Nach neun Jahren Schließung wurde am Dienstagabend, den 16. Dezember 2025, die Bonner Beethovenhalle wiedereröffnet.
Kostendesaster in BonnBeethovenhalle eröffnet – nur die Mieten kann sich keiner leisten

Blick auf die wiedereröffnete farbig beleuchtete Beethovenhalle Bonn
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„Danke – endlich“, rief Bonns Generalmusikdirektor Dirk Kaftan bei seiner kurzen Ansprache zur Wiedereröffnung der Bonner Beethovenhalle nach neun Jahren Schließung aus. Zuvor versprach Bonns Oberbürgermeister Guido Déus, dass das Kostendesaster – die Kosten stiegen von geschätzten 61 Millionen Euro auf 221 Millionen – einen Lernprozess in Politik und Verwaltung auslösen werde, der, möchte man hinzufügen, das ganze Land erfassen sollte von Stuttgart 21 bis zur Kölner Oper. 9,5 Millionen DM kostetet die Halle 1959, wovon die Bonner Bürgerschaft eine für die damalige Zeit unfassbar hohe Summe von 1 Million an Spenden beisteuerte.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wies darauf hin, dass die Halle nicht nur Konzertsaal sei, sondern Wahrzeichen der Bonner Republik, wurden dort doch vier seiner Amtsvorgänger gewählt. NRWs Kulturministerin Ina Brandes fiel ein, dass die Wiedereröffnung am 16. Dezember mutmaßlich auf Beethovens 255. Geburtstag fiel. Der Taufeintrag lautet nämlich auf den 17. Dezember. Die Ministerin zog den Vergleich zur Elbphilharmonie und war sich sicher, dass auch die Beethovenhalle wieder zu einer Ikone der Stadtlandschaft werden könne.
Intendant des Beethovenfestes sieht Finanzprobleme auf sich zukommen
Sie hoffte, dass dort nicht nur Hochkultur, die der Generalmusikdirektor in seiner Ansprache lieber als „Tiefenkultur“ bezeichnen wollte, stattfinden werden, sondern auch Karneval. Aber die Vereine haben schon gesagt, dass die Mietpreise für die Halle, die die Betreibergesellschaft BonnCC festlegt, viel zu hoch seien. Auch der Intendant des Bonner Beethovenfestes Steven Walter sieht Finanzprobleme auf sich zukommen, wenn die Halle künftig Hauptspielstätte des Festivals wird.
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All diese Diskussionen zum Trotz, die den 1600 Festgästen natürlich präsent waren, war die Stimmung bei der Wiedereröffnung festlich heiter. Wenn man in das übersichtliche Foyer hineinkommt, hat man den Eindruck, man betrete einen geschmackvollen Neubau von hervorragender Architektur, einer Mischung aus organischen und sachlichen Formen, die sich im Großen Saal fortsetzen mit den japanischen Sen-Holzvertäfelungen, dem Holzboden aus mit Raucheiche und der skulpturalen Akustikdecke. Der Saal wirkt nicht bombastisch, sondern fast heimelig. Das Parkett ist flach, trotzdem hat man den Eindruck auch in der 20. Reihe nah am Podium zu sein.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier während seiner Ansprache zur Wiedereröffnung der Beethovenhalle Bonn.
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Der Architekt Siegfried Wolske, ein Schaorun-Schüler, der im Alter von gerade 29 Jahren den Wettbewerb gewann, hat ein Gebäude geschaffen, das, so wie es in den letzten neun Jahren saniert und restauriert wurde, auch heute noch Gültigkeit beanspruchen kann, ohne dass man das Gefühl hat, man bewege sich in historischer Umgebung, sodass sich sogar eine Spur von Elbphilharmonie-Gefühl einstellt.
Die große Frage beim Wiedereröffnungsabend war natürlich, wie der Große Saal klingen würde. Die Akustik des Saals war nach dem Brand von 1983 stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Jetzt hat man die Bühnenrückwand akustisch wieder geöffnet und auch eine Nachhallanlage installiert, sagte der Projektleiter Steffen Göbel, der das Projekt in den letzten Jahren leitete, nachdem das Architekturbüro Nieto Sobejano Arquitectos 2024 nach einem Honorarstreit ausgestiegen war.

Blick in die wiedereröffnete Beethovenhalle Bonn vor der Veranstaltung.
Copyright: Thomas Banneyer/dpa
Bei Beethovens Prometheus-Ouvertüre hörte man zu Beginn massive Paukenschläge, die der Saal aber gut vertrug, ohne dass irgendetwas schepperte. Der Orchesterklang war dann (in der 20. Reihe) basslastig. Fast hatte man den Eindruck, ein Subwoofer sei eingeschaltet worden. Der Eindruck einer gewissen Tiefenlastigkeit blieb auch bei Beethovens viertem Klavierkonzert bestehen. Man hatte mit dem aus Bonn stammenden Fabian Müller einen der besten Pianisten seiner Generation engagiert. Seine Spezialität ist das auf die Tasten hingeworfene perlende Klavierspiel, mit dem er bei Beethoven einen Schuss Impressionismus beimischte und im zweiten Satz Triller in den Saal regnen ließ. Das Beethoven Orchester Bonn wollte sich aber nicht so recht auf diese Leichtigkeit einlassen. Da rumpelte es dritten Satz gewaltig, was man auch als bewusst gestalteten Gegenpol zum Klavier empfinden konnte. Aber weder im Klavierdiskant noch in hohen Streicherklängen stellte sich klangliche Brillanz ein.
In dieser Weise ein wenig skeptisch gestimmt, hoffte man auf das Hauptwerk des Abends, Mahlers Sinfonie Nr.2 („Auferstehungssinfonie“). Dirk Kaftan hat das Werk, wie er sagte, ausgewählt, als Akustiktest für den Saal. Das Orchester war nun viel größer besetzt, an der Bühnenkante saß eine Phalanx von Geigen, weiter hinten staffelten sich die Holz- und dann die Blechbläser, und es gab sogar ein Fernorchester. Und plötzlich klangen die Streicher im ländlerartigen zweiten Satz transparent und zugleich brillant. Da wurde man im vierten Satz „Urlicht“ in einen schönen tiefen Bläserchoral gebettet, um nur weniger Takte weiter von einem dissonanten Sforzato-Fortissimo-Akkord durchgeschüttelt zu werden. Dirk Kaftan steuerte durch die 90 Minuten-Sinfonie mit Übersicht und sichtlicher Freude am Tun mit seinen Musikerinnen und Musikern in, wie er es ausdrückte, seinem neuen musikalischen Wohnzimmer, das er ja erst jetzt kennenlernte. Seit 2017 führt er das Bonner Beethoven Orchester an und tourte bis jetzt unermüdlich durch alle möglichen Ersatzspielstätten vom World Conference Center, über das Opernhaus bis zum Telekom-Forum und dem Base-Camp-Hostel.
Mahlers „Zweite“ schloss mit Chor und Frauensoli auf Klopstocks Auferstehungsgedicht, gesungen vom Bundesjugendchor, Katerina von Bennigsen und Gerhild Romberger. Stimmen und Instrumente waren jeweils gut hörbar und tragend, sodass der Große Saal der Beethovenhalle unbedingt auch für Oratorien-Aufführungen taugt.
Das Beethoven Orchester Bonn hat der kroatischen Komponistin Sara Glojnarić für die Wiedereröffnung einen Kompositionsauftrag erteilt. Das Werk ist aber nicht rechtzeitig fertig geworden, so als zeitgenössischer Beitrag bei der Wiedereröffnung von ihr das etwas ältere Stück „Everything, Always“ gespielt wurde, in dem auch elektronische Klänge zum Einsatz kommen, sowie die Stimme der Komponistin vom Band. Man hört, wie sie sich in einer Art Brainstorming verschiedene Klänge für das Stück ausdenkt, die das Orchester dann wie auf Kommando umsetzt oder in Dialog mit der Elektronik tritt. Das Ganze erinnerte ein bisschen an die nie ganz ernst zu nehmenden musiktheatralischen Kreationen von Mauricio Kagel. Auch Sara Glojnarićs Stück nahm das Publikum amüsiert auf.
Alles in allem ein langer vierstündiger Abend mit schönen Eindrücken und dem Gefühl, dass hier etwas gelungen ist, und man nicht dem früher einmal angedachten Festspielhaus nachtrauern muss. Hoffen wir für Kölns Oper im September 2026 auf etwas Ähnliches.

