„Politisches Theater“ als TragödieLikes und Dislikes statt differenzierter Diskussion

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Manuel Moser steht im Vordergrund und gestikuliert stark beim Sprechen. Er trägt eine schwarze Weste und eine schwarze Mütze. Im Hintergrund sitzt Tim Mrosek mit einer E-Gitarre auf dem Schoß und stützt sich den Kopf mit der Hand.

Manuel Moser und Tim Mrosek in „Politisches Theater - eine Tragödie“

Das Stück „Politisches Theater - eine Tragödie“ in der Kölner Orangerie zeigt, wie der schnelle Diskurs uns im Alltag überfordert.

„Was ist politisches Theater, was ist Politik im Theater?“, fragt in der Kölner Orangerie die Kölner Gruppe c.t.201 das Publikum und lässt es im Stück mit dem programmatischen Titel „Politisches Theater – Eine Tragödie“ erstmal mit diesen Fragen alleine. Der auf 40 Teilnehmer begrenzte Saal bekommt zum Auftakt Zitate zum politischen Theater im Schnelldurchlauf als Video zu sehen.

„Politisches Theater“ zeigt die alltägliche Überforderung

Dann ist man selber gefordert, denn die zweite Staffel an Texttafeln gilt es, mal als Chor, mal in Kleingruppen mitzusprechen. Zwei Entscheidungskarten, die jeder wahlweise hochhalten kann, befeuern diesen Mitmachtteil, der einen etwas gestresst zurücklässt, weil auch der Wechsel der Wahlmöglichkeiten im rasanten Tempo vorangetrieben wird.

Es ist ein ebenso ungewöhnliches wie launisches warm up, das auf ganz direkte Art und Weise die alltägliche Überforderung des Einzelnen im immer schneller sich bewegenden politischen Diskurs veranschaulicht, wo Statements in Social-Media-Portalen, die mit Likes oder Dislikes abgewunken werden, oftmals eine differenzierte Diskussion ersetzen. Erst danach geben sich mit Tim Mrosek und Manuel Moser, die beiden Hauptakteure des Abends, die Ehre und das Publikum wechselt vom klassischen Zuschauerraum in den vorderen Teil der Orangerie, wo ein großes Quadrat den dortigen Bühnenraum in eine Agora verwandelt.

Tim Mrosek und Manuel Moser spielen in der Kölner Orangerie

In der zweiten Runde gilt es nun in fünfköpfigen zusammengewürfelten Gruppen, in kurzer Zeit konkrete Projekte auszuarbeiten, die als Performance nach außen getragen werden könnten. Die Frage nach der Relevanz von politischem Theater jenseits einer mehr oder weniger homogenen Publikumsblase kann hier zumindest im theoretischen Selbstversuch erkundet werden. Allerdings bleibt keine Zeit, um die verschiedenen Ansätze im Plenum vorzutragen.

Nach so viel reger Publikumsbeteiligung, darf im abschließenden Teil klassisch rezipiert werden, wenn erst Tim Mrosek an der E-Gitarre mit einer pointierten Überschreibung des Billy Joel Songs „We didn`t Start the Fire“ und im Anschluss Manuel Moser mit einer nachdenklichen Polit-Rede Theatervisionen auf die politische Wirklichkeit treffen lassen. Wie in der klassischen Late-Night-Show Dramaturgie gibt Tim Mrosek zu Manuel Mosers Performance Kommentare ab, oder dient als Ansprechpartner für mehr oder weniger rhetorische Fragen. Was bleibt ist ein unterhaltsamer, vollgepackter, immersiver Theaterabend, dem allerdings mitunter droht, sich im Meta-Gewitter der verschiedenen Facetten des politischen Theaters zu zerfransen.

Zur Veranstaltung

Politisches Theater - eine Tragödie. Orangerie Theater, 7.-9.3. 20 Uhr, 10.3. 18 Uhr. Alle Informationen gibt es hier

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