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Kommentar

Wahl-Kolumne
Alle wollen Köln „lebenswerter“ machen – nichtssagender geht es kaum

Ein Kommentar von
2 min
Am 14. September ist Kommunalwahl (Symbolbild).

Am 14. September ist Kommunalwahl (Symbolbild).

In unserer Kolumne zur Kommunalwahl kann die Autorin nicht mehr hören, dass wir ein „lebenswerteres“ Köln bekommen sollen.

Sicher ist: Köln soll nach der Wahl eine lebenswertere Stadt werden – egal welche Partei die Mehrheit der Stimmen holt, egal wer Oberbürgermeisterin oder Oberbürgermeister wird. Denn das hat so gut wie jede und jeder auf einem Podium, im Wahlprogramm oder auf Plakaten versprochen. Allein auf die Bitte an die Bewerberinnen und Bewerber ums OB-Amt, ihre zwei wichtigsten Anliegen zu nennen, antworteten Vier, sie wollten Köln lebenswerter machen.

Soll uns das beruhigen? Sollen wir denken: Hurra, was für eine Idee, da greift mal jemand durch? Wer ist schon gegen ein lebenswerteres Köln? Sind wir nicht sogar für das lebenswerteste Köln aller Zeiten? Ist nicht sowieso jedes Leben wert, gelebt zu werden – egal wo und wie? Okay, wir schweifen ab von der Politik in die Philosophie.

In unserer Redaktion hängt als Warnung an einer Säule ein ziemlich vollgekritzeltes A4-Blatt, auf dem ein Kollege regelmäßig neue Ausdrücke notiert: „Das Tanzbein schwingen“, auch „Paukenschlag“ und passend zur Wahl den „Urnengang“. Das ist unsere „Floskel-Hölle“. Da wollen wir auf keinen Fall landen, mit dem, was wir schreiben. Das treibt uns an, genauer zu überlegen, was wir ausdrücken wollen und präziser zu werden in unseren Formulierungen. Klappt mal mehr, mal weniger.

Nach der Wahl wird Köln so „lebenswert“ wie nie

Lebenswert wollten Verwaltung und der Rat schon Straßen, Quartiere und Veedel machen, durch Begrünung, Entsiegelung, bessere Verkehrsführung, zum Wohle von Kindern und Jugendlichen und auch von Seniorinnen und Senioren. Ganz Kalk sollte schon lebenswerter werden, Chorweiler auch, und jetzt läuft das jüngste Pilotprojekt „Lebenswertes Winzerveedel – Gut unterwegs, gerne da!“ an als Ergebnis des ersten Bürgerrats der Stadt zum Thema „Mobil im lebenswerten Quartier“.

In einem größeren Format, vielleicht A2, könnte man die „Floskel-Hölle“ auch in der Stadt einrichten, an einer Litfaßsäule dann. Erster Eintrag: „lebenswert“. Das Adjektiv wird zunehmend wie eine Floskel benutzt: nichtssagend, formelhaft, als leere Redewendung. Weitere Einträge können „Aufbruch“, das „kluge Miteinander“ und „Haltung zeigen“ werden.

Das Wort „lebenswert“ in Zusammenhang mit Politiker-Plänen für Köln löst bei uns nur noch träge Gleichgültigkeit aus. Besser, man lässt die Kirche im Dorf, legt den Finger in die Wunde und redet endlich Klartext. Sie wissen, wo ich damit morgen lande.