Soziale Medien erzeugen Depressionen, vor allem bei jungen Menschen. Ob Tom Cruise hier helfen kann?
Neue StudieWarum die Hälfte aller Jugendlichen das Internet löschen will


Tom Cruise will in seinem neuen „Mission Impossible“-Film das Internet wegsperren.
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Im lustigsten Moment des aktuellen „Mission Impossible“-Films hält Tom Cruise den fanatischen Anhänger einer alles Leben auf Erden bedrohenden Künstlichen Intelligenz im Schwitzkasten. „Du verbringst ...“, setzt Cruise an und schlägt den Kopf des Angreifers hart gegen die Wand eines U-Bootes, „... zu viel Zeit ...“, ein weiterer Schlag, „... im Internet.“
Zu diesem Ergebnis kommen auch die Teilnehmer einer Studie der „British Standards Institution“ mit Sitz in Frankfurt. 68 Prozent der insgesamt 1.300 Teilnehmer im Alter von 16 bis 21 Jahren gaben dort an, sich schlechter zu fühlen, nachdem sie längere Zeit in sozialen Medien verbracht haben. Noch bemerkenswerter ist jedoch die folgende Zahl: 47 Prozent, also fast die Hälfte der jungen Befragten, gaben an, dass sie ihre Jugend lieber in einer Welt ganz ohne Internet verbringen würden.
68 Prozent fühlen sich schlechter, nachdem sie soziale Medien benutzt haben
Ebenfalls in diesem Monat veröffentlichte die Universität von Kalifornien eine breit angelegte Studie, derzufolge die Zeit, die aufwachsende Menschen in sozialen Medien verbringen, mit der Häufigkeit des Auftretens von Symptomen einer Depression korrespondiert. Das Medium, mit dessen Hilfe Jugendliche heute Kontakt zu Freunden oder Gleichgesinnten halten, trägt paradoxerweise auch zu ihrer emotionalen Vereinzelung und sozialen Isolation bei.
Das mag schlicht daran liegen, dass soziale Medien mit dem Ziel entworfen werden, die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer möglichst lange zu halten – bis zur viel zitierten Gehirnfäule. Nicht aber dazu, irgendjemanden durch das Endlosscrollen glücklich zu machen. Selbst Papst Franziskus hatte sich noch kurz vor seinem Tod gegen den sogenannten „brain rot“ ausgesprochen und junge Menschen aufgefordert, ihre Nutzung der sozialen Medien einzuschränken.
Selbst Papst Franziskus beklagte den „brain rot“
Ältere Menschen haben selbstredend dieselben Probleme, die lassen sich nur nicht so leicht öffentlich maßregeln. Interessant ist aber, wie groß das Problembewusstsein bei den Jungen selbst ist. Der Wunsch, das Internet in seiner Gesamtheit zu löschen, zeugt ja weniger von einer neuen Generation an Maschinenstürmern, sondern eher von der Intensität des Leidens im Widerschein des Displays.
In „Mission Impossible“ sperrt Tom Cruise – Achtung, Spoiler! – am Ende das Internet in einer Box ein, das ist der zweitlustigste Moment des Films. Auf der Leinwand muss das Wunschdenken unbedingt erlaubt sein, außerhalb des Kinos sollte man hinzufügen, dass solche Filmmomente – „Du verbringst zu viel Zeit im Internet!“ – wohl von vorneherein als Meme zur viralen Verbreitung konzipiert wurden.
Die Pandorabüchse der Allverbundenheit lässt sich nicht wieder schließen, und falls doch, sollte sie keinesfalls einem einzelnen Menschen anvertrauen. Stattdessen muss man an die Algorithmen ran, die uns unglücklich machen und die Unternehmen, die diese gegen unsere geistige Gesundheit einsetzen. Behandelt Meta und TikTok wie die Tabakproduzenten. Eine Aufgabe, bei der man sich im Übrigen zudem als Gemeinschaft wieder entdecken kann.