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„Copenhagen Cowboy“Das steckt hinter Nicolas Winding Refns neuer Netflix-Serie

Lesezeit 3 Minuten
Die Schauspielerin Angela Bundalovic mit verschiedenen Verzierungen im Gesicht ihrer Rolle als Miu.

Miu (Angela Bundalovic) aus der neuen Netflix-Serie „Copenhagen Cowboy“.

Hinter der neuen Netflix-Serie „Copenhagen Cowboy“ steckt „Drive“-Regisseur Nicolas Winding Refn. Doch die dänische Serie ist nicht für jeden was.

NWR! Wer sich bewusst einen Film anmacht, in dessen Vor- oder Abspann diese drei Buchstaben auf dem Bildschirm aufflackern, weiß genau, worauf er sich einlässt. NWR steht für die Initialen des dänischen Filmemachers Nicolas Winding Refn. Und NWR steht mittlerweile auch für schwer greifbares, langatmiges und unzugängliches Erzählen. Meister der Präzision für die einen, Meister der Frustration für die anderen. Und Refns neue Netflix-Serie „Copenhagen Cowboy“ schreitet diesen Weg unbeirrt weiter.

Die sechsteilige Mini-Serie erzählt die Geschichte der mysteriösen Miu (Angela Bundalovic), die aus uns zu Beginn noch nicht näher erläuterten Gründen bei einer waschechten albanischen Gangster-Familie in der dänischen Hauptstadt untergekommen ist. Miu wird tagtäglich mit den Themen Gewalt und Prostitution konfrontiert und muss sich in einem ihr scheinbar fremden Milieu zurechtfinden. Nach und nach öffnet sich für Miu eine Welt, die sie erst zu einer chinesischen Restaurantbesitzerin und später in einen Bandenkrieg um Kokain in Kopenhagens Unterwelt führt.

Nicolas Winding Refn: Copenhagen Cowboy ist der zweite Ausflug in die Serien-Welt

Refns zweiter Ausflug in die Serien-Welt (nach „Too Old To Die Young“, lief im Jahr 2019 bei Amazon Prime) bedient sich zudem – ungewöhnlich für den Dänen – auch an übernatürlichen Elementen. Dies macht „Copenhagen Cowboy“ noch komplexer und unwirklicher. Das langsame Erzähltempo wird Refn-Neulinge hart auf die Probe stellen. Einstellungen, welche gefühlt bis zur Unendlichkeit reichen, dazu ständige und langanhaltende 360-Grad-Drehungen mit der Kamera. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, Refn will sein Publikum aussieben, so früh wie möglich die Spreu vom Weizen trennen.

Und eins muss man Refn und seiner Art des Filmemachens lassen. Wer die zeitweise quälenden Momente tapfer übersteht, wird mit einer Ästhetik belohnt, die ihresgleichen sucht. Getränkt in Neonlichtern bekommen wir im Verlauf der weiteren Serie eine Welt gezeigt, die sich anfühlt, als sei nicht in diesem Kosmos entstanden. Das Spiel von Licht und Schatten, welches bis ins letzte Detail durchdacht ist, hypnotisiert regelrecht. Und auch der Synthie-Soundtrack schafft es, sein Publikum mit donnernden Sounds in die Sitze zu pressen.

„Copenhagen Cowboy“: Refns neue Netflix-Serie ist keinem Genre zuzuordnen

Doch was steckt jetzt eigentlich genau hinter dieser Serie, für die Netflix – aus offensichtlichen Gründen – kaum bis gar nicht die Werbetrommel gerührt hat? „Copenhagen Cowboy“ ist in den meisten Momenten vor allem ein Mysterium. Refn zerschlägt jegliche Genre-Konventionen und all das, was man in dieser Serie zu sehen bekommt, wird man selten woanders erblicken. Ein Vergleich mit bekannten Gangster-, Drama- oder Thriller-Serien verbietet sich – auch wenn die sich darin befindlichen Elemente ebenfalls in „Copenhagen Cowboy“ zu finden sind. Und, achja: Die Obskurität, mit der die Serie manchmal einhergeht, lädt in vielen Momenten auch zum Schmunzeln ein.

Nach gut sechs Stunden hat man diese Achterbahnfahrt der Gefühle schließlich hinter sich. Man ist in eine Welt abgetaucht, in der Männer wie Schweine quietschen, in der ein einfaches Öffnen eines Pakets zu den vielleicht skurrilsten fünf Serienminuten des noch jungen Jahres führten – und in der Nicolas Winding Refn mal wieder eins bewiesen hat: Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.

„Copenhagen Cowboy“, sechsteilige Mini-Serie; mit: Angela Bundalovic, Zlako Buric, Lola Winding Refn, Li li Zhang, Andreas Lykke Jorgensen; Regie: Nicolas Winding Refn; seit 6. Januar streambar bei Netflix