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Der Anruf in GeorgiaZeug zum großen Mafia-Kino

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Donald Trump Maga

Donald Trump

Köln – Man kennt die Szene aus vielen Mafia-Filmen: „Wird erledigt, Chef“, sagt der Untergebene am Telefon – woraus der Zuschauer schließen kann und soll, dass soeben ein Mord oder sonst ein Kapitalverbrechen in Auftrag gegeben wurde. Wer sich das Telefonat anhört, das der scheidende US-Präsident mit dem für die vergangene Präsidentschaftswahl zuständigen Staatssekretär im Bundesstaat Georgia führte – es wurde mitgeschnitten und als Audiostream von mehreren Zeitungen veröffentlicht –, mag sich an solche ikonischen Filmszenen erinnert fühlen. Nun wurde da kein Mord in Auftrag gegeben, sondern „nur“ eine nachträgliche Wahlfälschung. Und der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung sagte auch nicht „Wird erledigt, Chef“, sondern eigentlich immer nur „nein“ zu den Ansinnen aus dem Weißen Haus. Aber das Design ist das nämliche, und es sagt viel aus über die „Amtsauffassung“ eines Donald Trump. Und die ist – wofür es auch sonst reichlich Belege gibt – von der eines Mafiabosses nicht sehr verschieden.

Großes Kino, großes Schauspiel, große Romane

Das alles ist moralisch verwerflich und torpediert jene demokratische Prozedur, die man in einem Land der fortgeschrittenen westlichen Moderne eigentlich für selbstverständlich und auch bis in die Spitze der Ämterhierarchie vorbehaltlos akzeptiert halten sollte. Armes Amerika, wohin ist es mit dir gekommen? Jenseits dieser hochberechtigten Frage aber tut sich ein Aspekt auf, den zu würdigen viele aktuell sicher nicht die allergrößte Lust haben. Das erwähnte Genre Mafia-Film weist den Weg: Die Ära Trump, die jetzt zu Ende geht, hat – und es wird nicht lange dauern, bis sich dies offenbart – das Potenzial für großes Kino, großes Schauspiel, große Romane. Wobei freilich allemal die Gefahr einer ästhetischen Verdopplung droht, von Kino über Kino: Denn was war jene von Haus aus anders als ein Trip ins Unwirkliche, Imaginäre, Virtuelle, ins Als-ob – wobei der Präsidentendarsteller selbstredend stets auf dem Klassenniveau eines billig produzierten B-Movies agierte?  

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Wer die Ära Trump in einer künstlerischen Würdigung verarbeiten will, wird sie also – unter ebendiesem Aspekt – unschwer „besser“ machen können, als sie es in der Realität ihres Scheins war. Darin liegt eine große Chance: Vielleicht wächst der Hauptfigur dabei sogar noch jene düstere Größe zu, die ihr „im Leben“ durchaus fehlt. Damit wäre dann auch die Gefahr einer tautologischen Wiederholung gebannt.Man kennt die Szene aus vielen Mafia-Filmen: „Wird erledigt, Chef“, sagt der Untergebene am Telefon – woraus der Zuschauer schließen kann und soll, dass soeben ein Mord oder sonst ein Kapitalverbrechen in Auftrag gegeben wurde. Wer sich das Telefonat anhört, das der scheidende US-Präsident mit dem für die vergangene Präsidentschaftswahl zuständigen Staatssekretär im Bundesstaat Georgia führte – es wurde mitgeschnitten und als Audiostream von mehreren Zeitungen veröffentlicht –, mag sich an solche ikonischen Filmszenen erinnert fühlen.

Der Präsidentendarsteller agiert wie ein Mafiaboss

Nun wurde da kein Mord in Auftrag gegeben, sondern „nur“ eine nachträgliche Wahlfälschung. Und der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung sagte auch nicht „Wird erledigt, Chef“, sondern eigentlich immer nur „nein“ zu den Ansinnen aus dem Weißen Haus. Aber das Design ist das nämliche, und es sagt viel aus über die „Amtsauffassung“ eines Donald Trump. Und die ist – wofür es auch sonst reichlich Belege gibt – von der eines Mafiabosses nicht sehr verschieden.Das alles ist moralisch verwerflich und torpediert jene demokratische Prozedur, die man in einem Land der fortgeschrittenen westlichen Moderne eigentlich für selbstverständlich und auch bis in die Spitze der Ämterhierarchie vorbehaltlos akzeptiert halten sollte. Armes Amerika, wohin ist es mit dir gekommen? Jenseits dieser hochberechtigten Frage aber tut sich ein Aspekt auf, den zu würdigen viele aktuell sicher nicht die allergrößte Lust haben. Das erwähnte Genre Mafia-Film weist den Weg: Die Ära Trump, die jetzt zu Ende geht, hat – und es wird nicht lange dauern, bis sich dies offenbart – das Potenzial für großes Kino, großes Schauspiel, große Romane. Wobei freilich allemal die Gefahr einer ästhetischen Verdopplung droht, von Kino über Kino: Denn was war jene von Haus aus anders als ein Trip ins Unwirkliche, Imaginäre, Virtuelle, ins Als-ob – wobei der Präsidentendarsteller selbstredend stets auf dem Klassenniveau eines billig produzierten B-Movies agierte?

Düstere Größe in der Kunst, nicht im Leben

Wer die Ära Trump in einer künstlerischen Würdigung verarbeiten will, wird sie also – unter ebendiesem Aspekt – unschwer „besser“ machen können, als sie es in der Realität ihres Scheins war. Darin liegt eine große Chance: Vielleicht wächst der Hauptfigur dabei sogar noch jene düstere Größe zu, die ihr „im Leben“ durchaus fehlt. Damit wäre dann auch die Gefahr einer tautologischen Wiederholung gebannt.