So war der „Polizeiruf 110“ am SonntagSpannungsgeladen und intensiv im Schlussakt

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Polizeiruf_Tod Journalistin

Der polnische Richter Lukasz Franczak (Maciej Stuhr) weiß nicht, ob er seiner Geliebten, der Journalistin Anne Gerling (Antje Traue), trauen kann.

Frankfurt/Oder – Der neue „Polizeiruf 110“-Fall beschäftigt sich diesmal mit den Themen Machtmissbrauch und Korruption - und arbeitet dabei auf ein furioses Finale mit einigen Überraschungen hin.

Der Fall

Der gedungene Killer (Markus Gertken) ist ein richtig fieser Typ, und auch sonst ist die neue „Polizeiruf 110“-Folge nicht frei von Klischees. Es ist die klassische Konstellation eines Umwelt-/Politthrillers, die hier bedient wird: Wer der bösen Firma in die Suppe ihrer überbordenden Profitinteressen spuckt, muss dran glauben. Indes lassen sich für die Bestandteile des explosiven Cocktails, den Silja Clemens, Stephan Rick und Thorsten Wettcke in ihrem Drehbuch zusammenrühren, in der Wirklichkeit allemal genug Vorbilder finden: die sich häufenden Angriffe auf investigative Journalisten nicht etwa in Afrika, sondern mitten in Europa; die Aushöhlung des polnischen Justizwesens, der Plan der Warschauer Regierung, nach 2033 neue Kernkraftwerke in Betrieb zu nehmen. Insofern hat das Klischee – leider – eine hohe Realitätshaltigkeit.

Die Charaktere

Hier bricht der Film das allzu grobe Schwarz/Weiß-Muster immer wieder wohltuend auf: Sicher, am einen Ende der Skala – bei der Polizei, bei der ermordeten Journalistin, auch bei ihrem Vater – sieht es ziemlich hell aus; und am anderen – bei der Firma Ergatome, bei der bösen Schein-Sauberfrau Regine Arnim (Julika Jenkins), beim Auftragskiller – unbestritten tiefschwarz. Aber dazwischen tummelt sich viel Grau: bei den erpressten Gutachtern Schiller (Matthias Ziesing und Christian Beermann), vor allem aber beim polnischen Richter Franczak (Maciej Stuhr) und seiner Frau Katharina (Dagmar Leesch). Die Kommissare Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Racek (Lucas Gregorowicz) wiederum bleiben hart an und bei der Sache, für bemüht-komische Turteleien bleibt da wenig Raum.

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Die Auflösung

Zum Schluss überschlagen sich die Ereignisse, und vielleicht herrscht dann sogar ein leichter Overkill an Unvorhergesehenem. Dazu gehört die unvermittelte Verkehrung der bislang allenfalls zwiespältigen Regine Arnim zur definitiven Bösewichtin. Tja, was Geldgier so alles aus einem machen kann! Die Verbindung von gleich zwei Mordinvektiven – des Richters Ehefrau und des Auftragskillers – wirkt etwas konstruiert, aber es kracht auch nicht hörbar im Motivationsgebälk. Der Zuschauer hat jedenfalls – gemessen an anderen TV-Krimis dieser Preislage – keinen Grund zu meckern.

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Das Fazit

Der Film bleibt spannend von der ersten bis zur letzten Minute – und legt im finalen Drittel noch einmal deutlich zu. Sicher sind die Methoden der Thrillerzeugung konventionell: Der Killer muss in einem zünftigen Showdown dran glauben, und im Wettlauf gegen die Zeit erreicht die rettende Nachricht ganz knapp vor der Urteilsverkündung den Gerichtssaal. Aber Stephan Ricks Regie montiert das alles sehr solide und zugleich lapidar-schnörkellos. Es gibt keine Hänger, man kann mühelos dranbleiben. Hin und wieder sind sogar schöne Naturdetails aus dem sommerlichen Brandenburg nahe der Oder zu sehen (wie schön, dass dort, jedenfalls in der Filmperspektive, kein AKW stehen wird), und die häufigen deutsch-polnischen Grenzüberschreitungen liefern eine willkommene Lokalfarbe eigener Art.

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