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Abgesagtes Kölner Festival„Ohne Unterstützung wird es 2021 keine lit.Cologne geben”

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lit.Cologne-Veranstalter Rainer Osnowski

  • Die Veranstalter der Kölner lit.Cologne haben am Dienstag bekannt gegeben, das Festival ganz abzusagen.
  • Im Interview erläutert Festival-Chef Rainer Osnowski die Gründe für die Absage.
  • Er erzählt aber auch von den Reaktionen der Autoren auf die Entscheidung – und beschreibt die unsichere Zukunft des Kölner Literaturfestivals.

Köln – Herr Osnowski, Sie waren lange zuversichtlich, dass die lit.Cologne trotz der Corona-Epidemie stattfinden kann. Warum haben Sie sich nun doch zur Absage entschlossen?

Die Ereignisse haben sich seit Montagmorgen überschlagen. Es kam eine Meldung nach der nächsten rein. Die besorgen Besucher fragten in einem Maße nach, wie das vorher nie dagewesen ist. Innerhalb eines Tages kamen 300 Mails. Und parallel haben die ersten deutschen Autoren abgesagt, entweder aus Altersgründen oder weil sie zu einer Risikogruppe gehören. Äußerungen wie die von Minister Spahn über eine Reisewarnung für NRW zwangen sie zum Reagieren und deshalb wollten sie nicht kommen. Dazu kommen Absagen von weiteren Autoren, aber nur für diese Zeit. Diese ganze Situation hat sich bei uns niedergeschlagen. Wir können ja nicht so tun, als wären alle Spinner, und wir gehen einfach unbeirrt weiter unseren Weg. Welche anderen Faktoren haben Ihre Entscheidung beeinflusst? Wir haben auch die maßgeblichen Virologen gehört, die nicht nur davor warnen, Veranstaltungen mit 1000 und mehr Leuten durchzuführen, sondern generell davor, Veranstaltungen in der Öffentlichkeit durchzuführen, die nicht unbedingt zwingend notwendig sind. Wenn diese Erkenntnisse, die uns vermittelt werden, richtig sind, bleibt uns keine andere Wahl als abzusagen. Wie lief die Zusammenarbeit mit der Stadt in dieser Frage? Es war eine Entscheidung, die wir zusammen mit der Stadt und der Oberbürgermeisterin getroffen haben. Sie war eine sehr gute und kluge Ratgeberin. Sie hat uns nicht nur immer auf den Stand der Dinge gebracht, sondern uns auch gleichzeitig informiert, was zu erwarten ist durch die Gespräche, die sie in den Krisenstäben geführt hat. Wir wussten, wenn eine Empfehlung kommt, Veranstaltungen generell zu überdenken, dass wir dies tun müssen. Es bleibt ja so: Wir sind natürlich mit diesen vielen Besuchern, die unterwegs sind an einem Tag – wenn auch in unterschiedlichen Spielstätten – vor die Frage gestellt, ob wir das verantworten können. Und Stand jetzt können wir das nicht. Was bedeutet das für die verkauften Tickets? Das ist noch nicht klar, das werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Die Philharmonie-Gala etwa ist per Erlass abgesagt worden, das ist ja eine Weisung. Es wird ja gerade diskutiert, ob das, was die Stadt gemacht hat, auch im Ganzen eine Weisung ist. Das hat natürlich einen Einfluss auf die mögliche Rückgabe von Karten. Aber abseits von juristischen Fragen diskutieren gerade Freunde und Weggefährten der lit.Cologne die Idee einer Initiative, die sagt: Liebe Leute, wenn ihr wollt, dass dieses Festival 2021 wieder stattfinden wird, müsst ihr überlegen, ob ihr eure Eintrittskarten zurückgeben wollt oder ob ihr das als euren Beitrag für die lit.Cologne in der Corona-Krise seht. Zudem versuchen wir ja, einige große Veranstaltungen in das laufende Jahr zu verschieben. Da verlegen wir gerade Termine auf Juni bis Oktober.

Sie sprachen eben von einer Katastrophe. Wie ist die Stimmung in Ihrem Team? Es ist ja wie bei allem: In der Krise zeigt sich das wahre Gesicht des Unternehmens. Es ist ein so wunderbares Team, dass ich mir fast wünsche, wir hätten jedes Jahr eine Krise. Es ist unglaublich, wie alle zusammenstehen. Das wir ein fantastisches Team haben, war immer schon klar, aber welche Qualität das hat, zeigt sich jetzt in der Krise. Und auch die Rückmeldungen der Künstlerinnen und Künstler sind phänomenal. Wie optimistisch sind Sie, dass es 2021 eine Ausgabe geben wird? Gute Frage. Der Zuspruch ist groß, jetzt muss man abwarten, wie tragfähig das ist. Wenn aber alle zusammenstehen und sagen: Wir solidarisieren uns mit der lit.Cologne, und es kommt auch genügend an Mitteln zusammen, um das Minus auszugleichen, dann bin ich optimistisch. Köln ohne lit.Cologne ist ja nicht mehr vorstellbar. Sie ist allgemeines Kulturgut. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingt. Aber der Umkehrschluss lautet: Ohne Hilfe ist es nicht zu machen? Das muss man so sagen. Ohne Unterstützung wird es 2021 keine lit.Cologne geben. 

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