Bernd Alois Zimmermann-PreisStadt Köln zeichnet Simon Bahr aus

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Das Bild zeigt Simon Bahr, er schaut in die Kamera und trägt eine Brille und ein weißes T-Shirt. Im Hintergrund bunte, geometrische Formen an einer Wand.

Der Preisträger Simon Bahr

Die Stadt Köln hat Simon Bahr mit dem Bernd Alois-Zimmermann-Preis ausgezeichnet. Für die Preisverleihung wurden drei Werke des Künstlers aufgeführt.

„Die Gesellschaft hat die Verpflichtung, herausragende Kunstschaffende zu erkennen und zu fördern“. Laut städtischem Musikreferenten Hermann-Christoph Müller kommt Köln dieser Aufgabe unter anderem mit verschiedenen Förderpreisen nach. Seit 1978 vergibt die Stadt auch das Bernd Alois Zimmermann-Stipendium für neue Musik, benannt nach dem großen Kölner Nachkriegs-Avantgardisten.

Die Reihe namhafter Preisträger setzt nun Simon Bahr fort, 1994 in Hamburg geboren und seit 2018 Student für Komposition und elektronische Musik an der Folkwang Universität der Künste Essen.

Konzert des Bernd Alois Zimmermann-Preisträgers fand in der Kunst-Station Sankt Peter statt

Im Rahmen des Preisträgerkonzerts in der Kunst-Station Sankt Peter gelangten drei seiner Werke zur Aufführung. Zum rein elektronischen „Well-Planned Theft“ gestand der Komponist, es handle sich um einen „gezielt geplanten Diebstahl von geistigem Eigentum anderer“. Das Stück besteht aus kurzen Samples von Musik, die jedoch weder die rechtmäßigen Eigentümer noch das Publikum zu identifizieren in der Lage war.

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Stattdessen bildete das Fremdmaterial neue Melodien, Rhythmen und Klangmixturen. Oft ratterte, wummste, schwirrte und knallte die Elektronik wie ein alter Flipperautomat. Im ruhigen Schlussteil wurden die Samples dann so stark verkürzt, dass über sirrendem Grundklang nur noch trockene Knacklaute zu hören waren.

Simon Bahrs Stücke machen auf die Medialität von Musik aufmerksam

Simon Bahr denkt sich nicht einfach Klänge aus, sondern formt bereits bestehende Musik zu neuer. Diesen Ansatz nannte der Konzeptkünstler Johannes Kreisler einmal „Musik mit Musik“. Auch in „Remote Control“ demonstriert Bahr den totalen Zugriff auf jegliche Musik und Klänge. Keyboarderin Moena Katsufuji ruft hier per Tastendruck unterschiedliche Klangschnipsel ab: virtuose Läufe, zartes Spieluhrengeklingel, gegrölte Stadiongesänge, Sing- und Sprechstimmen. Auch ohne spieltechnische Fähigkeiten ist alles wie per Mausklick verfügbar. Bahrs Stücke haben alle eine Metaebene, weil sie mit der hervorgebrachten Musik immer zugleich auch die mediale Allgegenwart von Musik thematisieren.

Die letzte Aufführung verzögerte sich um eine gute halbe Stunde, da das Instrument von Kontrabassist Aaron Wolharn durch den Temperatursturz zwischen überheizter Sakristei und eiskalter Kirche Schaden genommen hatte. Der Kölner Bassist Constantin Herzog brachte spontan sein Instrument als Ersatz herbei und erhielt dafür zurecht stehende Ovationen. Bahrs „Mixtape“ für Flöte, Violine, Keyboard und Kontrabass changierte dann elegant zwischen Jazz, Tango, Spielmannszug, Popschnulze und Noise. Doch kaum, dass man ein Genres erkannt zu haben meinte, entzog es sich auch schon wieder. Als einer der Erfinder des musikalischen Pluralismus hätte Bernd Alois Zimmermann seine Freude daran gehabt.

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