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Nava Ebrahimi über den Iran„Was wir erleben, lässt sich nicht mehr rückgängig machen“

Lesezeit 2 Minuten
Nava Ebrahimi steht mit verschränkten Armen vor einer weißen Wand. Sie trägt einen roten Rollkragenpullover.

Nava Ebrahimi hat das "Buch für die Stadt 2022" geschrieben.

In einer Spezial-Folge von „Talk mit K“ spricht Nava Ebrahimi über ihren Roman „Sechzehn Wörter“, der in diesem Jahr das „Buch für die Stadt“ ist. Sie hat den Frauen im Iran darin ein Denkmal gesetzt.

Nava Ebrahimi wurde in Teheran geboren und wuchs in Köln auf. In ihrem Roman erzählt sie die Geschichte von Mona. Die junge Frau stammt ebenfalls aus dem Iran. Als ihre Großmutter stirbt, reist sie mit ihrer Mutter in ihr Geburtsland. 

Als Kind wurde Ebrahimi oft mitleidsvoll angesehen, weil sie „aus einer so schlimmen, patriarchalen Gesellschaft“ komme. „Das hat mich immer sehr irritiert. Und das passte nicht zu dem, was ich von den selbstbewussten, starken Frauen, die uns besuchten, mitbekommen habe. Ich glaube, dass ich schon früh das Bedürfnis hatte, auszudrücken, wie ich Iranerinnen sehe“, erzählt sie in „Talk mit K“. Darum habe sie dieses Buch geschrieben.

Hoffnung auf Sturz des Regimes

Die Hoffnung auf einen Sturz des Regimes in ihrem Heimatland hatte sie bei früheren Protesten schon oft. Doch dieses Mal sei etwas anders. „Ich glaube, dass das, was wir jetzt erleben, sich nicht mehr rückgängig machen lässt. Ich kann nicht sagen, wohin es führen wird, aber ich bin relativ sicher, auch wegen der vielen jungen Menschen, die gestorben sind, dass die Menschen keine Kapazitäten mehr haben, diese Trauer noch wegzustecken.“ Deswegen gehe die Bewegung in Richtung Revolution.  „Auch wenn es vielleicht nicht heute oder morgen passieren wird. Aber wir sind auf der Revolutionsstraße.“

Ebrahimi spricht über Heimat und Identität, und die Zerrissenheit, die viele Menschen spüren, die in zwei Kulturen aufgewachsen sind. Gerade als sie als Teenager mit ihrer Familie im Westerwald lebte, sei es schwer gewesen: „Der iranische Teil an mir ist dann sehr verkümmert. Man will ja dazugehören und vor allen Dingen will man niemandem befremden, wenn man etwas von sich preisgibt und der andere kann gar nichts damit anfangen. Das ist schließlich eine große Kränkung.“

Inzwischen ist die 44-Jährige davon überzeugt, sich nicht zwischen dem deutschen und dem iranischen Teil ihrer Identität entscheiden zu müssen. Heute sei es normal, einen Migrationshintergrund zu haben. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Graz, aber es gilt für sie noch immer: „Wenn es so etwas wie Heimat gibt, dann ist das sicher Köln für mich.“

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