So wird der neue „Tatort“ aus HamburgEin Krimi, der harte Kritik an der Polizei übt

Julia Grosz (Franziska Weisz) im Einsatz
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Hamburg – Große Themen werden im neuen Hamburger „Tatort“ verhandelt: systematische Polizeigewalt, die moralische Fragwürdigkeit verdeckter Ermittlungen und die Strukturen der linken Szene in Hamburg, genauer gesagt der FLINTA, ein Akronym für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, transgender und agender Personen. Genau in diese Szene schleust sich Kommissarin Julia Grosz (Franziska Weisz) ein, um ihre vermisste Freundin Ela (Elisabeth Hofmann) zu finden, und wird dabei immer mehr in den Bann der linken Aktivistinnen gezogen – vielleicht zu sehr.
„All Cops Are Bastards“
Alles beginnt mit einem Brandanschlag auf das Haus eines Polizisten, Bastian Huber (Robert Höller), bei dem seine Frau ums Leben kommt. Auf den Bürgersteig vor dem Haus ist in weißer Farbe ein Symbol gesprayt worden: eine Faust, darüber die Buchstaben „ACAB“. Und das steht, wie Julia Grosz und ihr Kollege Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) wissen, für „All Cops Are Bastards“.
Das Motto führt die Ermittler in die linke Szene Hamburgs, in der auch Ela als versteckte Ermittlerin für das LKA tätig ist. Als diese nach einem mysteriösen Anruf jedoch verschwindet, wird Grosz auf eigene Faust tätig und begibt sich unter falscher Identität in die FLINTA-Wohngemeinschaft, in der Ela lebte. Um ihre Freundin zu finden, mischt sich Grosz unter die Leute, passt sich an, auch wenn es eigentlich gegen ihre Werte geht. Sie bringt dabei nicht nur sich, sondern auch ihren Kollegen Falke in Gefahr, der ihr den Rücken deckt, während sie ohne Auftrag ermittelt.
Für „Tatort“-Fans

An Weihnachten gibt es mehrere neue „Tatort“-Folgen
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„Tatorte“ gibt es viele: klassisch, experimentell, spannend oder doch eher langweilig? In unserer Vorschau erfahren Sie immer bereits ab Samstag, wie der kommende „Tatort“ werden wird.
Direkt im Anschluss an jede Sendung am Sonntagabend folgt dann unsere „Tatort“-Kritik.
Es gibt einige Fragen zu klären: Wo ist Ela? Wer hat den Brandanschlag verübt? Steht Ela wohlmöglich selbst damit in Verbindung? Ist die verdeckte Ermittlerin „gekippt“ und hat sich wirklich der Szene angeschlossen? Und warum riskiert Julia Grosz ihr Leben dafür, ihrer Freundin aus Polizeischulzeiten zu helfen?
Während Grosz ihre verdeckten Ermittlungen betreibt, deckt Falke erschreckende Strukturen innerhalb der Polizei auf. Er erkennt plötzlich, wie Fälle von Polizeigewalt systematisch intern vertuscht und ohne Konsequenzen ad acta gelegt wurden. Aber kann Falke die Verantwortlichen damit konfrontieren, während er selbst die Arbeit seiner Kollegin verheimlicht?
Zur Abwechslung kein Psychothriller
Der „Tatort: Schattenleben“ übt ausdrücklich und gleichzeitig differenziert Kritik an der Polizei, sowohl an ihren internen Strukturen als auch an ihren Ermittlungsmethoden. Das Drehbuch von Lena Fakler stellt die Perspektive der Personen in den Fokus, die sich ihren vermeintlich neuen Freunden anvertrauen, während sie eigentlich über lange Zeit von verdeckten Ermittlern belogen werden. Wenn die wahre Identität der Ermittler unweigerlich irgendwann ans Licht kommt, bricht für diese Menschen eine Welt zusammen. Es ist eine tragische, wenn auch erfrischend außergewöhnliche Perspektive.
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Erfrischend ist zudem, dass wir es nicht mit einem Psychothriller, wie zuletzt so oft beim „Tatort“, sondern mit einem gesellschaftskritischen Krimi zu tun haben. Er legt den Fokus auf die Emotionen der Figuren, und erzeugt dabei trotzdem Momente der Spannung. Nach Wochen der höchsten Dramatik am Sonntagabend ist der Hamburger „Tatort“ sicherlich eine willkommene Abwechslung.