Premiere am Schauspiel KölnDer Japaner, der das Ende des Krieges verpasste

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Kei Muramoto, Mitglied im Ensemble des Schauspiels Köln, als japanischer Soldat Hiroo Onoda in der Inszenierung „Das Dämmern der Welt“ im Depot 2.

Kei Muramoto in „Das Dämmern der Welt“

Fast drei Jahrzehnte nach Kriegsende kämpfte der japanische Soldat Hiroo Onoda allein im Dschungel. Werner Herzog hat seine Geschichte erzählt. Das Schauspiel Köln bringt sie auf die Bühne.

Ende des Kriegsjahres 1944 wird der Nachrichtenoffizier Hiroo Onoda nach Lubang beordert. Er soll, als eine Art Guerilla-Kämpfer, die philippinische Insel als japanischen Außenposten verteidigen. Auf gar keinen Fall dürfe er sich ergeben.

Onoda hält die Stellung, fast drei Jahrzehnte lang. Flugblätter, die von Japans Kapitulation angesichts der nuklearen Übermacht der USA künden, tut er als Feindespropaganda ab. Er kämpft seinen eigenen Krieg, pflegt sein Gewehr mit selbst gewonnenen Palmöl, hält es stets im Anschlag, während er Jahr um Jahr durchs Dickicht streift, umzingelt von imaginären Gegnern. Der Kampf wird, um mit Ernst Jünger zu sprechen, zu seinem inneren Erlebnis.

Werner Herzog hat in seinem Buch „Das Dämmern der Welt“ die Geschichte Hiroo Onodas nacherzählt. Ein Mann, der in unbezähmbarer Natur so monomanisch wie vergeblich seine vermeintliche Bestimmung verfolgt, das ist das Lebensthema des Regisseurs von „Aguirre, der Zorn Gottes“, „Fitzcarraldo“ und „Grizzly Man“.

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Als Werner Herzog eine Privataudienz beim japanischen Kaiser ablehnte

Im Depot 2 des Schauspiels Köln erzählt und verkörpert nun Ensemblemitglied Kei Muramoto nun in einem Werkstück des jungen Regisseurs Michael Königstein das Schicksal des letzten Soldaten des japanischen Kaiserreiches. Zuerst berichtet er als Autor am Werktisch auf einer Schreibmaschine klappernd von einem schlimmen Fauxpas: Er lehnt eine angebotene Privataudienz beim Kaiser ab. Was hätte man sich außer leeren Floskeln schon zu sagen? Auf die Frage, wen, wenn nicht den Kaiser, er denn in Japan zu treffen wünsche, antwortet Herzog: Onoda.

Für das Herz der Geschichte, die beinahe traumartige Existenz des Offiziers im Dschungel von Lubang, hat Bühnenbildnerin Lilli Riesenbeck eine große, mit Erde aufgefüllte Sandkiste ins Depot 2 gestellt, sie ist auf drei Seiten von Zuschauern umringt. Muramoto changiert fast unmerklich zwischen Rollen – anfangs hat Onoda noch mehrere Mitstreiter – und Erzählperspektiven. Auch die Zeit, angezeigt durch japanisch-deutsche Übertitel, schreitet nicht völlig linear voran.

Durch strengste Pflichterfüllung hat sich der Befehlsempfänger dem Lauf der Dinge enthoben, hat sich freigemacht von den Zwängen der Zivilisation.

Man folgt Kei Muramoto, trotz gelegentlicher Fahrigkeiten, gerne in das helle Herz dieser Finsternis. Nicht zuletzt, weil er dem tiefernsten Text einen kleinen Schalk verleiht. Doch Michael Königsteins Inszenierung fehlt es am Zauberischen, ein wenig Umnebelung und Regenguss reicht nicht aus, um Werner Herzogs Faszination eine Bühne zu bereiten.

Nächste Termine: 11., 15. März, 6. April, Depot 2, 75 Min., keine Pause

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