In dem Solo „Climb a Mountain“ der Kölner Choreografin Julia Riera verschmilzt Tänzerin Joy Kammin mit Licht und Raum.
Spiel mit Tanz und LichtJoy Kammin erleuchtet die Kölner Tanzfaktur

Die Kölner Choreografin Julia Riera konzipierte das Stück „Climb A Mountain“ für Tänzerin Joy Kammin
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Joy heiße sie, erzählt die Tänzerin auf dem Weg durchs Stück. Der Name drücke ihr Verantwortung auf: Freude zu verbreiten. Ein andermal erwähnt sie das Lachen und die 300 Muskeln in ihrem Gesicht. „Meine Mundwinkel ziehen von Ohr zu Ohr“. Neben die Ohren hält sie Lichter, als zögen diese den Mund auseinander. Dass etwas zieht oder drückt und wohin und woran, ist das Thema dieses wunderbar vielschichtigen Solos, das Julia Riera für die Tänzerin Joy Kammin choreografiert hat. Kurz nach der Premiere in Dortmund erleuchtete es die neue kleine Bühne der Tanzfaktur in Deutz, das Studio 5.
Julia Rieras Stück erleuchtet neue Bühne in der Tanzfaktur
Auch das Licht choreografiert Riera, gemeinsam mit Lichtdesigner Jasper Diekamp. In Form von fünf Röhren oder Stangen wird es mobil. Ein Quadrat am Boden beschränkt die Tänzerin zu Beginn. Oder bedeutet es eine Art Podest und Erhöhung? Kammin öffnet die Rahmung, rollt eine Seite mit dem Fuß davon, trägt eine andere aufgespannt zwischen ihren Armen und gehorcht dieser Leuchtlinie, die munter tanzt und wandert, während die Tänzerin selber dunkel wird und fast verschwindet.
Fragmente eines schweifenden Geistes
Doch sie kann sich selbst anschalten; dann spricht sie: von sich, von „zu wenig Zeit“, Druck, dass ihr jüngerer Bruder ihr Raum nahm, von Erinnerung, von Paul Auster und was nach dem Tod sei. Oder sie beschreibt, Nahansicht, was ihr Körper tut, „der Ellbogen klebt am Knie“, „die Hand zieht in die Höhe“. Bei „rasant“ aber ist sie in Wahrheit langsam. So fügt sich manches aneinander und wieder auseinander, Fragmente eines schweifenden Geistes. Wer kennt so etwas nicht. Es findet hier auf tröstlich kunstvolle und leise humorvolle Weise Formen.
Diese Joy-Figur hat immer wieder Anwandlungen von Digital-Avatar-Sein, maskenhaftes Gesicht, kleine Rucks in Gelenken, seltsam schiefe Positionen. Dann steht sie wieder da wie ein Mensch oder schwebt tänzelnd und fröhlich taumelnd durch den Raum, biegt sich auf, wird groß, sinkt herab, erfindet sich neu oder wiederholt sich. Bis die Schwünge zäh werden wie zu sehr gewolltes Tanzen. Am Ende verbünden sich Lichtgewitter und Meereswogen-Sound-Gewalt. Wo bleibt Joy?
In der Tanzfaktur geht am kommenden Wochenende das Moovy-Tanzfilmfestival weiter und die Kölner Choreografin Antje Velsinger zeigt das Solo „Our future“, das Stimmen von Jugendlichen zu ihren Zukunftswünschen einfängt. Mehr unter www.tanzfaktur.eu


