Das Festival Acht Brücken beweist zum Auftakt seiner letzten Ausgabe noch einmal sein großes Potenzial.
Auftakt Acht BrückenZwischen Himmel und Erde, Leben und Tod

Dehio bei Acht Brücken
Copyright: Jörn Neumann
Das Konzert beginnt mit einem knallenden Handschlag auf die Saiten der Harfe, die lange nachschwingen, bis nichts mehr zu hören ist. Erschrak man eben noch über die herausplatzende Überfülle an Klang, herrscht anschließend Stille. Nach der Begrüßung durch den künstlerischen Gesamtleiter von Acht Brücken, Louwrens Langevoort, wirkte der Beginn von Farzia Fallahs „im selben Augenblick“ als sprechendes Klingbild auf das Ende des Festivals. Es findet zum letzten Mal statt, weil es die Stadt Köln ab 2026 nicht mehr fördert und die Betreibergesellschaft liquidiert. Fünfzehn Jahre lang wurde neue Musik verschiedenster Spielarten präsentiert.
Nun sind bis zum 18. Mai noch 34 Veranstaltungen zu erleben, Konzerte, Filme, Gespräche. Im Mai des nächsten Jahres wird es als Überhang nur noch wenige Konzerte geben, die schon nicht mehr unter dem Namen Acht Brücken firmieren. Dann ist alles verklungen, aus und vorbei, ein Kapitel Kölner Musikgeschichte zu Ende. Was folgt steht einstweilen in den Sternen. Lähmende Stille? Kreativer Neuanfang?
Der Festsaal der Wolkenburg erwies sich als mäßig geeignet
So schädlich das Aus des Festivals für die Musikstadt Köln ist, so reich an Farben zeigten sich zu Festivalbeginn die vielfältig überlagerten Ausschwingvorgänge verschiedener Instrumente im Stück der iranischen Komponistin. Hell strahlten auch die flirrenden Kontrabass-Flageoletts und silbrig sirrenden Zimbeln von Kaija Saariahos „Ciel étoilé“. Die 1952 geborene und 2023 verstorbene finnische Komponistin wird dieses Jahr mit insgesamt sechzehn Werken umfassend porträtiert. Das um Gäste erweitere Ensembles Dehio unter Leitung von Rie Watanabe spielte auch Saariahos „Terrestre“. Darin wird ein virtuoses Flötensolo (Helen Bledsoe) farblich und gestisch in die übrigen Instrumente erweitert. Am Ende balanciert höchstes Flötensäuseln über dumpfem Trommelgrollen wie zwischen Himmel und Erde, Leben und Tod.
Der voll besetzte Festsaal der Wolkenburg erwies sich als mäßig geeignet. Die Bestuhlung war extrem eng und die lautstarke Klimaanlage musste für die leise Musik abgestellt werden, sodass der langgestreckte und relativ niedrige Raum schnell stickig wurde. Den zweiten Part des vierteiligen Abends mit Ensembles der Kölner Musikszene gestaltete die Flötistin Camilla Hoitenga. Zwei Solostücke von Saariaho und eines von Malika Kishino wurden gerahmt von Liederzyklen mit Sopranistin Anna Herbst. Bei Clément Mao-Takacsʼ „Itsutsu no Tanka“ auf japanische Haikus über Spielarten der Liebe schuf das Blasinstrument mit Figurationen, Pusten und Klappern verschiedene Atmosphären zu kurzen Vokalzeilen. Bei Saariahos „Changing Light“ wurde der weit gespannte Gesang rege umspielt, betrillert, behaucht.
Das eher metaphorisch präsente Festivalthema „Licht“ machten Farah Wind und Helin Sezen Korkmaz mit „vadoze zone“ auf dem Hof der Igis-Schule Innenstadt konkret sichtbar. Zur Dämmerung samt Amselgesang verwandelte das Duo mittels Sensoren Lichtquellen in sirrende Drones, die durch Stroboskopblitze pulsierten und sich in Leuchtröhren als flackerndes Licht fortsetzten.
Den Abschluss im Saal bildete dann das ausgezeichnete Asasello Quartett. Dank quadrophoner Elektronik flatterte das Flüstern, Rauschen, Wimmern und Keifen von Saariahos „Nymphéa“ wie ein Schwarm launiger Luftgeister durch den Saal. In George Crumbs „Black Angels“ – komponiert 1970 „in tempore belli“ während des Vietnamkriegs – werden die vier Streichinstrumente dagegen zu „elektrischen Insekten“, Todesengeln, apokalyptischen Reitern. Begeisterter Applaus – und großes Bedauern über das Ende von Acht Brücken.