Einer der Großen HollywoodsOscar-Preisträger Christopher Plummer gestorben

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Christopher Plummer (1929-2021)

Christopher Plummer (1929-2021)

Köln – Christopher Plummer gehörte zu den Schauspielern, die schon immer dagewesen zu sein schienen. Seine Filmkarriere begann in den frühen 1950er Jahren, und wer ihn Jahrzehnte später, groß, schlank und stattlich gealtert, zum ersten Mal in seiner späten Paraderolle als gebrochener Patriarch erlebte, wunderte sich vielleicht, ihn im Alpenmusical „The Sound of Music“ als durch und durch anständigen Kapitän von Trapp zu sehen. Aber selbstredend gehörte beides zusammen: An das Ideal moralischer Autorität, das Plummer in den 60er Jahren verkörperte, glaubte 30 Jahre später auch in Hollywood niemand mehr.

Vom Idealtypen zur gebrochenen Figur

Plummer nahm seine Altersrolle dankbar an. Für Spike Lee spielte er in „Inside Man“ einen einflussreichen Bankier, der seinen Aufstieg mit geraubtem Nazigold begann und dieses dunkle Geheimnis in einem Schließfach begrub. Ein größerer Widerspruch zu seinem aufrechten Trapp, der beim „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland alles aufgab, um mit seiner vielköpfigen Familie nach Amerika zu fliehen, lässt sich kaum denken, gerade auch weil Spike Lee dieses Amerika im Jahr 2006 als durch und durch käuflich inszenierte. In diesem Film ist jeder bestechlich und ein Bankräuber nicht von einem braven Bürger zu unterscheiden – Plummer ließ dabei kaum einen Zweifel daran, dass die Schuld seiner Figur wie ein schleichendes Gift auf seine Umwelt wirkte.

Schon einige Jahre früher hatte Plummer seine beeindruckende Statur in den Dienst einer Kritik diskreditierter Heldenfiguren gestellt – einer Kritik, die lange vor #Metoo über keinen Zweifel erhabene Machtmenschen auf die Leinwand brachte. So spielte Plummer in Michael Manns „Insider“ den Fernsehjournalisten Mike Wallace, der seinem Image als unbestechlicher Aufklärer gerade dann nicht gerecht wird, als ein Kronzeugenbericht über die mächtige Tabakindustrie den finanziellen Interessen des Senders zu schaden droht.

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Der reale Wallace hat dieses moralische Versagen stets vehement bestritten, doch als Darsteller verfügte Plummer über eine Autorität, die er seinen Figuren geradezu lustvoll entziehen konnte. Man glaubte lieber seiner Fiktion, und in gewisser Hinsicht behielt er damit recht; auch Mike Wallaces Ruf hat durch die #Metoo-Enthüllungen gelitten.

Auf der Theaterbühne war der 1929 in Toronto, Kanada, geborene Plummer ein hochdekorierter Star, während Hollywood in ihm eher einen Nebendarsteller sah. Auf diesem Weg kam er zu einer Vielzahl an Filmrollen, darunter ein Auftritt als klingonischer General in „Star Strek“. Eine Nebenrolle trug dem damals 82-jährigen Plummer auch seinen einzigen Oscar ein: In Mike Mills Drama „Beginners“ spielte er einen Familienvater, der sich nach dem Tod seiner Ehefrau zu seiner Homosexualität bekennt und für einige späte Jahre glücklich wird. Auch dies war eine auf Lügen aufgebaute Patriarchenfigur – aber eine, die für Christopher Plummer gleich ein doppeltes Happyend bereithielt. Am Freitagabend starb der Mann, der schon immer da war und für immer bleiben wird, im Alter von 91 Jahren.

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