Rolf Zuckowski wird 75Nicht alle seine Lieder sind so harmlos

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Rolf Zuckowksi 

Hamburg – Marius Müller-Westernhagen? Helene Fischer? Mark Forster? Von wegen: Rolf Zuckowski zählt mit über 20 Millionen verkauften Tonträgern zu den kommerziell erfolgreichsten Künstlern in Deutschland. Die Zeiten, in dem man ihm und seiner Gitarre kaum entkommen konnte, sind allerdings vorbei.

Er hat sich zurückgezogen in den letzten Jahren und gerade seine Autobiografie („Ein bisschen Mut ein bisschen Glück“) veröffentlicht. Trotzdem singen auch heute noch die Kinder in deutschen Kitas voller Inbrunst Lieder wie „In der Weihnachtsbäckerei“ oder „Stups der kleine Osterhase“. Und  „Wie schön, dass Du geboren bist“ ist als Geburtstagsständchen genauso ein Klassiker wie „Happy Birthday“. Und den feiert er an diesem Donnerstag selbst, und zwar einen besonderen, Zuckowski wird 75 Jahre alt.

Erneuer des Liedguts

Von den einen wird er als Erneuerer des Kinderliedguts gefeiert – von den anderen wird er gehasst. Und wer als Erwachsener auf einer langen Autofahrt zwölf Mal hintereinander „Rolfs neue Schulweg-Hitparade“ hören musste, ahnt auch, warum. Trotzdem wird man Zuckowski nicht gerecht, wenn man ihn auf ein Image als dauergrinsender Sing-Onkel reduziert, der sich mit seinem Heile-Welt-Gedüdel eine goldene Nase verdient hat.

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Denn nicht alle seine Songs sind harmlos und glattgebügelt. Er singt auch über Scheidung oder Ängste. Und hat schon sehr früh Rollen-Klischees hinterfragt – dazu gehört auch, dass Jungen nicht gerne singen. 

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Musikalische Innovation sieht ganz sicher anders aus. Aber wer von Kita-Kindern erwartet, dass sie fröhlich Zwölfton-Kompositionen schmettern, hat auch irgendetwas missverstanden. Nicht zufällig gehört der 90er-Jahre-Tanzflächenkracher „I Like to Move It“ immer noch zu den Hits auf jeder Kinderparty. Und auch Tokio Hotel waren ganz sicher nicht wegen ihres Songwritings beim jungen Publikum so beliebt.

Dass viele Kinder einen so simplen Musikgeschmack haben, mag man schrecklich finden. Oder man freut sich, dass sie sich überhaupt für Musik interessieren. Und was das angeht, hat Rolf Zuckowski sehr viel erreicht. Er hat das Liederrepertoire in Kitas und Schulen entstaubt. Und mit seiner Stiftung „Kinder brauchen Musik“ setzt er sich für das Singen und Musizieren der Jüngsten ein.  Klar gibt es inzwischen viele Musiker und Musikerinnen, die zeitgemäßere Songs für Kinder machen – zwangsläufig, denn viele von Zuckowskis Liedern sind ja auch schon mehrere Jahrzehnte alt. In einem besingt er beispielsweise einen Walkman. Heute haben Kinder keine Ahnung mehr, was das ist. Und hören auf Spotify zum Beispiel Bummelkasten, Herr Jan oder die Band Deine Freunde.  Um Deine Freunde zu unterstützen, hat Rolf Zuckowski übrigens extra sein Label „noch mal!!!“ gegründet.

Ein Mutmachlied bei TikTok

Wie sehr er die Generationen geprägt hat, die seit den 1980ern geboren sind, ist übrigens gerade bei TikTok zu sehen. Zwischen aktuellen internationalen Hits taucht dort unvermittelt das Mutmachlied „Ich schaff das schon“ von Rolf und seinen Freunden auf. Eine Krebskranke, eine Frau im Kreißsaal, eine Alleinerziehende, eine Corona-Kranke oder ein Papa beim Wickeln seines Babys synchronisieren den Refrain, den sie als Kinder in Dauerschleife gehört haben. „Wie oft mich dieses Lied in den vergangenen 32 Jahren aus einem Tief geholt hat…“, schreibt eine Nutzerin in den vielen Kommentaren. Und wenn Musik das schafft – dann muss sie nicht cool sein.

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