Disney-Komponist gestorbenDas dunkle Geheimnis hinter Richard M. Shermans fröhlichen Songs

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30.07.2018, USA, Burbank: Mickey Mouse, von links, Elizabeth Gluck, Richard M. Sherman und Minnie Mouse posieren für ein Foto bei der Feier zu Ehren der Sherman-Brüder mit der Umbenennung der Disney Studios Soundstage A bei der Weltpremiere von Disneys "Christopher Robin" in den Walt Disney Studios.

Richard M. Sherman und seine Frau Elizabeth Gluck posieren mit Mickey und Minnie Mouse

„Ein Löffelchen voll Zucker“, „Ich wär gern wie du“: Die ganze Welt kennt die Kinderlieder der Sherman-Brüder. Privat hatten sie sich nichts zu sagen.

Der Öffentlichkeit präsentierten sich die Sherman-Brüder, Robert B. und der jüngere Richard M., als unzertrennlich. Eine Fassade, die niemand hinterfragte, schließlich stand ihr Name für unverschämt gut gelaunte Songs, die sie als Angestellte Walt Disneys schrieben.

Als ihr Meisterstück gilt der „Mary Poppins“-Soundtrack, vom zuckersüßen „A Spoonful of Sugar“ bis zum aufgekratzten „Supercalifragilisticexpialigetisch“. Songs, die Generationen von Kindern auf der ganzen Welt mitsingen können und nicht nur die: Walt Disney nannte das melancholische „Feed the Birds“ sein Lieblingslied, Duke Ellington arrangierte für sein Orchester ein ganzes Album mit „Mary Poppins“-Songs und John Coltrane erholte sich von seinem Jazz-Gebet „A Love Supreme“ indem er ein fröhliches „Chim Chim Cheree“ blies.

Noch stimmungsaufhellender ist die Scat-Gesangsnummer, die die Shermans drei Jahre später dem Orang-Utan King Louie in den Mund legten: „I Wan'na Be Like You“ (auf Deutsch sang Klaus Havenstein „Ich wär gern wie du“). Oder „It's a Small World“, den Ohrwurm zum gleichnamigen Fahrgeschäft in den Disney-Themenparks, angeblich das Lied, das in der Musikgeschichte am häufigsten öffentlich aufgeführt wurde.

Privat hatten sich die Sherman-Brüder, die bis zum Tod von Robert im Jahr 2012 zusammenarbeiteten, nichts zu sagen. Man stritt im Studio und ging sich ansonsten geflissentlich aus dem Weg. Der Ältere gehörte zu den amerikanischen Soldaten, die das KZ Dachau befreiten, eine Erfahrung, die seine Weltsicht nachhaltig verschattete. Zwischen seinem Bruder und ihm lägen zweieinhalb Jahre und fünf Erdzeitalter, bekannte der eher überschwängliche Richard in „The Boys“, einem Dokumentarfilm über das ungleiche Brüderpaar. Als hätte man die Handlung eines William-Faulkner-Romans nach Disneyland versetzt, wunderte sich ein Rezensent.

Am Samstag ist Richard M. Sherman im Alter von 95 Jahren in Los Angeles gestorben.

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