto-Langen-Quartier zunächst als Teil dieses Bauleitplanverfahrens mitentwickelt worden. Da es sich um einen weiteren Eigentümer handelt, sollte ein eigenes unabhängiges Verfahren durchgeführt werden. Zwischenzeitlich wurden die Flächen vom Projektentwickler des Deutz-Areals übernommen. Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Deutz-Areals für den Mülheimer Süden wurde mit dem Investor zunächst eine Zurückstellung des Projekts zugunsten einer vorrangigen Bearbeitung des Deutz-Areals vereinbart“, teilt die Stadt mit.

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