LGBTQ-Szene in Marvel-FilmWarum Disney gegenüber Saudi Arabien stur bleibt

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Szenenbild aus 'Doctor Strange in the Multiverse of Madness' 

Los Angeles – Man kann Konzerne nicht wirklich lieben oder hassen, aber die Walt Disney Company ist ja zugleich eine Marke. Und Marken dienen allein der Differenzierung von anderen Marken, sie wollen starke emotionale Reaktionen in uns provozieren, am besten natürlich positive, die dann bestenfalls zu einer Bindung führen, die länger hält als die meisten Ehen.

Der erste Film, den ich in einem Kino gesehen habe, war Disneys „Schneewittchen  und die sieben Zwerge“, der erste abendfüllende Zeichentrickfilm überhaupt. Den gucke ich immer noch gerne und kann das auch jederzeit, weil ich Disney+ abonniert habe, den Streamingdienst der Maus.  Vorbildliche Markentreue also. Für die ich mich, man will ja nicht als unkritischer Depp dastehen, immer auch ein wenig geschämt habe.

Zuletzt, als die Unternehmensleitung von ihren Mitarbeitern mehr oder weniger dazu getragen werden musste, sich gegen das von der republikanischen Mehrheit im US-Bundesstaat Florida geplante Gesetz auszusprechen, das von seinen Gegnern  als „Don’t Say Gay“ („Sag nicht schwul“) bezeichnet wird. Das bigotte Gesetz sieht vor, Themen wie sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität aus Kindergärten und dem Schulunterricht bis zur dritten Klasse zu unterbinden.

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Ärger um Themenpark in Orlando

Disney ist durch seinen Themenpark in Orlando einer der größten Arbeitgeber in Florida, hat dadurch aber auch einiges zu verlieren, wenn es sich mit dem Gouverneur des Staates anlegt. Der Konzern hat folglich gezögert, doch die Marke hat sich durchgesetzt, zum Glück.

Sehr viel entschlossener geht die Entertainment-Company vor, wenn es um die Zensur ihrer Inhalte geht. Aktuell weigert sie sich knapp zwölf Sekunden Filmmaterial aus dem kommenden Marvel-Abenteuer „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ (Foto) zu entfernen.

12 umstrittene Sekunden

Die Anfrage kam aus Saudi Arabien und es spricht alles dafür, dass das arabische Land zusammen mit Kuwait, Katar und Ägypten den Film aus ihren Kinos verbannen werden. Zumindest aus westlicher Sicht könnten die fraglichen 12 Sekunden nicht harmloser sein: In ihnen erwähnt die junge Superheldin Miss America, gespielt von Xochitl Gomez, ihre beiden Mütter. In den Comics ist America Chavez Marvels erste hispanische lesbische Superheldin.

Alles spricht dafür, dass Disney diesmal stur bleiben wird. Als dieselben Länder vergangenes Jahr verlangten, dass ein schwules Paar aus dem Marvel-Film „Eternals“ geschnitten wird, stießen sie bei dem Konzern ebenfalls auf taube Ohren. Allerdings entfernte das Unternehmen für andere Länder sämtliche Liebesszenen des Films: Zensur ist also möglich, so lange Gleichbehandlung gewährt ist.

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Als Disney vor ein paar Jahren ein Realfilm-Remake von „Die Schöne und das Biest“ in die Kinos brachte, brüstete sich die Marketing-Abteilung mit einem „schwulen Moment“ im Film. Der bestand dann daraus, dass der Charakter LeFou beim Ball ganz am Ende des Filmes sekundenlang mit einem Mann tanzend gezeigt wird. Rechte Kommentatoren werten genau so etwas gerne als „virtue signalling“ ab, als protziges Zurschaustellen moralischer Korrektheit. In diesem Fall hätte man ihnen beinahe Recht geben wollen, doch selbst diese Miniszene brachte dem Film eine „Ab 16“-Freigabe in Russland und ein Verbot in Kuwait ein – denn auch hier war die Maus stur geblieben.

Es sind solche Meldungen – neben dem wirklich unersättlichen Appetit meiner Töchter auf Superhelden-Filme –, die meiner Beziehung zur Walt Disney  Company nun neuen Aufschwung geben. So lange Disney sich weigert, Teile der Gesellschaft aus seinen Filmen zu entfernen, bin ich mit dabei.

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