Bauen in der Stadt„Überall laufen Genehmigungen schnell – nur nicht in Köln“

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In Porz entstehen neue Wohnhäuser. Gemessen am Bedarf aber wird in Köln viel zu wenig gebaut.

  • Die Immobilieninvestoren Christoph Gröner und Anton Bausinger klagen über die Kölner Stadtverwaltung
  • Vor allem bei den Baugenehmigungen gebe es keine deutsche Stadt, in der er schlechter laufe
  • Ihre Forderung: "Köln muss endlich eine Manager-Stadt werden statt einer Verwaltungs-Stadt"

Köln – Herr Gröner, Sie sind in vielen deutschen Städten aktiv. Wo bekommen Sie denn am schnellsten eine Baugenehmigung? Christoph Gröner: Überall. Anders ist es nur in Köln. In Berlin haben Sie beispielsweise eine Verwaltung, die zwar nicht besonders leistungsfähig ist, aber grundsätzlich der Idee des Bauens und der Entwicklung einer Stadt verbunden. Die Politik spielt zuweilen dagegen. Dennoch habe ich in Berlin eine höhere Sicherheit, dass ich zu einem Ergebnis komme, als in Köln. Weil die Verwaltung dort die Dinge bearbeitet und dann der Politik vorlegt. Und dann gibt es ein Ja oder ein Nein. Ich komme also mit einem Ergebnis raus. In Köln ist es genau umgekehrt. Die Verwaltung macht Politik, das heißt: Sie entscheidet, ob etwas passiert oder eben nicht.

Anderswo erleben Sie das nicht?

Gröner: Nein, das ist deutschlandweit einzigartig. Das gibt es sonst in keiner einzigen Stadt. München, Leipzig, Hamburg, Mannheim, Karlsruhe, Stuttgart – überall dort laufen Genehmigungsverfahren schnell und zuverlässig. Nur nicht in Köln. Im Vergleich aller Städte, die ich kenne, gibt es keinen Standort, in dem es schlechter läuft. Und in dem die Prozesse von der Verwaltung stärker beeinflusst werden. In Köln kann man sich nicht wie anderswo auf den Gang der Dinge verlassen. Grundsätzlich ist Bürokratie notwendig für das Funktionieren eines Rechtsstaates, auch für die Gewährleistung von Rechtssicherheit im Baurecht. Übertreibt es die Bürokratie aber wie in Köln, leidet der Rechtsstaat.

Anton Bausinger: Mir fehlt der nationale Vergleich. Was ich aber wohl sagen kann, ist, dass es auch in Pulheim, in Zülpich, in Brühl oder in Hürth sehr viel besser und schneller läuft als in Köln. Der Düsseldorfer OB Stefan Keller hat mir kürzlich erzählt, wie es dort läuft: Die Verwaltung arbeitet etwas aus und legt es der Politik vor. Die Politik entscheidet – und überlässt der Verwaltung die Umsetzung. In Köln dagegen habe ihn immer genervt, dass sich die Politik permanent in die laufenden Prozesse der Verwaltung einmischt. Und das auf allen Ebenen, bis herunter in die Bezirksvertretung.

Bundesweit als Immobilienentwickler aktiv

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Christoph Gröner

Christoph Gröner ist Vorstandsvorsitzender der CG Elementum GmbH, eines bundesweit tätigen Immobilienentwicklers mit rund 600 Mitarbeitern in neun Niederlassungen, unter anderem In Köln. Der gebürtige Karlsruher machte sich bereits 1990 während seines Maschinenbaustudiums als Bauunternehmer selbstständig. 

Welche Folgen hat das für Sie als Investoren?

Gröner: So kommen halt keine Ergebnisse zu Stande. Hier werden ja selbst Bebauungsplan-Verfahren sechs, acht, manchmal zehn Jahre hinausgezögert. Normalerweise läuft es doch so: Es gibt einen Investor, der mit dem Geld kommt und der über das Grundstück verfügt. Auf der anderen Seite habe ich die Kommune, die Baurecht schaffen muss. Das führt in der Regel zu einer sehr ausgeglichenen Diskussion. Denn der Unternehmer kann ohne das Baurecht gar nichts machen. Und ganz ohne private Investoren kommt eine Kommune nicht aus. Also, normalerweise spricht man auf Augenhöhe miteinander. Nicht so in Köln: Hier finden wir gar keine Augen. Mal muss man mit dem sprechen, dann wieder mit einem anderen, dann wieder mit der Politik. Das Problem dabei: Man hat kein beständiges Gegenüber. Es gibt viele Gegenüber, die zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Forderungen stellen.

Ist es vielleicht, die Angst der Verwaltung, ein Risiko einzugehen oder gar eine Klage zu riskieren?

Bausinger: Genauso ist es. Die Verwaltung scheut es so dermaßen, irgendein Risiko einzugehen. Gerade auf der Ebene der Sachbearbeiter, wo ja die meisten Entscheidungen getroffen werden müssen, traut man sich die einfachsten Dinge nicht zu.

Macht es denn für die Bauverwaltung einen Unterschied, ob sie ihr Einfamilienhaus umbauen wollen oder ob sie 500 neue Wohnungen schaffen?

Gröner: Nein, das ist kein Argument. Das spielt keine Rolle. Dabei ist im Verwaltungsrecht ausdrücklich vorgesehen, dass herausragenden Projekten mit besonderer Bedeutung für die Allgemeinheit durchaus der Vorzug geben werden kann. Aber hier in Köln denkt die Verwaltung: Ich stelle doch nicht das Einfamilienhaus hintenan für Ihre 500 neuen Wohnungen.

Kölns Baudezernent Markus Greitemann gilt aber doch als pragmatischer Macher.

Gröner: Ja, Herr Greitemann ist ein Pragmatiker. Und wenn er einem etwas zugesagt hat, dann wird das auch umgesetzt. Wenn man aber die Probleme lösen will, die Köln in diesem Bereich hat, bräuchte man acht bis zehn Greitemanns. Die Strukturen in der Verwaltung sind so verkrustet, dass auch ein sehr pragmatischer Baudezernent da nicht einfach durchregieren kann.

Und die Oberbürgermeisterin, hat die das Problem aus Ihrer Sicht erkannt?

Gröner: Ich kenne Frau Reker gut. Und wir haben schon viele Gespräche geführt. Ich glaube aber, dass selbst sie noch nicht den Punkt gefunden hat, um sich die Verwaltung gefügig zu machen.

Bausinger: Frau Reker und Herr Greitemann stellen sich immer vor ihre Mitarbeiter. Die seien nicht das Problem, heißt es dann. Aber das ist falsch. Ein großer Teil der städtischen Mitarbeiter arbeitet nicht effizient. Und die Angst der Vorgesetzten bei der Stadtverwaltung vor ihren eigenen Mitarbeitern ist riesig. Ich weiß nicht, warum das so ist. Und ich weiß auch nicht, wovor die alle Angst haben. In der freien Wirtschaft wäre das unmöglich.

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Anton Bausinger

Anton Bausinger ist Geschäftsführender Gesellschafter der Friedrich Wassermann Bauunternehmung GmbH und der gleichnamigen Projektentwicklung GmbH in Köln. Das 115 Jahre alte Familienunternehmen beschäftigt heute rund 70 Mitarbeiter, es ist vornehmlich in Köln und der Region tätig. Bausinger ist Vizepräsident der IHK Köln.

Es fehlt an Personal und wir kriegen keine guten Leute, heißt es immer wieder bei der Stadt.

Bausinger: Das Problem haben wir doch auch. Da muss man sich halt fragen, ob man statt sechs Leuten lieber nur drei einstellt, die den Job dann aber auch gut machen. Und die dann auch das Doppelte verdienen.

Gröner: In Berlin hat es Prämien gegeben für die Zahl der bearbeiteten Baugenehmigungen. Davon hat hier noch keiner geredet. Aber man muss doch solche Anreize schaffen. Die Klagen über fehlendes Personal sind bequem. Ich muss mir aber doch überlegen, wie ich dann die Leute kriege. Und das passiert in Köln nicht.

Was müsste sich noch ändern aus Ihrer Sicht?

Bausinger: Die Stadt hat vor einigen Jahren mit den Teamleitungen eine zusätzliche Ebene in der Verwaltung eingezogen. Wir alle wissen aber, dass man eher eine Ebene rausnehmen sollte, um die Verwaltung schneller zu machen. Die Teamleitungen bringen jetzt aber zusätzlich wieder neue Bedenken in die Verfahren ein, statt einfach mal zu leiten. So kommt man doch nicht voran!

Gröner: Das ist das Zerstreuen von Verantwortlichkeiten auf verschiedene Ebenen. Damit kann dann am Schluss wirklich keiner mehr verantwortlich gemacht werden. Der Sachbearbeiter schiebt es aufs Team, das Team auf den Bürgermeister, der Bürgermeister auf den Stadtentwicklungsausschuss.

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Wie viele neue Wohnungen bräuchte dann die Stadt?

Gröner: Köln hat zurzeit rund 600000 Haushalte. Neu gebaut werden im Moment 2000 Wohnungen pro Jahr. Dazu werden vielleicht nochmal 2000 pro Jahr saniert, wahrscheinlich weniger. Wie um Himmels willen wollen wir denn bei dem Tempo im Jahr 2045 klimaneutral sein? Dazu muss die Drehzahl deutlich erhöht werden – auf 10000, vielleicht auch 20000 Wohnungen, die pro Jahr saniert, neu gebaut und an neue Energien angeschlossen werden. Wenn wir uns also den Herausforderungen der Klimawende wirklich stellen wollen, dann können wir uns diese Verwaltung nicht mehr leisten. Das muss viel, viel schneller gehen.

Dazu müsste die Bauverwaltung erstmal digitalisiert werden.

Gröner: Auf jeden Fall. Ich bringe im Moment 16 Ordner für einen Bauantrag zur Stadt. Und nach neun Monaten schickt die Stadt mir alle Ordner zurück und sagt, sie könne den Antrag nicht bearbeiten, weil eine Stellplatz-Lösung fehlt. Anderswo würde ein Sachbearbeiter anrufen und sagen, kommt doch mal vorbei, hier fehlt etwas, dann klären wir dies zusammen. Aber nicht in Köln. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich liebe diese Stadt. Aber sie nutzt ihre Chancen nicht.

Die Zahl der Bauvorschriften nimmt auch jedes Jahr zu.

Gröner: Das stimmt. Aber wieso muss mir überhaupt jemand vorschreiben, wie dick die Dämmung an meiner Wand sein soll? Und warum muss ich immer Dreischeiben-Verglasung benutzen, auch wenn ich Doppel-Verglasung viel besser finde, etwa bei der Altbau-Sanierung? Da kommt das Fenster doch direkt wieder aus den Angeln, weil es zu schwer ist. Wir müssen dahin kommen, dass mir die Stadt sagt: Herr Gröner, du hast ein Gebäude zu bauen, das eine bestimmte Menge CO2 ausstößt. Wie du das im Detail fertigbringst, ist uns aber völlig egal, nur das Ergebnis muss stimmen. Das wäre der richtige Weg. Aber so, wie wir es jetzt machen, verbrennen wir unsere Potenziale.

Bausinger: Die Stadt muss endlich eine Manager-Stadt werden statt einer Verwaltungs-Stadt. Es ist dringend notwendig, dass das System reformiert wird. Und das geht auch nicht im Klein-Klein. Man muss Köln wirklich groß umdenken.

Wie viel Zeit hat die Stadt denn dafür noch?

Gröner: Wann will Köln es lernen, wenn nicht jetzt? Die Zukunft hat begonnen und die Stadt ist nicht dabei. Köln hat doch eigentlich alles: Junge Menschen, kreative Köpfe, innovative Universitäten, große Anziehungskraft. Irgendwann aber werden die Leute dieser Stadt den Rücken zudrehen und sagen: Ich gehe dahin, wo die Dinge besser laufen.

Bausinger: Das sehe ich genauso. Das wird nicht dauerhaft gutgehen hier. Und nur vom Lebensgefühl und vom Karneval zu schwärmen, ist auf Dauer ein bisschen dünn.

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