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Kommentar zu Travis ScottDas Altamont des Hedonisten-Hip-Hops

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Travis Scott am Freitagabend auf der Bühne in Houston 

Es war während des ersten Lockdowns, im April 2020, und  Travis Scott war ein Gott. Zumindest trat der Rapper als solcher im Online-Spiel Fortnite auf, schleuderte als überlebensgroßer Avatar Blitze, ließ Feuer regnen unter den winzigen digitalen Inkarnationen seiner Fans. Man sah die Zukunft des Konzerts unter pandemischen Bedingungen, ein virtuelles Woodstock.

Jetzt hat Travis Scott sein Altamont erlebt, das von den Rolling Stones organisierte Westküsten-Woodstock, das in Mord, Panik und schlechten Trips endete.

Scott performte noch 40 Minuten

Jedenfalls macht der Vergleich in den amerikanischen Medien gerade die Runde: Acht junge Menschen starben am vergangenen Freitagabend während seines Auftritts in Houston, mehr als 300 wurden verletzt. Seine Fans erlitten Herzstillstände, wurden zerquetscht und zertrampelt, doch Scott zog scheinbar ungerührt seine Show durch: Um 21:30 erreichten die Behörden erste Berichte von Verletzten in der dicht gedrängten Masse von 50 000 Menschen, Scott beendete sein Set erst 40 Minuten später.

Scotts Fans nennen sich „ragers“, „Rasende“. In einem drei Jahre alten Track hatte er geprahlt: „Es ist kein Mosh Pit, wenn sich niemand verletzt/ Ich bring sie zum Stagediving  bis die Nasen bluten.“ Das klingt jetzt, als hätte er das Unglück selbst heraufbeschworen.

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Man sollte solche vermeintlichen Omen freilich nicht überinterpretieren. Was sie jedoch in aller Deutlichkeit zeigen, ist das Modell des zeitgenössischen Trap-Raps, in welchem Fans vor allem als Heizmaterial wahrgenommen werden, dass die aufgeblähte Gestalt des hedonistischen Hip-Hop-Gotts in immer höhere Sphären steigen lässt.

Es war nicht alles hohl, nicht zuletzt Travis Scotts 2018er Album „Astroworld“ bleibt ein Monument seiner Zeit. Aber die ist mit dieser vermeidbaren Katastrophe auf dem Festival, das seinen Namen trägt, nun endgültig vorbei.