„Sex and the City“ kehrt zurückSargnagel für den Feminismus?

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Sarah Jessica-Parker (v.l.), Kristin Davis, Kim Cattrall und Cynthia Nixon.

„Ich konnte nicht anders, als mich zu fragen: Wo sind sie jetzt?“ Mit diesen Worten verbreitete Schauspielerin Sarah Jessica Parker in der Nacht zum Montag ein knapp 40-sekündiges Video bei Instagram. Zu sehen sind darin Bilder von New York: Die Sonne geht auf, die Kamera fliegt über die berühmten Straßenschluchten, überall Lärm, Gewusel, hupende Autos. Und auf einem Computerschirm tippt jemand „And just like that...“

Mehr brauchte es nicht, um Fans von „Sex and the City“ in Aufregung zu versetzen. 17 Jahre, nachdem die letzte Folge in den USA lief, wird es eine Fortsetzung der HBO-Serie geben. Der Titel: „And Just Like That“. Sarah Jessica Parker (55), Cynthia Nixon (54) und Kristin Davis (55) sind als Hauptdarstellerinnen und als ausführende Produzentinnen an Bord.

Doch die vierte im Bunde fehlt: Kim Catrell wird nicht mehr als Samantha Jones zu sehen sein, zu tief ist das Zerwürfnis zwischen ihr und Hauptdarstellerin Sarah Jessica Parker. Das Revival soll den drei Freundinnen auf ihrer Reise „von der komplizierten Realität von Leben und Freundschaften in ihren Dreißigern“ zu der „noch komplizierteren Realität“ ab 50 folgen, heißt es in der Mitteilung des Senders. Geplant sind zehn halbstündige Episoden.

Die Serie hat HBO groß gemacht

Wenn Serien heute die Kunstform sind, die im Fernsehen die meiste Beachtung erfahren, dann haben sie das auch „Sex and the City“ zu verdanken. Es war – neben „Die Sopranos“ – diese Show, die HBO groß machte und zum Vorreiter für herausragende Serienproduktionen werden ließ. Die Reihe über vier New Yorker Freundinnen in ihren Dreißigern und ihr Liebesleben setzte Ende des vergangenen Jahrtausends Maßstäbe, wenn es darum geht, wie über Frauen erzählt wird. Formate wie Lena Dunhams „Girls“ wären kaum möglich gewesen ohne diesen Wegbegleiter. 

Wird die Neuauflage also ein Selbstläufer? Mitnichten. Denn „Sex and the City“, das müssen auch Fans zugeben, ist nicht gut gealtert – über die zwei Filme breitet man besser gleich den Mantel des Schweigens. Aber vielleicht muss man es auch anders sagen, weil es sonst ungerecht ist: Die Serie war ein Kind ihrer Zeit. In dieser Zeit war sie tatsächlich bahnbrechend.

Nie zuvor stand weibliche Sexualität im Mittelpunkt einer Serie. So wie Carrie, Miranda, Charlotte und Samantha über Sex und Beziehungen sprachen, hatte man das vorher noch nicht gehört. Sie hatten One Night Stands und Affären und sprachen so selbstverständlich über Orgasmen und Blow Jobs, wie es – gerade im amerikanischen Fernsehen – vorher nur schwer vorstellbar gewesen war.

Man kann auch ohne Ehemann glücklich sein

Braucht es den perfekten Ehemann, um glücklich zu werden? Über lange Zeit gab die Show eine klare Antwort: Nein. „Für mich ging es in »Sex and the City« immer darum, dass sich Frauen nicht über Männer und Ehe definieren müssen“, sagte Showerfinder Darren Star. Doch genau dieses Prinzip verriet die Serie in ihrem Finale auf beinahe schändliche Weise. Am Ende hatten alle Frauen ihr Happy End – Carrie sogar mit dem zuvor notorisch bindungsunfähigen Mr. Big. 

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Candace Bushnell, Autorin der Romanvorlage, bemerkte zu Recht, dass die beiden im echten Leben nie zusammengekommen wären.„Sex and the City“ hakte aber noch an anderen Stellen: Man sah vier weißen, gut aussehenden Frauen dabei zu, wie sie in Appartements lebten, von denen die meisten Menschen – erst recht in New York – nur träumen können. Jeden Abend saßen sie in teuren Restaurants und Bars. Mit dem Leben der Zuschauerinnen hatte das wenig zu tun.

An Diversität mangelte es der Serie zudem vollständig. Beispiele für abfällige Bemerkungen etwa über Trans- oder Bisexualität gibt es zuhauf. Und auch wenn diese Frauen sich nicht über Männer definieren wollten, hatten sie höchst selten ein anderes Gesprächsthema. Politik, Kultur oder wenigstens Sport? Kamen nicht zur Sprache.

Carrie war eine Anti-Heldin

Mit fast zwei Jahrzehnten Abstand wird aber noch eine andere Erkenntnis interessant. Carrie, der sich so viele eng verbunden fühlten, war eigentlich eine Anti-Heldin. Oft egozentrisch, manipulativ, sprunghaft, oberflächlich. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich diese Figur in „And Just Like That“ präsentiert. 

Sarah Jessica Parker ist heute älter als Rue McClanahan beim Start der Sitcom „Golden Girls“. Wenn es der Serie gelingt, realistisch und vielschichtig von diesen Frauen zu erzählen, hat sie die Chance, relevant zu sein. Aber dafür muss sie mehr sein, als „Sex and the City“ es jemals war.

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