„Viele Läden verschwunden“Musiker Schmyt kritisiert Gentrifizierung Ehrenfelds

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Musiker Schmyt am Club Bahnhof Ehrenfeld.

Köln – „Ausnahmetalent“, „kein 08/15 Künstler“, „einer der interessantesten Künstler, die es gerade gibt“: Der Musiker Schmyt wird landesweit von Kritikerinnen und Kritikern gefeiert. Sein Debütalbum „Universum regelt“ gilt als eines der meisterwarteten in der deutschen Rapszene. Schmyt, der bürgerlich Julian Schmit heißt, lässt sich jedoch nicht so einfach in gängige Genres einordnen. Musikjournalisten bemühen den Begriff „Neue Deutsche Ballade“, eine Mischung aus Pop und Hip-Hop. Vor seinem Konzert im Kölner Club Bahnhof Ehrenfeld hat Schmyt selbst erzählt, was seine Musik ausmacht und was ihn mit Köln verbindet. Dabei spricht er auch darüber, warum er mit gemischten Gefühlen nach Ehrenfeld zurückkommt.

Themen wie toxische Maskulinität

„Das Album ist, böse ausgedrückt, eines des Ewig-Leidenden, der seine Sinne betäubt. Das wollte ich aber etwas erwachsener machen“, sagt Schmyt. „Es geht auch um andere Dinge, die mir wichtig sind, wie toxische Maskulinität. Das spielt auch in dem Song »Alles anders« mit Cro eine Rolle, dass man als Junge oder junger Mann oft denkt, man muss hart sein.“

Aus seinem eigenen Alter macht Schmyt derweil ein Geheimnis, verrät grundsätzlich kaum Privates über sich. Lieber spricht er über seine Musik und das bisschen Magie, die er als Künstler verbreiten könne. Schmyt kann mit seiner Gesangsstimme sowohl die ganz hohen wie die brummend tiefen Töne bedienen, in seinen Rap-Passagen setzt er auf für Cloud-Rap typisch sphärische Klänge und Auto-Tune.

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Von der Band Rakede zum Solo-Musiker

Ein Gefühl von Melancholie zieht sich dabei durch alle Songs. „Melancholie ist etwas Genießbares“, so der Musiker. „Melancholie gibt nur soweit einen Einblick in die Düsternis, den wir ertragen können und verarbeiten können. Es ist aber nicht depressiv, das ist ein wichtiger Unterschied. Wenn du das Gefühl hast, in der Hölle aufzuwachen, willst du darüber keinen Song machen.“ Sein Album zu hören sei deshalb im besten Fall eine Katharsis für die Zuhörerinnen und Zuhörer. „Etwas kaputtzumachen ist ja auch die Vorbereitung für die Konstruktivität, dafür, etwas neu zu machen.“

Dieser Stil hat Schmyt innerhalb von nur eineinhalb Jahren eine große Fanbase verschafft. Schmyt war bis 2020 als „Triebwerk 1“ Teil der Indie-Band Rakede. „Ich habe mitten in der Pandemie angefangen, solo Musik zu veröffentlichen“, so der Künstler. „Das erste Mal im Studio habe ich mich so gefühlt, als würde man nach einer Ehe wieder Daten lernen“, sagt er . Nun genieße er es, alles um sich herum so arrangieren zu können, wie es seiner Musik gut tue.

Features mit bekannten Rappern wie Cro oder RIN

Die Tour, die man aktuell spiele, habe man wegen der Pandemie extra mit großem Vorlauf geplant. „In den großen Städten waren die Locations jetzt teilweise schon zu klein. Wobei es auch schön ist, klein zu spielen. Im Herbst gibt es dann die Album-Tour, für die dann schon größere Hallen im Gespräch sind – auch wenn ich da ein wenig Angst vor habe“, sagt Schmyt und lacht.

Dabei hat er von seiner Musik nicht nur die eigenen Fans, sondern auch zahlreiche Kollegen in der Szene bereits überzeugt. Neben dem Song mit Cro hat Schmyt auf seinem Album auch das Lied „Mach kaputt“ mit OG Keemo, arbeitete schon mit erfolgreichen Rappern wie RIN oder Megaloh.

Schmyt lebte zwei Jahre lang in Köln

Vom neuen Album spielt Schmyt auf der Tour schon rund drei Viertel der neuen Songs, auch die Balladen singen die Fans am Abend im Club Bahnhof Ehrenfeld lauthals mit. In Köln seien die Konzertgängerinnen und Konzertgänger „erfahrungsgemäß sehr empathisch und fühlen die Songs, das genieße ich sehr und das mag ich an Köln“. Schmyt selbst hat nach seinem Studium zwei Jahre in Köln gelebt, „und vielleicht noch zwei weitere Jahre, wenn man dazurechnet, wie oft ich hier bei irgendwelchen Kumpels rumgelungert habe“, sagt er und lacht.

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Hier habe er Songs mit seiner Band gemacht und erste Werbejingles geschrieben, um sich über Wasser zu halten. In Ehrenfeld arbeitet Schmyt auch mit dem Kölner Hip-Hop-Produzenten Bazzazian zusammen. „Ehrenfeld ist links, es ist kulturell interessant. Aber ich habe auch gemischte Gefühle, weil es hier sehr schön war, aber es traurig ist, dass so viele Läden verschwunden sind und die Gentrifizierung so zuschlägt“, sagt der Musiker.

Mit der Stadt Köln fühlt sich Schmyt auch nach seinen Umzügen zunächst nach Hamburg und dann nach Berlin noch immer verbunden. „Ich mag es super gerne hier. Andere Städte sind mir teilweise zu unterkühlt. Aber ich fühle mich nirgends so Recht zuhause – auch wenn ich das Rheinländische mag.“

Das Album „Universum regelt“ erscheint am 20. Mai. Am 7. November spielt Schmyt sein nächstes Köln-Konzert im Gloria.  

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