„Hassbotschaften und Hetze“CDU-Mitglieder im Rundfunkrat attackieren WDR

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Ein Logo des WDR (Westdeutscher Rundfunk) hängt am Funkhaus Wallrafplatz.

Die CDU-Mitglieder im WDR-Rundfunkrat kritisieren den Sender scharf und erwarten in der nächsten Sitzung des Gremiums eine Reaktion von Buhrow.

Die Kritik in einem Brief an Intendant Tom Buhrow wegen der Beiträge eines Satirikers und eines Comedians und der Berichterstattung über Starkregen ist deutlich.

Die vom Landtag NRW entsandten CDU-Mitglieder im Rundfunkrat des WDR haben sich in einem vierseitigen Brief, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt und über den der „Focus“ online zuerst berichtete, mit deutlichen Worten an Intendant Tom Buhrow gewandt.

Die NRW-Vizefraktionschefs Gregor Golland und Jan Heinisch, deren Landtagskollege Florian Braun sowie die beiden ehemaligen Abgeordneten Petra Vogt und Kirstin Korte kritisieren „antidemokratische Hassbotschaften und Hetze im Social-Media-Kanal eines WDR-Mitarbeiters; Comedy-Programm über Kindesmissbrauch und Sex mit Kleinwüchsigen; fehlende Berichterstattung und Informationsangebote anlässlich der zurückliegenden Starkregen-/Überflutungslage“.

Satiriker rief „völlig ohne Ironie zur Hetze“ gegen die CDU auf

Der Satiriker und freie Mitarbeiter des WDR, Jean-Philippe Kindler, hatte auf seinem Instagram-Kanal im Nachgang der Ereignisse an Silvester und der anschließenden Debatte die CDU mit harten Worten kritisiert und eine „Radikalisierung gegen diese Scheiß-Partei“ gefordert. „Die CDU ist unser Feind“, so Kindler. Er rufe „ganz ehrlich, völlig ohne Ironie“ zur Hetze auf. 

„Hetze und der Aufruf zur Radikalisierung gegen eine demokratische Partei passen nicht zum Auftrag des beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks, und ihre Duldung schaden seinem ohnehin schon in deutliche Schieflage geratenen Ruf weiter“, schreiben nun die CDU-Rundfunkräte an Buhrow.

Bei der Bewertung des Vorfalls spiele keine Rolle, dass die Äußerungen nicht unmittelbar im Programm des WDR, sondern auf einem Social-Media-Kanal des Urhebers getätigt wurden. „Dieser hätte ohne die intensive Mitarbeit des Urhebers beim WDR niemals die Reichweite erlangt, über die der Inhaber des Kanals heute verfügt; all seine außerhalb des WDR bestehenden Engagements sind in ihrer Quantität, vor allem aber auch in ihrer Qualität kaum geeignet, eine wahrnehmbare Zahl von Followern zu generieren.“

Der Sender teilte dazu auf Anfrage mit, er übernehme keinerlei Verantwortung für die privaten Äußerungen von wem auch immer. „Es gilt im WDR verbindlich eine strikte Trennung von redaktionellen und privaten Accounts. Auf privaten Accounts darf seit einer Neufassung der betreffenden Richtlinien auch nicht mehr der Eindruck erweckt werden, dass der WDR die Inhalte verantwortet.“

Das reicht den CDU-Mitgliedern im Rundfunkrat jedoch nicht. „Ich erwarte, dass der Intendant dazu öffentlich Stellung nimmt und eine Wertung zu dem Video abgibt. Die bisherige Kommunikation des WDR stellt uns nicht zufrieden“, sagte Florian Braun dieser Zeitung.„ Es wäre von Herrn Kindler angemessen, das Video zu löschen und sich zu entschuldigen. Das ist offenkundig bislang nicht passiert. Wenn er sich nicht davon distanziert, muss der WDR überlegen und Stellung beziehen, ob er weitere Aufträge an ihn erteilt.“

Hier werde der Grundgedanke eines demokratischen Miteinanders maßgeblich verletzt. „So darf mit keiner Partei umgegangen werden. Dafür erfahren wir in Gesprächen mit weiteren Mitgliedern des Rundfunkrats auch übergreifende Unterstützung“, so Braun.

Witze über Pädophilie und Kleinwüchsige

Zweiter Kritikpunkt des Briefes ist ein Auftritt des Comedians Moritz Neumeier, der in seinem vom WDR aufgezeichneten Solo-Programm „Lustig“ Witze über den Umgang der Gesellschaft mit Pädophilie und über Kleinwüchsige machte. „In dem betreffenden Programm thematisiert er den Umgang mit Pädophilie und das Thema Selbstjustiz. Die Reaktionen haben allerdings gezeigt, dass seine Herangehensweise als verletzend und verharmlosend wahrgenommen wird“, so die Pressestelle des WDR.

„Die Kritik nehmen wir sehr ernst und haben deshalb die Sendung nachträglich bearbeitet, die entsprechende Passage herausgeschnitten und dies auch in der Mediathek transparent gemacht.“ Der Künstler habe sich unabhängig davon dafür entschuldigt, dass seine Worte missverständlich und verletzend gewesen seien.

Auch diese Reaktion des WDR halten die Verfasser des Briefes für unzureichend. „Bei seinem vom WDR verbreiteten „Lustig“-Auftritt waren die besagten Millimeter hin zu tiefster Geschmacklosigkeit schnell übersprungen. Er selbst und auch der WDR tun die Grenzverletzung im Nachhinein mit der emotional belasteten Perspektive Betroffener ab“, heißt es in dem Schreiben.

„In diesem Fall wurde zumindest im Nachgang gehandelt, aber eben auch erst, als man von Dritten aufmerksam gemacht wurde. Für uns stellt sich hier in die Zukunft gerichtet die Frage, wie das Monitoring und Controlling funktionieren muss, um sensibel gegenüber solchen offensichtlich unangebrachten Veröffentlichungen zu sein“, so Florian Braun.

Der WDR wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, ob weitere Projekte mit Jean-Philippe Kindler oder Moritz Neumeier geplant sind.

Der WDR habe nichts aus der Flutkatastrophe 2021 gelernt

Schließlich kritisieren die CDU-Mitglieder, der WDR habe nicht angemessen über Starkregen in der zweiten Kalenderwoche dieses Jahres berichtet. Der Umgang mit den Ereignissen lasse befürchten, dass der WDR immer noch keine Lehren aus der viel kritisierten Berichterstattung in der Nacht der Flut im Juli 2021 gezogen habe. Obwohl diesmal Hochwasserlagen mit ausreichend Vorlauf vorhergesagt wurden, habe es der WDR in der maßgeblichen Nacht bei einer statischen Meldung vom Vorabend belassen. Zu allen wichtigen Fragen der Betroffen, sei der Sender stumm geblieben.

Stattdessen habe der WDR Demonstranten in Lützerath für den Samstag wegen des Starkregens das Tragen von Gummistiefeln empfohlen. Das seie eine „groteske Situationswahrnehmung der Redaktion“ gewesen. In Anbetracht„ dieser neuerlichen Fehlpriorisierung beim WDR“ bitten die CDU-Rundfunkrate Buhrow um eine Stellungnahme, „welche Konsequenzen seinerzeit bzgl. der Flutberichterstattung und ähnlicher Ereignisse gezogen wurden und vor allem, warum hier dennoch wiederum keine angemessene redaktionelle Situationseinschätzung und -gewichtung erfolgte.“

Auch diese Kritik weist der WDR auf Anfrage zurück. Die Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes sei sehr umfangreich in den Kanälen des WDR verbreitet und außerdem von den Wetterexperten des Senders in den Sendungen „WDR aktuell“ und „Aktuelle Stunde“ eingeordnet worden. „In unseren journalistischen Angeboten haben wir bereits vormittags Sonderinfos gesendet und im Rahmen der Wetterberichte das Hochwasser thematisiert. Bei WDR 2 gab es zusätzlich bis 23.30 Uhr regelmäßige Sonderberichte unserer Wetterredaktion“, so die Pressestelle.

Die WDR-Wetterredaktion und der WDR-Newsroom seien in der betreffenden Nacht mit zusätzlichem Personal im Sender anwesend gewesen, um jederzeit auf eine veränderte Lage reagieren zu können. Der WDR-Newsroom habe unter anderem direkten Kontakt mit Leitstelle und Einsatzleitung vor Ort im Märkischen Kreis aufgenommen und von dort die klare Einschätzung erhalten, dass die Feuerwehr vor Ort die Situation vollständig im Griff habe. 

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