Rembrandt-Ausstellungen in Köln5 Dinge über den Meister von Hell und Dunkel

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Wallraf Ausstellung Köln

„Inside Rembrandt“ im Wallraf-Richartz-Museum

Köln – Als Rembrandt noch lebte, erzählte man sich in seiner niederländischen Heimat gerne eine Maleranekdote. Darin ging es um den antiken Zeuxis, der eine runzlige alte Frau malte und deren Anblick so komisch fand, dass er sich darüber totlachte. Es gibt schlimmere Arten abzutreten, mag sich der späte Rembrandt gedacht haben, und schlüpfte auf einem berühmten Selbstporträt in die Zeuxis-Rolle. Er schaut lachend aus dem Bild heraus, am linken Rand ist im Dunkeln die Leinwand mit der Alten zu erahnen.

Rembrandts Blick trifft also die tödliche Frau, aber, weil das Bild ein Selbstporträt ist, zugleich sein Spiegelbild, und so lacht er sich eigentlich über sich selber tot. Denn auch Rembrandt ist offensichtlich alt und runzlig geworden, ein Witz, den sich das Leben mit uns allen erlaubt. Du bist der nächste, scheint uns der Maler mit seinem Bild zu sagen, ich nehme schon mal Maß an deinem zukünftigen Ich. Ziemlich fies, wenn man es genau nimmt. Aber Rembrandt sagt es mit einem wissenden Lachen.

Er war der größte Menschenmaler aller Zeiten

Man könnte es als schlechtes Zeichen deuten, dass das beste Bild der großen Rembrandt-Ausstellung im Kölner Wallraf-Richartz-Museum dort immer zu sehen ist. Aber gegen das um 1662 entstandene „Selbstporträt als Zeuxis“ kommen nun mal nicht viele andere Gemälde an – auch die von Rembrandt nicht. Er konnte Menschen malen wie kein zweiter und sie so lebendig werden lassen, als wären sie jedermanns Zeitgenossen. Wie ihm dies gelang, ist, wie beinahe alle große Kunst, im Grunde nicht zu erklären. Er machte nicht so vieles anders als die anderen Maler, aber was er machte, das Spiel von Hell und Dunkel, sein etwas unruhiger Pinselstrich, hat seine Wirkung bis heute nicht verloren.

Ausstellungen

Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum (Obenmarspforten, geöffnet Di–So 10–18 Uhr) zeigt gleich zwei Rembrandt-Ausstellungen: „Inside Rembrandt“ (1. November 2019 bis 1. März 2020) und „Rembrandts graphische Welt“ (bis 12. Januar 2020). Mehr gesicherte Rembrandt-Werke bietet im Umkreis von NRW derzeit nur das Rijksmuseum in Amsterdam. (KoM) 

Kein Kostüm ist bei ihm zu exotisch, um von der Person, die darin steckte, abzulenken. Alles Menschliche faszinierte Rembrandt, auch und gerade das Hässliche, und er verfügte über das Talent, seiner Faszination eine unsterbliche Form zu geben. Schauen Sie sich in Köln nur seinen „Christus an der Geißelsäule“ (um 1646) an: Ein junger Mann, nahbar, verletzlich und geradezu zeitlos modern. Rembrandt gab seinem gesenkten Antlitz gerade genug Züge, um ihn als Individuum zu zeichnen, und gleichzeitig bleibt dieser Christus so entrückt, dass wir ihn in beinahe jedem wiedererkennen können. Alle seine Bilder sagen „Seht, ein Mensch!“– ein Pathos, das er für uns alle reserviert.

Er liebte seine Frau, und das sieht man seinen Bildern an

Es klingt banal, aber Rembrandts Liebe zu Saskia van Uylenburgh hat Kunstgeschichte geschrieben. Ihre gemeinsamen Jahre waren seine erfolgreichsten und produktivsten, er malte die berühmte „Nachtwache“ und festigte seinen Ruf als einer der größten Maler seiner Zeit. Das Eheglück glaubt man auch den zahlreichen Gemälden anzusehen, auf denen Saskia für Rembrandt in verschiedenen Rollen posiert. Auch diese Bilder waren nicht privat, sondern für den Verkauf bestimmt, aber es sind trotzdem (nicht allzu) heimliche Liebeserklärungen. Man sieht eine Frau, die ihren nicht gerade schönen Mann anstrahlt, und von diesem in all ihrer Gewöhnlichkeit verherrlicht wird.

Rembrandt Kuratorin

Kuratorin Anmja Sevcik

Es ist ein stilles Einverständnis, mit dem Rembrandt selbstredend auch den bürgerlichen Kunst- und Liebesmarkt bediente, indem er sein privates Glück mit aller Welt teilte. Und doch zeigt er dieser Welt vor allem, dass dieses Glück gerade nicht teilbar ist; es gehört den Liebenden ganz allein. Nach Saskias frühem Tod – sie starb 1642 nach knapp acht Jahren Ehe im Alter von nur 29 Jahren – versank Rembrandt zunächst in Schwermut. Die Welt verdunkelte sich um ihn herum und mit ihr seine Malerei. Noch so ein Klischee, das sich bei Rembrandt unbedingt wahr anfühlt.

Auch das Genie Rembrandt fiel nicht vom Himmel

Allzu viele Rembrandts bekommt man als Kölner Museum normalerweise nicht ausgeliehen, und ganz bestimmt nicht in seinem 350. Todesjahr, wenn alle ihren Rembrandt feiern wollen. Also bettet die Wallraf-Kuratorin Anja Sevcik die rund 60 Rembrandt-Werke (13 Gemälde, fünf Zeichnungen, 41 Radierungen) der Ausstellung in ihren zeitlichen Kontext ein. Man sieht Bilder von Schülern, Konkurrenten und Zeitgenossen, auf denen die niederländische Gelehrtenrepublik des frühen 17. Jahrhunderts lebendig wird, ein ganzer Saal ist Rembrandts Atelier- und Lerngemeinschaft mit Jan Lievens gewidmet.

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„Christus an der Geißelsäule“ (um 1646)

Mit diesem lieferte sich der junge Rembrandt einen bewegten Wettstreit. Gelegentlich verbesserten sie die Werke des jeweils anderen, und so wussten selbst ihre Kunden häufig nicht, von wem sie eine Arbeit erworben hatten.

Vom Ruhm allein kann man nicht leben, zumal wenn man pleite ist

Obwohl Saskia ihrem Witwer ein Vermögen hinterließ und dieser lange zu den am besten bezahlten Malern seiner Zeit gehörte, ging Rembrandt 1656 Bankrott. Um seinen Gläubigern zu entgehen, wurde er offiziell Angestellter seines Sohnes Titus und arbeitete für diesen weiter. Allerdings war Rembrandts Talent nicht mehr so gefragt, auch weil er nun immer weniger Rücksichten auf den Geschmack seiner Kunden nahm.

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Die Legende vom unverstandenen Künstler, die später aus dieser wohl selbstverschuldeten Notlage gestrickt wurde, ist allerdings weit von der Wirklichkeit entfernt. Berühmt war Rembrandt so lange er lebte und darüber hinaus. Aber Rembrandt hatte im Alter allen Antrieb verloren, seinen Ruhm in Reichtum umzutauschen.

Man kann nicht anders, als ihn immer wieder neu zu entdecken

Das Wallraf zeigt 13 Gemälde von Rembrandt, was nicht nach viel klingt, aber mehr ist, als man sich außerhalb Amsterdams erträumen kann. Zumal unter den 13 Leihgaben mehrere sind, die äußerst ungern reisen oder von sehr weit her kommen.

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„Saskia van Uylenburgh“

Aber vor allem ist Rembrandts Werk eine schier unerschöpfliche Quelle an Menschen, an denen man sich nicht sattsehen kann. Schließlich war der Maler nicht von ungefähr der Erfinder des Selfies, ein Mann, der rund 80 Selbstporträts malte, um an sich selbst das Schauspiel des Lebens zu studieren. Wer ihm dabei zusieht, kann gar nicht anders als in sein Gelächter einzufallen.

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