Markus Gabriel bei der phil.cologneGegen die menschliche Selbstausrottung – nur wie?

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Der Philosoph Markus Gabriel im Gespräch mit Cai Werntgen bei der phil.cologne 2022.

Köln – Der Philosoph Markus Gabriel ist so etwas wie der neue Superstar seiner Zunft. Nicht ganz zu Unrecht nannte ihn Moderator Cai Werntgen beim Gespräch auf der Phil.Cologne am Freitagabend den „Rekordmann der Philosophie“. Auf der Bühne des Klaus-von-Bismarck-Saal im WDR Funkhaus spannte er mit ihm gemeinsam den ganz großen Bogen und suchte auf dem Grund anthropologischer Überlegungen nach einem Ausweg aus dem überwältigenden Krisengewebe zwischen Corona, Klimawandel und atomarer Bedrohung. Es entwickelte sich ein unterhaltsamer und anregender Abend, der trotzdem unbefriedigend endet.

Vorgeschmack auf neues Buch „Der Mensch als Tier“

Den Ruf als „Rekordmann der Philosophie“ erarbeitete sich Gabriel nicht nur, weil er mit seiner Berufung an die Universität Bonn 2009 mit nur 29 Jahren zum deutschlandweit jüngsten Lehrstuhlinhaber im Fach Philosophie wurde, sondern auch, weil er es regelmäßig schafft, fundamentale philosophische Fragestellungen rhetorisch brillant und humorvoll einem breiten Publikum zu vermitteln.

Bei der phil.cologne gab er den Zuschauern in einem assoziativen Parforce-Ritt ein Vorgeschmack auf sein im Herbst erscheinendes Buch „Der Mensch als Tier“. Auch wenn Gabriel immer wieder versucht, seine anthropologischen Argumente durch lebensnahe Beispiele zu pointieren – nicht immer fällt es leicht, seinen dichten Thesen zu folgen, die er in Auseinandersetzung mit knapp 3000 Jahren philosophischer Tradition erarbeitet hat.

Alles zum Thema Klimawandel

Fundamentale „Krise der Menschheit “

So viel allerdings wird klar: Der Philosoph sieht die Menschheit im „Hamsterrad der Selbstzerstörung“ gefangen. Corona, Krieg und Klimawandel seinen nur Symptome einer fundamentalen „Krise der Menschheit selbst.“ Um aus dieser Krise herauszukommen, brauche es ein „neues zivilisatorisches Modell.“ Zeitenwende könne nicht bedeuten, einfach nur 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr zu pumpen.

Erst mit einem neuen Blick auf die hyperkomplexe Verklammerung des Menschen mit der Natur, könne ein neues Selbstportrait gewonnen werden. Und erst dann können Lösungen für das überwältigende Krisenkomplex gefunden werden, dass uns gegenübersteht.

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Gabriel definiert den Menschen zuvorderst als „geistiges Wesen“ und betont die Fähigkeit zu kritischer Reflexion, zur Vernunft und zur Moral.

Der Mensch müsse sich zu einer „neuen Aufklärung“ emporschwingen, in der er seine moralischen Erkenntnisse wieder ernst nehme. „Neue Aufklärung heißt, dass wir unsere Erkenntnis mit Handlungen verkoppeln“, so Gabriel. Der erste Schritt sei schon getan, wenn wir die Konsequenzen unserer Handlungen, etwa beim Klimawandel, in den Blick nähmen.

Lösungsansätze bleiben vage

Während unser moralischer Apparat dazu in der Lage sei, das Wahre und Richtige zu erkennen, würden wir daraus keine politischen und wirtschaftlichen Schlüsse ziehen. Dort, in der Sphäre von Politik und Wirtschaft herrsche das amoralische Kalkül technologisch-rationaler Prozesse. Das müsse sich ändern.

Dieses Plädoyer für mehr Vernunft und Moral in der Politik klingt zwar gut, welche konkreten politischen Lösungsansätze daraus folgen, bleibt aber vage.

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