50 Jahre „Queen“Die Rätselkönigin des Rock'n'Roll

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mercury

Freddie Mercury von Queen tritt 1979 bei einem Konzert in Hamburg

  • Vor 50 Jahren traten Queen zum ersten Mal unter diesem suggestiven Namen auf.
  • Fortan überbot die Band mit viel Willen zum Pomp die Konkurrenz.
  • Ein Rückblick auf die Geschichte der legendären Band von Christian Bos.

So gut wie jeder kann mindestens drei, die meisten Menschen können aber noch sehr viel mehr Queen-Songs mitsingen. Nur was sie bedeuten, diese Lieder, das bleibt ein royales Rätsel. Allein die „Bohemian Rhapsody“, die alles, was diese Band ausmacht, in einer knapp sechsminütigen Mini-Oper zusammenfasst, ist bekanntlich so unergründlich wie James Joyce’ „Finnegans Wake“. Ist es die Apotheose eines jungen Mannes, der wie in Dostojewskis „Verbrechen und Strafe“, Camus’ „Der Fremde“ oder Johnny Cashs „Folsom Prison Blues“ einen Mord allein um des Mordens willen begangen hat? Ist es ein faustisches Drama um die Seele des Sängers, wie es ein Beipack-Zettel in der iranischen Kassetten-Ausgabe von „Queen Greatest Hits“ vorschlägt? Hat Freddie Mercury mit dieser Song-Monstrosität sein großes, aber dann doch nur Eingeweihten vorbehaltenes Coming-out inszeniert? Ist der Mann, den er gerade getötet hat, seine heterosexuelle Fassade?

Zufällig reimender Nonsens

Oder handelt es sich etwa nur um „zufällig reimenden Nonsens“, wie Mercury selbst behauptete, um böhmische Dörfer, und das entscheidende Detail der „Bohemian Rhapsody“ ist die Tatsache, dass sie auf demselben Flügel gespielt wurde, wie zwei andere epische Songs unbestimmbarer Bedeutung, Paul McCartneys „Hey Jude“ und David Bowies „Is There Life on Mars?“ 

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Lead-Sänger Freddie Mercury (vorn) und Gitarrist Brian May.

Am 27. Juni 1970, also vor genau 50 Jahren, spielten Queen ihr erstes Konzert unter diesem Namen, wenig pompös im Rathaus von Truro, der südlichsten Stadt des Vereinigten Königreichs. In der Ankündigung des Programms zugunsten des Roten Kreuzes firmierten sie freilich noch als Smile, und ihr kongenialer Bassist John Deacon stieß erst ein halbes Jahr später dazu. Doch die von Mercury vorgeschlagene Neutaufe kann wirklich als Geburt all dessen gelten, was Queen ausmacht. Der Name, der das Oberhaupt des Commonwealth mit dem Slangwort für einen outrierten Schwulen kurzschließt, ist die ideale Chiffre für den Ehrgeiz der Band, mehr zu sein als alles, was vor ihnen kam, glamouröser, verruchter und legendärer. 

Talent im Übermaß

Queen gehörten keinem der damals populären Genres an, überboten stattdessen jedes einzelne von ihnen. Waren mehr Prog, mehr Hard Rock, mehr Glam. Später, als die Zuschauermengen immer unüberschaubarer wurden, waren Queen auch mehr Stadionrock als alle anderen. Das gelang, weil sie das Talent dazu im Übermaß besaßen. Queen sind meines Wissens nach die einzige Band, in der jedes Mitglied einen Nummer-eins-Song komponiert hat. 

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Als vorpubertärer „Technisches Quartett“-Spieler (Autos, Schiffe, Flugzeuge) ging mir die Überbietungslogik von Queen sofort auf. Selbstverständlich war das beste Album dieser Band dann auch ihre „Greatest Hits“, die einzig angemessene Verpackung für ihren bis ins Letzte ausgereizten Eklektizismus. In den vergangenen Jahren haben Brian May und Roger Taylor als die verbliebenen aktiven Mitglieder von Queen viel für die weitere Legendenbildung der Band getan.

Leider war vieles davon schwer erträglich, das alberne Musical, die schreckliche Fehlbesetzung des Blues-Shouters Paul Rodgers als Freddie-Mercury-Ersatz, zuletzt das holzschnittartige, inhaltlich feige (aber sagenhaft erfolgreiche) Biopic „Bohemian Rhapsody“. 

Dem bunt schillernden Theater, in das Queen die damals doch eher dröge Rockmusik verwandelt hatten, wird man so nicht gerecht. Aber es ist ja noch jede Menge Material zum Rätseln und Mitgrölen vorhanden.

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