Die herrlich schrägen Flugobjekte des spanischen Künstlers Josep Riera i Aragó sind jetzt in der Kölner Galerie Boisserée zu sehen.
Kölner AusstellungSchöner fliegen mit dem Künstler Josep Riera i Aragó

Josep Riera i Aragó 'Avió allargat a la platja' (Horizontales Flugzeug am Strand) Mischtechnik auf Jute und Holz 2014 89 x 130 cm sign. dat.
Copyright: Galerie Boisserée/ VG Bild-Kunst
Vom Fliegen träumt der Mensch, seit ihm der erste Vogel auf den Kopf schiss, aber eingezwängt in den Sitzreihen eines modernen Urlaubsjets überkommt ihn dann vielleicht weniger ein triumphales Hochgefühl als die Melancholie der Erfüllung. So hatten wir uns das Fliegen eigentlich nicht vorgestellt – so wenig majestätisch, elegant und schwerelos. Stattdessen bleibt die bittere Erkenntnis, dass wir nur in der Fantasie wirklich frei wie Vögel sind.
Wahrscheinlich rührt daher unsere Liebhaberei für flugunfähige Flugobjekte, wie sie schon Leonardo da Vinci entwarf und der vor gut drei Jahren verstorbene belgische Künstler Panamarenko aus allen erdenklichen Materialien schuf. In ihnen leben die gleichermaßen poetischen wie tragikomischen Versuche der Luftfahrtpioniere fort, sich allein mithilfe von Muskelkraft, Flügeln und Propeller in unbekannte Höhen aufzuschwingen. Einen Bruder im Geiste fand Panamarenko im katalanischen Maler und Bildhauer Josep Riera i Aragó. Dessen fragile Konstruktionen erinnern freilich auch an die farbenfrohen Einzellerkulturen seines Landsmanns Joan Miró.
Josep Riera i Aragó fertigt seine Flugobjekte in allen Größen an
Unter dem Titel „Der Traum-Reisende“ sind jetzt in der Kölner Galerie Boisserée zahlreiche Flugobjekte aus der Werkstatt Josep Riera i Aragó zu sehen. Deren Prototyp ist rasch beschrieben: Ein zweiflügeliger, farbig bemalter Propeller hängt an einer dünnen, waagerechten Eisenstange, die mit einer zweiten Stange im exakten Winkel von 90 Grad verbunden ist; dieses schlanke Bein ruht wiederum auf einem schmalen, für das Gleichgewicht des gesamten Gebildes viel zu kleinen Rad. Riera i Aragó folgt hier dem Bauprinzip einer am Stängel geknickten Blume, um es immer wieder zu variieren. Mal stecken zwei Räder auf einer Achse, mal sitzt das Flugzeug auf zwei Storchenbeinen; gelegentlich ist ein länglicher Körper mit verbaut, und auch die Propellerfarben wechseln einander ab. Das Gestänge ist hingegen in Grau oder Schwarz gehalten.
Riera i Aragó fertigt seine Flugzeuge aus Bronze, Messing oder Eisen mittlerweile in allen Größen an. Es gibt sie als Miniatur für die Anrichte oder als monumentale Andeutung im öffentlichen Raum. Der Prototyp nimmt gleichwohl Maß an der menschlichen Statur; man soll zumindest davon träumen können, auf dem Rücken der Objekte davonzufliegen. Bei Boisserée sind zudem eine Reihe von „Entwurfsskizzen“ zu sehen, auf denen Riera i Aragó seine zerbrechlichen Luftvehikel mit Öl auf grobe Leinwandstoffe bannt. Bei diesen Gemälden schlägt seine katalanische Herkunft besonders deutlich durch: Die Farben wirken so erdig und ausgedörrt wie bei Antoni Tàpies.
Auch einen Seitenblick auf das übrige Werk Riera i Aragós ermöglicht die Kölner Ausstellung. Außer Flugobjekte baut der Katalane vor allem Tauchboote, die uns, jedenfalls in Gedanken, statt in unerreichbare Höhen in unerforschte Meerestiefen führen sollen. Das bronzene „Submarine“ mit den Maßen eines kleinen Krokodils hat allerdings schon bessere Tage gesehen. Löchrig und mit Patina überzogen, wirkt es wie vom Meeresgrund geborgen. Mit Träumen kann man eben auch Schiffbruch erleiden. Aber das macht nichts. Bei Riera i Aragós lernen wir, dass nur derjenige scheitert, der gar nicht erst zu träumen wagt.
„Josep Riera i Arago. Der Traum-Reisende“, Galerie Boisserée, Drususgasse 7-11, Köln, Di.-Fr. 10-18 Uhr, Sa. 11-25 Uhr, bis 4. März.