Bjarne Mädel überzeugt als PaketboteJeder Tag ist ein Kampf

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Volker Feldmann (Bjarne Mädel)

Es gilt gemeinhin als lobenswertes Engagement, seinen Job gut machen zu wollen. Volker Feldmann hingegen fällt dieses Ansinnen regelmäßig auf die Füße. Der alleinerziehende Vater, den Bjarne Mädel im ARD-Film „Geliefert“ spielt, arbeitet als Paketbote.

Der Job ist mies bezahlt, Freundlichkeit dankt ihm niemand, Überstunden werden nicht entlohnt. Da rechnet es sich eben nicht, wenn er in der Wohnung einer netten alleinstehenden Seniorin die defekte Sicherung austauscht.

Es geht um Würde

Doch Volker geht es nicht nur ums Geld, er will trotz aller Probleme seine Würde bewahren. Und das ist gar nicht so einfach in einem Leben, in dem eine defekte Waschmaschine zu existenziellen Krisen führt und der Wunsch seines Sohnes Benny (Nick Julius Schuck), mit seinen Freunden nach Mallorca zu fahren, dem Vater schlaflose Nächte bereitet.

Menschen, die trotz Arbeit am Existenzminium leben, kommen im deutschen Fernsehen entweder als bemitleidenswerte Figuren in nachmittäglichen Scripted-Reality-Formaten oder in anklagenden Politmagazin-Beiträgen vor.

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In fiktionalen Formaten stehen sie selten im Mittelpunkt. Da sieht man eher mal jemanden, der zwar Geldsorgen hat, aber dennoch in einer schicken Altbauwohnung in der Großstadt lebt.

Autor und Regisseur Jan Fehse macht diesen Fehler nicht. Volkers Wohnung ist nicht schön, er fischt am Großmarkt aus Müllcontainern Lebensmittel, irgendwann lässt er sich auf einen zwielichtigen Zweitjob ein. Aber auch wenn jeder Tag ein neuerlicher Kampf ist, macht er weiter und bleibt sich und seien Idealen – meistens – treu. Deshalb hat man auch kein Mitleid mit dieser Figur, sondern empfindet Respekt.

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Tina (Gabriela Maria Schmeide) macht sich mit einem Backmobil selbstständig.

Respekt hat auch die dreifache, alleinerziehende Mutter Tina (Gabriela Maria Schmiede) verdient, die in der ebenfalls fürs Erste entstandenen Serie „Tina mobil“ (Regie: Richard Huber) vor ähnlichen Problemen wie Volker steht. Nach 20 Jahren verliert sie von heute auf morgen ihren Job als Verkäuferin. Was tun? Kurzentschlossen kauft sie sich ein eigenes Bäckermobil, um im Umland von Berlin die Menschen mit Brot und Kuchen zu versorgen.

Es sind sehr alltägliche Probleme, mit denen Tina und ihre drei fast erwachsenen Kinder kämpfen. Autorin Laila Stieler zeigt eine Frau, die einem so tatsächlich überall begegnen könnte. Tina ist zupackend und humorvoll, will das Beste für ihre Kinder – und macht doch auch vieles falsch.

So wie Millionen anderer Menschen in Deutschland auch. Sie ist keine Heilige des Prekariats, aber eben auch keine Idiotin, die allein Schuld hat an ihrer schwierigen Lage.

Keine trostlosen Sozialdramen

Sowohl „Geliefert“ als auch „Tina mobil“ gelingt etwas, das im deutschen Fernsehen Seltenheitswert hat. Weder der Film noch die Serie sind trostlose Sozialdramen, sie sind aber auch keine harmlosen oder albernen Komödien, die die Herausforderungen eines Lebens am gesellschaftlichen Rand als Vorlage für billige Gags nehmen.

Sie zeigen vielmehr Menschen, die Fehler machen und gemacht haben, die also nicht völlig unverschuldet in ihre jeweilige Misere geraten sind.

Aber eins wird eben auch deutlich: Das Leben ist nicht gerecht, nicht alle Fehler werden gleich hart bestraft. Und nur, weil es manche härter getroffen hat als andere, heißt das noch lange nicht, dass man auf sie herabschauen darf.

Film und Serie

Das Erste zeigt „Geliefert“ mit Bjarne Mädel an diesem Mittwoch, 13. Oktober, 20.15 Uhr. Zudem ist der Film in der Mediathek zu sehen.

Die sechsteilige Serie „Tina mobil“, in der Gabriela Maria Schmeide die Hauptrolle spielt, ist ebenfalls in der Mediathek des Ersten zu finden.

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