Museum Schnütgen beheimatet zwei SchreineKaiserlicher Glanz in Köln

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Albinusschrein, ein goldener Schrein, der mit Säulen dekoriert ist und wie ein kleines Gebäude sieht.

Der Schrein des Heiligen Albinus

Wegen der Restaurierung von St. Pantaleon bereichern die Schreine der Heiligen Albinus und Maurinus eine Ausstellung im Museum Schnütgen. Die Leihgaben treten dort in Dialog mit anderen Ausstellungsstücken.  

Dauerbaustellen sind in Köln ja eigentlich vor allem ein großes Ärgernis. Den Direktor des Museum Schnütgen, Moritz Woelk, macht eine allerdings zurzeit ziemlich glücklich. Da die Kirche St. Pantaleon seit April 2020 aufwendig restauriert wird, sind zwei Prachtstücke Kölner Goldschmiedekunst zurzeit gewissermaßen heimatlos und drohten ein trostloses Dasein im Depot zu fristen. Doch nun entfalten die Reliquienschreine der Heiligen Albinus und Maurinus wieder dort ihre Wirkung, wo sie hingehören – in einer Kirche. Im Museum Schnütgen treten die romanischen Kirchen St. Pantaleon und St. Cäcilien über diese Leihgaben in einen Dialog.

Freunden des Museums werden die beiden Kostbarkeiten sofort bekannt vorkommen, waren sie doch wesentliche Bestandteile der Sonderausstellung „Magie Bergkristall“. Doch „die romanischen Hauptwerke der Goldschmiedekunst in Köln“ laden, wie Erzdiözesankonservatorin Anna Pawlik betont, zu vielen weiteren Entdeckungen ein. Sie entstanden Ende des 12. Jahrhunderts und damit rund 100 Jahre vor dem Dreikönigenschrein. Nur sehr wenige Schreine aus dieser Zeit sind erhalten, und sie erzählen viel über die Geschichte Kölns. Der heilige Maurinus etwa erlitt laut einer Inschrift, die beim Neubau der Kirche St.Pantaleon im Jahr 966 gefunden wurde, im Atrium der Kirche das Martyrium.

Gebeine des heiligen Albinus waren ein Geschenk der Kaiserin Theophanu

Die Gebeine des heiligen Albinus (eigentlich Albanus, der erste englische Märtyrer) wurden der Kirche von Kaiserin Theophanu geschenkt. Die Gattin Ottos II. war eine der interessantesten und einflussreichsten Herrscherinnen des Mittelalters. Auf eigenen Wunsch wurde sie 991 neben dem Albinusaltar im Westen der Kirche bestattet. „Der Glanz der Kaiserfamilie hat in unseren Cäcilienmauern Einzug gehalten“, sagt Moritz Woelk.

In St. Cäcilien treten die beiden Schreine nun in Dialog mit anderen Ausstellungsobjekte und erlauben so faszinierende Einblicke. Vergleicht man etwa die wunderbaren, filigranen Email-Arbeiten auf dem Buchdeckel eines Evangeliars, das um 1170 bis 1180 entstand, stellt man fest, dass die Blattornamente denen am zeitgleich entstandenen Maurinusschrein ähneln. Auch auf dem prachtvollen Antependium aus St. Ursula findet sich Emailkunst, die der auf dem Schrein und dem Evangeliar ähneln. Auch die Verwendung derselben Prägebleche legen den Schluss nahe, dass sie in derselben Kölner Werkstatt entstanden.

Carl Kessler setzte den Schrein in Bezug zur Kölner Stadtgeschichte

So herausragend waren die Fähigkeiten der damaligen Meister in der Kunst des Emaillierens, das auch in unserer Zeit nur äußerst versierte Künstler fehlende Plättchen ersetzen konnten. Einer von ihnen war Carl Kessler, der nach dem Zweiten Weltkrieg die Schreine restaurierte. Seine Emailarbeiten greifen die alte Kunst auf und fügen ihr Elemente zu, die Bezüge zur Kölner Stadtgeschichte erlauben.

So sind auf einem Plättchen die beschädigte Fassade von St. Pantaleon, ein Flugzeug und eine Bombe zu sehen, auf einem anderen sind der Kölner Dom, Trümmer, die Jahreszahl 1945 und ein zerbrochenes Stadtwappen abgebildet. So nahm Kessler auf den Zweiten Weltkrieg und die zerbombte Stadt Bezug. Durch ein kleines „ck“ markierte er jeweils, welche Arbeiten von ihm stammten. Beispiellos sei das gewesen, so Anna Pawlik. 30 Jahre vor der Erfindung der Denkmalpflege habe er sich gewissermaßen schon an deren Regeln gehalten.

Die Ausstellung im Museum Schnütgen zeigt auch Fragmente der Steinskulpturen von St. Pantaleon

Neben den Schreinen sind auch drei Fragmente der Steinskulpturen von der Westfassade St. Pantaleons aus dem 11. Jahrhundert in der Ausstellung zu sehen. Sie gehören zu den ältesten Beispielen der nachantiken Monumentalskulptur in Köln. Zusammen mit einigen Skulpturen der Museumssammlung vermitteln die Fragmente einen Eindruck von der einst reichen plastischen Ausstattung der Kirche.

Es ist eine kleine Ausstellung, die durch die Fokussierung den Blick auf die Details lenkt. Gerade die zahlreichen Querverweise gewähren spannende neue Einblicke. Oder wie Moritz Woelk es formuliert: „Hier kommen die Leihgaben ins Gespräch mit Kollegen, die sie lange nicht gesehen haben.“ Und von diesem Dialog profitieren auch die Besucherinnen und Besucher.

Die Ausstellung „Schreine und Steine aus St. Pantaleon“ ist bis Anfang des Jahres 2024 im Museum Schnütgen zu sehen.

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