KölnFeministisches Strippen, Songwriter trifft Orchester – So war der Freitag der c/o pop

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Die c/o pop in Köln.

Die c/o pop in Köln.

So war das harmonische Crossover von Joris und dem WDR Funkhausorchester, das feministische Strippen im Arttheater und queeres Kabarett im BüZe.

Der Freitagabend auf der c/o pop hatte Pop-Newcomer, bereits erfolgreiche Singer-Songwriter und Künstlerinnen und Künstler zu bieten, die statt der Musik selbst, zu ihr performten. Die Locations waren klein und groß, verteilt quer durch Köln, vom Dom bis nach Ehrenfeld. Wir waren für euch im Crossover Konzert von Joris mit dem WDR Funkhausorchester, beim feministischen Berlin Strippers Collective und in der queeren „Black & Brown Cabaret Show“ – ein mitunter überraschend stimmiger Festivalabend.

So war der Freitagabend auf der c/o pop: Joris und das WDR Funkhausorchester

In knöchelfreier Anzugshose mit Gummibund zu weißen Sneakern trifft Joris auf das WDR Funkhausorchester in tiefschwarzen Jacketts und polierten Lackschuhen. Was zunächst als gewagte Combo erscheint, passt eigentlich wunderbar zusammen: Der Singer-Songwriter mit seiner weich, warm, wolkigen stimme und das kraftvolle Orchester. Eine außergewöhnliche Bühne ist das WDR Funkhaus für ihn, er ein sicherlich gewöhnungsbedürftiger Solist für das Orchester des Hauses.

Aber die Musikerinnen und Musiker haben sich gefunden. Und wie. Die Querflöte ist das Instrument des Konzerts, das wiederholt die verträumten Melodien der Popsongs, alle von Joris selbst komponiert, aufgreift. Die wohlwollende Leichtigkeit harmoniert überraschend gut mit Joris' Versen über den Alltag mit all seinen Emotionen.

Es ist zwar ungewöhnlich, dass ein Solist, der Freitagabend erst nach dem instrumentalen Opening die Bühne betritt, vor Freude in einem Lied den Dirigenten umarmt, musikalisch spielt das Orchester die Popsongs so gekonnt, dass es kaum auffällt, wie besonders dieses Arrangement ist. Die Dramaturgie verliert nicht an Spannung, es sind immer wieder andere Instrumente, die die verschiedenen Stimmungen von Joris' Songs widerspiegeln.

In der seinem Vater gewidmeten Ballade „Glück Auf“ übernimmt das melancholische Englischhorn die Führung. In der Adaption von „True Love“ übernehmen selbstbewusste Holz- und Blechbläser, seitens der Streicher ausschließlich von den tiefen Kontrabässen untermalt. Hier wartet das Orchester mit einem weiteren Clue auf: Es eröffnet den Song mit Beethovens Fünfter.

Als wäre das nicht genug, lässt Dirigent Gordon Hamilton darauf „Thriller“ folgen – mit kölschem Rezitativ: „Packet die Biester am Arsch“. Joris hat sich das einzig andere nicht aus seiner Feder stammende Lied ausgesucht, das das Funkhhausorchester an diesem Abend spielt. „Einfach weil es so absurd ist“, neckt er die Musikerinnen und Musiker, die natürlich souverän abliefern: „Seven Nation Army“ mit dem weltbekannten Ohrwurm-Riff auf den Pauken gespielt.

Die erstaunlich gut funktionierende Harmonie des crossover Konzerts – im Zusammenspiel mit dem Orchester zeigt Joris wahres Talent – überträgt sich sogar auf das Publikum. „Oh-oh-oh“ wirft es auf Zeichen von Hamilton ein, schnippt statt klatscht, wenn es nicht zu laut sein will. Und der zum Finale auch im Publikum mitgesungene Refrain von „Herz über Kopf“ klingt (vielleicht dank der guten Akustik im Sendesaal) tatsächlich nicht nach Popkonzert, sondern professionellem Backgroundchor.

So war der Freitagabend auf der c/o pop: Black & Brown Cabaret im BüZe

Als Prince Emrah im gold-glitzernen Abendkleid und übergroßer Tiara auf die Bühne kommt, wird die Dragqueen von Applaus umhüllt. Mit Charme leitet Prince Emrah durch die gute Stunde unterschiedlicher, unterrepräsentierter Formen von Drag.

„Black and Brown Cabaret“ auf der c/o pop am Freitagabend.

„Black and Brown Cabaret“ auf der c/o pop am Freitagabend.

Es ist eine Stunde, in der Kunst und Spaß, Kultur und Inklusion, Queer-sein und Akzeptanz gefeiert wird, das Leben gefeiert wird. In der jede, jeder sich wie ein Star fühlen kann - „wir sind alle Drag“. Prince Emrah holt sich vier Leute auf die Bühne, um zu „Single Ladies“ zu tanzen, während die Menge sie einheizt, motiviert.

Alle Performerinnen und Performer des Black & Brown Queer Cabaret, die von überall herkommen, verteilen Endorphine in Form von Tanz, Burlesque und Humor. Bevor am Ende alle zusammen - auf und vor der Bühne - tanzen, twerken, ihre Körper zum Beben bringen. Das BüZe wird zum klirrenden Club und das Herz ist voll.

So war der Freitagabend auf der c/o pop: Berlin Strippers Collective

Mitten im Keller des artheater steht eine Tanzstange, die gerade so nicht bis unter die Decke reicht. Farbiger Rauch steht in der Luft. Im Radius von einem Meter um sie ist der Boden angeklebt, damit niemand einen 15-Zentimeter-Absatz an den Kopf bekommt. Drumherum sitzen Zuschauerinnen und Zuschauer auf dem Boden, hinten stehen sie

Der kleine Raum ist bis aufs letzte voll, als zuerst die eine Stripperin an der Stange tanzt, dann die andere, dann beide zusammen. Zwischen den Auftritten dröhnen Technobeats durch die Masse, lassen sie zappeln.

Während der Strip-Einlagen sind die Beats rockiger, sensibler. Das Publikum liebt sie, die Kunst, den Sport, feuert sie lauthals an. Es ist eine Form des Strippens, die ermächtigend, sensibel, heiß und respektvoll ist. Die Nuancen hat. Es ist das Berlin Strippers Collective: Eine feministische, nicht-hierarchisch Gruppierung, die sich für bessere legale Arbeitsbedingungen von Sex-Arbeiterinnen einsetzt.

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